Borussia Mönchengladbach Dreierkette — aber jetzt ganz anders

Mönchengladbach · Die Defensiv-Variante mit drei Verteidigern haben die Borussen während des Trainingslagers als Alternativ-System einstudiert. Dieter Heckings Ansatz unterscheidet sich jedoch deutlich von dem von Ex-Trainer André Schubert.

 Eine Dreierketten-Variante, die Dieter Hecking ausprobierte: Tony Jantschke, Reece Oxford und Jannik Vestergaard (von links) im Testspiel gegen OGC Nizza

Eine Dreierketten-Variante, die Dieter Hecking ausprobierte: Tony Jantschke, Reece Oxford und Jannik Vestergaard (von links) im Testspiel gegen OGC Nizza

Foto: Imago

Borussias Trainer Dieter Hecking hat eine klare Linie, was sein bevorzugtes Spielsystem angeht. Es ist das 4-2-3-1, also die leicht abgewandelte Variante des klassischen 4-4-2 mit einer hängenden Spitze. In diesem System, betont Defensivallrounder Tony Jantschke, fühlen sich die Gladbacher besonders wohl. Sie haben es verinnerlicht in den Zeiten Lucien Favres, der es bis zum Exzess mit den Profis geprobt hat.

Das 4-4-2 steht in Gladbach für den Aufschwung - und die Basis dieses Aufschwungs war die von Favre akribisch ausgearbeitete Viererkette sowie das generelle, bis auf den Millimeter definierte Defensivverhalten. So war Borussias Defensive zeitweise eine der besten Europas.

Im Gegensatz dazu ist die Dreierkette in Gladbach für viele Fans ein Synonym für "Teufelswerk". André Schubert, Favres Nachfolger, hat sie spielen lassen, sie war sein Markenzeichen. Das System war spannend und lustvoll, aber eben auch instabil. Weswegen mancher Fan Ohrensausen bekommen haben dürfte, als die Kunde aus dem Trainingslager der Borussen am Tegernsee herüberschwappte, dass Dieter Hecking die Seinen ein Alternativsystem einstudieren lässt - mit einer defensiven Dreierkette.

Doch so einfach ist die Formel nicht: Dreierkette = defensives Problem. Es kommt wie immer im Fußball auf die Ausführung an. Heckings Dreierketten-Ansatz ist ganz anders als Schuberts Dreierketten-Idee. Bei Schubert war das Spiel stets auf Balleroberung ausgelegt - überall auf dem Rasenrechteck. Es ging darum, immer Druck auf den Gegner zu machen, ihn aus der Ruhe und bestenfalls aus der Fassung zu attackieren. Pressing als Grundprinzip, das birgt Risiken. Geht ein Zweikampf verloren, ist man schnell allzu offen, weil der Gegner in Überzahl ist. "Bei André Schubert war es Mann-orientierter, überspitzt gesagt war man fast verantwortlich für einen Spieler", sagte Verteidiger Jannik Vestergaard. Ähnlich beschrieb es Jantschke. "Bei André Schubert haben wir die Dreierkette extrem offensiv interpretiert und sind in die Zweikämpfe Mann gegen Mann gegangen", erklärte er.

Bei Hecking ist die Kette raumorientierter und konservativer angelegt. "Wir stehen defensiver, es geht vor allem um Kompaktheit", sagte Jantschke. Durch das Einrücken der Außenverteidiger auf der Ballseite des Gegners wird die Dreierkette gegen den Ball zur Viererkette - oder, wenn sie, wie gegen Nizza, defensiver ausgerichtet ist, zur Fünferkette in einem 5-4-1. Das Spielermaterial für eine Kette mit drei Innenverteidigern ist da: Matthias Ginter, Jannik Vestergaard, Nico Elvedi, Tony Jantschke, Tobias Strobl, Reece Oxford oder Timothée Kolodziejczak (so er wieder fit ist und nicht noch den Verein wechselt) können ein Trio bilden. Einige Varianten hat Hecking schon ausprobiert. Dass die Automatismen und die Laufwege noch nicht perfekt sind, liegt in der Natur der Sache. Bis zum Start der Pflichtspiele muss das System aber sitzen. Denn: "Entscheidend ist immer, wie die Abstände sind und wie kompakt man steht", sagte Hecking. Wenn es Löcher gibt, ist keine Kette dicht, ob nun Dreier-, Vierer- oder Fünfervariante.

Hecking hat sich indes nicht nur wegen der Ausweitung der defensiven Varianten für das Einstudieren eines Alternativ-Systems entschieden. "Mit dem Ball ist das 3-4-2-1 ein System, das uns helfen kann, flexibler im Spiel nach vorn zu sein, überraschende Dinge zu machen und in Räume zu kommen, in denen uns der Gegner nicht erwartet", sagte der Fußball-Lehrer.

Im 3-4-2-1-System könnte zum Beispiel das offensive Dreieck, das Schubert erfunden hat, mit den drei Neuneinhalbern Raffael, Lars Stindl und Thorgan Hazard wieder aufleben. Das Trio war zu besten Schubert-Zeiten ein Genuss.

Doch bleibt es dabei: Das 4-2-3-1 bleibt Borussias Variante Nummer eins, das 3-4-2-1 oder das 5-4-1 sind Alternativen für besondere Anlässe. "Es wird nicht die große Revolution geben. Von Fall zu Fall werden wir etwas Neues machen, um einen anderen Plan zu haben - aber es muss immer passen. Es ist für mich vor allem entscheidend, dass wir Disziplin haben, taktische Disziplin und Systemsicherheit", sagte Hecking Ende Juni unserer Redaktion.

(kk)
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