Borussia Mönchengladbach Das hängt für Borussia am Halbfinale

Mönchengladbach · Eintracht Frankfurt ist für Borussia Mönchengladbach die letzte Hürde vor dem DFB-Pokalfinale in Berlin. Doch es geht für den Verein um mehr.

Ein Blick zurück ins Jahr 1995, als Borussia zuletzt im DFB-Pokalfinale stand: Helmut Kohl war Bundeskanzler in Bonn, der Reichstag in Berlin hatte keine Kuppel und Finalgegner VfL Wolfsburg spielte in der 2. Bundesliga. In 22 Jahren hat sich einiges an Sehnsucht angehäuft, heute heißt Gladbachs letzte Hürde Eintracht Frankfurt (20.45 Uhr/Live-Ticker). Doch an diesem Halbfinale hängt noch mehr als die Chance auf Berlin.

Ein neuer Briefkopf 1995 musste Borussia ihn zum bislang letzten Mal ändern, zumindest den Teil mit den Titeln (die Anschrift hat sich 2004 von Bökelstraße in Hennes-Weisweiler-Allee verwandelt). In den 1970ern war es ein nahezu jährlich notwendiges Prozedere, doch seit 22 Jahren steht dort geschrieben: Deutscher Meister: 1970, 1971, 1975, 1976, 1977; Deutscher Pokalsieger: 1960, 1973, 1995; Uefa-Pokalsieger: 1975, 1979.

Ein Titel wäre für die Ewigkeit, die Jetztzeit-Borussen in die Vereinsgeschichte eingehen. "Aber das Halbfinale muss erst einmal gespielt werden", warnt Dieter Hecking, "deswegen bringt es überhaupt nichts, jetzt schon über das Finale zu reden." Und schon gar nicht über Briefköpfe. Trotzdem: Borussia will das Maximum schaffen in jedem Wettbewerb, und das formale Symbol dafür wäre ein neuer Briefkopf.

Ein Erfolg fürs Herz Max Eberls Antwort auf die Frage, ob Borussia schon T-Shirts für den Fall des Finaleinzuges produziert habe, überrascht kaum.

"Definitiv nicht", sagt der Sportdirektor, der gar nicht viele Worte verlieren will über ein mögliches Endspiel in Berlin. 2001 war er im Halbfinale dort, bei Union verlor Gladbach im Elfmeterschießen, auch weil Eberl vom Punkt scheiterte. 2004 und 2012 fehlte ebenfalls nur noch ein Schritt. Gegen Alemannia Aachen gab es ein 0:1, so dass in der folgenden Saison ein gewisser Dieter Hecking mit Aachen im Uefa-Cup spielen durfte.

Gegen Bayern München kam das Aus dann wieder im Elfmeterschießen. Was am Niederrhein und spätestens am 27. Mai in Berlin abgehen würde, lässt sich nur mutmaßen. Tendenz: eine ganze Menge.

Europachance Für Gladbach und Frankfurt geht es nicht nur um das Endspielticket, sondern um eine erweiterte Europapokal-Option. Neben einem Erfolg gegen Bayern München oder Borussia Dortmund in Berlin würde den heutigen Gewinner auch der siebte Platz sicher ins internationale Geschäft führen.

Es ginge zwar schon am 27. Juli in der oftmals lästigen dritten Runde der Europa-League-Qualifikation los, Hertha BSC scheiterte dort vergangene Saison. Aber wo käme Borussia hin, in Sachen Europa wählerisch zu sein? Der Siebte, Werder Bremen, ist für Heckings Team nur drei Punkte weg, der SC Freiburg als Sechster schon fünf.

Auftrieb für den Kopf Die Bundesliga, betonen die Borussen stets, ist das Tagesgeschäft - und hat erste Priorität.

Die Pokalwettbewerbe, ob international oder national, sind ein Bonus. Gleichwohl schweben diese Sekundärwettbewerbe emotional nicht im luftleeren Raum. Sie können deprimieren oder euphorisieren. Gewinnt Gladbach das Halbfinale, kann es der Schub für das Finale der Bundesliga sein, denn der Ansporn als feststehender Europa-Teilnehmer nach Berlin zu reisen, ist groß. Was man hat, hat man. Das Finale gegen die Bayern oder den BVB ist definitiv keine Titelgarantie, und nur der Pokalsieg führt direkt in die Europa League.

Trotzdem: "Im Pokal haben wir es selbst in der Hand, nach Europa zu kommen, in der Liga ist das nicht so", sagt Dieter Hecking. Sollte das Halbfinale aber verloren gehen, könnte es auch den umgekehrten Effekt geben: ein verpasstes Finale als Moralkiller. Oder aber es wird eine Jetzt-erst-Recht nach Europa-Trotzreaktion. Borussia spielt heute also auch um das Gefühl, mit dem sie den Rest der Bundesligasaison angeht.

Noch mehr fürs Konto Zweimal ist Borussia zuletzt in den Genuss des Geldregens in der Champions League gekommen, allein für die Teilnahme an der Gruppenphase gibt es 12,7 Millionen Euro. Im Vergleich dazu mag der DFB-Pokal keine Goldgrube sein, aber die bislang erzielten Einnahmen von sieben Millionen Euro nimmt Gladbach immer noch gerne mit. Exakt 4,91 Millionen kommen als Prämie vom DFB, gut zwei Millionen aus den Zuschauereinnahmen, die sich die beteiligten Klubs teilen.

In den vergangenen beiden Jahren erhielten die Finalteilnehmer mindestens 2,5 Millionen Euro. Diesmal dürfte es noch mehr werden - Borussia kann also mit einem Sieg heute die Zehn-Millionen-Marke knacken.

(RP)
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