Borussia Mönchengladbach Borussias Achterbahnfahrt

Mönchengladbach · Martin Stranzl hat wohl Klarheit, was seine Zukunft angeht. Der Klub nicht. Es geht in dieser Saison sportlich und emotional rauf und runter.

Borussia Mönchengladbach: Ging Dreierkette beim VfL Wolfsburg nach hinten los?
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Analyse: Ging die Dreierkette in Wolfsburg nach hinten los?

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Foto: Dieter Wiechmann

Martin Stranzl hat heute einen Termin, zusammen mit Borussias Sportdirektor Max Eberl. Eine Pressekonferenz gibt es, und es ist anzunehmen, dass es um die Zukunft des österreichischen Verteidigers, der aktuell aufgrund eines Muskelfaserrisses außer Dienst ist, gehen wird. Angesichts der jüngeren Verletzungshistorie Stranzls ist denkbar, dass er seine aktive Karriere beenden wird nach fast 20 Jahren. Die letzten fünf davon verbrachte er in Gladbach und gehörte dabei zu den Helden des großen Aufschwungs.

Er hatte zuletzt beim Heimspiel gegen Bremen einen wundervollen Moment, als er ein Kurz-Comeback nach der schweren Gesichtsverletzung hatte und gefeiert wurde. Doch dann kam der Muskelfaserriss. Irgendwann ist dann die Kraft weg. Möglich, dass es für den Ex-Profi Stranzl auch künftig etwas zu tun gibt bei Borussia. Ganz sicher aber dürfte Stranzls Zukunftsplanung einigermaßen klar definiert sein. Womit er in Sachen Planungssicherheit einen Schritt weiter wäre als Borussia. Denn die Saison ist und bleibt eine wilde Achterbahnfahrt. Rauf und runter geht es sportlich und emotional, daheim hui, auswärts pfui. So ist es in der Achterbahn: Es ist ein toller Thrill, der aber auch auf den Magen schlagen kann.

Sechskampf um Platz drei
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Sechskampf um Platz drei

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Foto: dpa, bjw

Personifiziert wird das Auf und Ab der Saison unter anderem durch Ibo Traoré, dessen Spielweise durchaus ins Bild passt: Der Dribbelkünstler bewegt sich stets auf dem schmalen Grat zwischen Spaß und Risiko. Als Lucien Favre noch Trainer war, war Traoré Ersatzmann, dann, bei André Schubert, startete er durch und war der beste Traoré bei Borussia. Dann verletzte er sich, seither läuft es wieder schwerfällig für ihn. Zwar attestierte ihm Schubert, wieder gut drauf zu sein, doch es spielen andere. Und seit Patrick Herrmann wieder da ist, ist dieser offenbar vor Traoré einsortiert. Gegen Stuttgart und in Wolfsburg kam der 27-Jährige jedenfalls nicht zum Einsatz. Glücklich wirkt Traoré daher derzeit nicht: Vom Wartenden zum Gesicht des Aufschwungs wieder zum Wartenden - im Moment geht Achterbahnfahrt abwärts.

Auch für Trainer André Schubert ist seine Bundesliga-Debütsaison eine Achterbahnfahrt mit der vollen emotionalen Bandbreite: Zunächst wurde er gefeiert und gar als Magier beschrieben, doch nun, angesichts der unsteten Bilanz, geht es rauf und runter bei der der Bewertung seiner Arbeit. Nach Heimspielen wie Bremen (5:1) oder Stuttgart (4:0) wird er gepriesen, dann folgen Auswärtsniederlagen wie in Wolfsburg (1:2) und die Kritik ist harsch. In den Fan-Foren wurde am Samstag nach dem Spiel heftig diskutiert, mancher wünschte sich Ex-Trainer Lucien Favre zurück, der defensiven Sicherheit wegen, andere erinnerten an die jüngsten "Sportbild"- und "Kicker"-Spekulationen um Markus Weinzierl. Wieder andere schätzen Schuberts Power-Fußball ohne Wenn und Aber. Seltsame Gefühlsachterbahn in der Borussen-Welt.

Wie die Fans, Traoré und Schubert wird der ganze Klub nach der aktuellen Wahrheit der Saison fahnden. Ist sie gut oder nicht? Wohin geht es? "Wir tun gut daran, unsere Bewertung nicht jede Woche vom jeweils letzten Spiel abhängig zu machen", stellte Max Eberl gestern klar. Aber gerade die Niederlage in Wolfsburg tat weh - ähnlich wie die in Mainz. Borussia war besser, hatte mehr vom Spiel (59 Prozent Ballbesitz in Mainz, 55 in Wolfsburg) und viele Chancen, die durch leichtfertiges Deckungsverhalten kassierten Gegentreffer zu egalisieren. Unentschieden waren jeweils sehr möglich - der Unterschied wäre gewaltig: Borussia hätte zwei Punkte mehr (41), Mainz wäre drei dahinter (38), Wolfsburg sechs (35). In einem engen Rennen zählt jeder Punkt. Bitter: In Wolfsburg spielte Borussia über weite Strecken richtig gut. "Wir haben eine Chance vertan", lautete die Erkenntnis. Und: So lange auswärts nichts geht, besteht daheim Siegpflicht. Gut, dass Borussia in der Achterbahn in guter Gesellschaft ist. Berlin, Schalke, Leverkusen, Mainz und Wolfsburg sind mit dabei auf der wilden Fahrt zwischen Europa-Thrill und Magenverstimmung.

(RP)
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