Interview mit Christoph Kramer "Ich habe den Ball einfach rüber gekloppt zu Raffael"

Leverkusen · Der Ex-Leverkusener Christoph Kramer spricht im Interview über die Gründe für den 3:2-Sieg der Borussen bei Bayer und seine Torvorbereitung beim Siegtreffer.

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Das ist Christoph Kramer

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Foto: Dirk PŠffgen/Dirk Paeffgen (dirk)

Herr Kramer, wie groß ist die Genugtuung, nach einem 0:2-Rückstand in Leverkusen noch 3:2 gesiegt und damit die schier endlose Auswärts-Sieglosigkeit beendet zu haben?

Christoph Kramer So wie die Mannschaft heute gespielt hat, kann man sie nicht hoch genug loben. Wir haben in den vergangenen Wochen, teilweise auch zu Recht, einige Kritik einstecken müssen. Jetzt haben wir uns gegen die Umstände gewehrt. Es hatte ja zunächst wieder jeder den Eindruck: Wenn es nicht läuft, läuft es nicht. Wir haben eine gute erste Hälfte gespielt und lagen durch zwei Standards 0:2 hinten. Wenn man dann aber, auch in unserer Situation und bei einer so guten Mannschaft wie Leverkusen, so zurückkommt, kann man nur allen ein großes Lob aussprechen.

Mann des Tages war Kapitän Lars Stindl mit zwei Toren in acht Minuten.

Kramer Wenn ich sehe wie Lars, aber auch Raffa, Thorgan, Mo und Jonas sich vorne reingehauen haben in die Bälle, obwohl sie sonst eher über das Fußballerische kommen, muss ich sagen: Das war vorbildlich und der Schlüssel zum Erfolg. Es ist aber eben so: In den Regionen, in denen wir uns aktuell befinden, geht es nicht von allein. Da muss man sich alles hart erarbeiten. Das haben wir in Leverkusen getan, gerade im vorderen Bereich.

Auch Sie waren an einer der entscheidenden Szenen des Spiels beteiligt: Sie haben, zusammen mit Mo Dahoud und André Hahn vor dem 3:2 an der Mittellinie den Ball erobert und dann Raffael auf die Reise zum Tor geschickt.

Kramer Solche Sachen haben uns ja lange ausgezeichnet, waren uns aber zuletzt etwas abgegangen. Wie Mo, André und ich uns in der Szene reinschmeißen und den Ball dann gewinnen, war richtig gut. Ich habe den Ball dann einfach rüber gekloppt zu Raffael, es passte.

Ist es auch genau das, was von Führungsspielern wie Ihnen in solchen Situationen erwartet wird: Sich durchzusetzen, Zeichen zu setzen? In Leverkusen war es so: Lars Stindl schießt zwei Tore, Raffael eins, Oscar Wendt schlägt die Flanke zum 2:2 und Sie erobern in der entscheidenden Situation den Ball.

Kramer Man sollte diese Debatte nicht so hoch hängen. Man kann es ja immer auslegen, wie man es braucht, in positiven Fällen wie jetzt, oder in negativen Fällen wie vorher. Es macht darum für mich keinen Sinn, darüber zu reden. Wir haben in Leverkusen einfach als Mannschaft ein richtig gutes Spiel gemacht. Wir dürfen jetzt nicht erwarten, dass alles von allein geht und müssen uns weiterhin alles hart erarbeiten. Aber so ein Spiel kann schon ein Wendepunkt der Saison werden. Aber wie gesagt: Wir müssen dranbleiben.

Ist das jetzt auch der Trainereffekt?

Kramer Man merkt an Dieter Heckings Erfahrung, dass er gut mit Menschen umgehen kann, dass er weiß, wie man eine Mannschaft und jeden einzelnen Spieler handhaben muss. Es macht Riesenspaß mit ihm zu arbeiten, vom Training her, von der Ansprache her.

Wie war Heckings Ansprache in der Halbzeit?

Kramer Was hätten Sie gesagt? So viel Negatives gab es ja gar nicht. Wir haben gut gespielt, aber zwei hinten reingekriegt. Er hat uns dann gesagt, dass wir nicht das dritte Gegentor kriegen dürfen, aber trotzdem weitermachen sollen. Wenn wir den Anschluss schaffen ist wieder alles drin. Aber mit so einer Reaktion hat dann wohl doch niemand gerechnet. Darum ist es doch umso schöner.

Haben Sie selbst noch damit gerechnet? Ihr Kollege Oscar Wendt sagte, dass er immer das Gefühl hatte, dass es klappt, trotz des Rückstandes.

Kramer Leverkusen hat ja vor der Pause schon richtig geschwommen, wir haben gut Druck gemacht. Man hat auch bei Bayer die Verunsicherung gemerkt. Wenn du dann zwei Standard-Gegentore bekommst, denkst du erst mal: Das passt zur Situation. Aber in der Halbzeit habe ich mir gesagt: So ist es halt im Fußball. Wir müssen irgendwie probieren, ein Tor zu machen, dann geht es auf einmal wieder. Wir haben dann die zweite und dritte Luft bekommen und nach der Führung die vierte Luft und dann waren wir durch.

Hat der Punkt in Darmstadt den Frust der Vorrunde schon etwas gelöst?

Kramer Nach der Winterpause gleich mit Spielen in Darmstadt und Leverkusen zu starten, ist schon ein Ding. Es war nicht leicht in Darmstadt, es war nicht leicht in Leverkusen — dass wir aus den beiden Spielen vier Punkte holen, hätte vorab jeder dankend unterschrieben. Wir nehmen die Punkte gern mit.

Karsten Kellermann sprach mit Christoph Kramer.

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