Borussias System-Wechsel Nagelsmanns Verwunderung muss Hecking Mut machen

Meinung | Mönchengladbach · Hoffenheim war überrascht. Mit Gladbachs Dreierkette und dem Trio im zentralen Mittelfeld hatte Julian Nagelsmann nicht gerechnet. Borussias Trainer Dieter Hecking sollte taktisch öfter Mut zeigen.

Borussia Mönchengladbach: In der Tabelle unter Dieter Hecking Sechster
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Die Hecking-Tabelle

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Foto: dpa/Matthias Balk

Es ist nun mal so, dass gerade in der Not manche Tugend auf den Weg gebracht wird. Einfach, weil es die Situation erfordert, innovativ zu sein, weil es nicht anders geht, als neue Ideen nicht nur zu haben, sondern auch umzusetzen. Borussias Trainer Dieter Hecking war vor dem Spiel gegen Hoffenheim in so einer Situation.

Zehn Spieler fehlten, und einige derer, die zur Verfügung standen, waren noch nicht bereit für die volle Distanz. Raffael, Fabian Johnson und auch Oscar Wendt, die Rückkehrer. Wendt hielt immerhin 81 Minuten durch, Raffael hatte Luft für rund 20 Minuten, die er dann auch spielte. Johnson war in den letzten zehn Minuten dabei. Dass die drei Routiniers hilfreich sind, belegte das Spiel gegen Hoffenheim durchaus.

Aber eben auch, dass ein gewisser Mut bei der Aufstellung etwas bewirken kann. Hecking, sonst ein treuer Vertreter des 4-2-2- bzw. 4-2-3-1-Systems, wählte gegen Hoffenheim aufgrund des Verteidigerschwundes ein 3-1-4-2. Und genau das war ein Faktor, der den Hoffenheimern letztlich zu schaffen machte trotz der dreimaligen Führung. "Wir hatten Probleme mit der Grundordnung von Borussia", sagte 1899-Coach Julian Nagelsmann.

Nun hat das 3:3 tabellarisch wenig bewegt. Weiterhin sind die Borussen hinten dran im Rennen um Europa. Zudem gab es gegen 1899 wieder reichlich ungenutzte Tormöglichkeiten und die fast schon üblichen individuellen oder kollektiven Fehler in der Defensive, die zu den drei Gegentreffern führten. So war das 3:3 ebenso ein verschenkter Sieg wie ein gewonnener Punkt.

Man darf es nicht überbewerten, trotzdem kann Hecking etwas mitnehmen aus dem Hoffenheim-Spektakel: Einfach mal den Mut haben, was ausprobieren, dazu eine gewisse Jetzt-erst-Recht-Einstellung, die Borussia fraglos entwickelte, das kann die Lockerheit bringen, die seinem Team in den Wochen zuvor fehlte. Tore schießen, Rückstände aufholen, sich gegen Missstände auflehnen - das war gegen Hoffenheim zu sehen, ganz anders als beispielsweise zuvor in Leverkusen.

Das neue System könnte wegen der Verletzten-Situation bestehen bleiben. Doch ist es nicht nur eine Frage des Systems, was noch geht in den letzten Spielen. Die Grundordnung muss mit Leben gefüllt werden: Die gegen Hoffenheim gezeigten Attribute bis zum Ende der Saison zu konservieren und abzurufen, das ist der Auftrag an die Borussen für die letzten sieben Spiele. In der Hinrunde folgte aus das tolle 3:1 bei 1899 Hoffenheim ein ernüchterndes 1:1 gegen Mainz, das sollte nun nicht passieren. Hecking hat für das Finale dieser Saison mehr Optionen - nicht nur personell, sondern auch systemisch. Das Mehr an Unberechenbarkeit gilt es zu nutzen.

(RP)
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