Borussia Mönchengladbach Hecking wählt den goldenen Mittelweg

Marbella · Das erste Spiel von Dieter Hecking als Borussia-Trainer war mühsam und fand auf einem Trainingsplatz stand. Aus vielen kleinen Dingen soll wieder etwas Großes werden, eine Revolution hat der 52-Jährige nicht im Sinn.

Dieter Hecking im Porträt: Trainerstationen, Erfolge
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Das ist Dieter Hecking

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Foto: dpa/Marius Becker

André Schubert feierte an seinem dritten Arbeitstag als Trainer von Borussia Mönchengladbach einen sagenhaften Einstieg gegen den FC Augsburg. Sein Team gewann mit 4:2 nach einer schnellen 4:0-Führung. Lucien Favre musste an seinem siebten Arbeitstag einen frühen Rückstand gegen den FC Schalke verdauen, seine Mannschaft siegte allerdings noch 2:1. "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne", hat Hermann Hesse gedichtet. Doch Dieter Heckings erstes Spiel stand nicht unter dem Verdacht, in ein paar Monaten als zauberhafter Moment rekapituliert zu werden. Das 2:0 gegen den Zweitligisten Würzburger Kickers war mühsam und vor allen Dingen fand es nicht vor 50.000 Zuschauern in der Bundesliga statt, sondern auf einem Trainingsplatz des Marbella Football Center in Andalusien.

Schon drei Wochen ist es her, dass Hecking seinen Vertrag unterschrieben hat. Er konnte zudem die Vorlaufzeit nutzen, als Borussias Trainer noch Schubert hieß und Manager Max Eberl seinem Wunschkandidaten bereits ein Signal gegeben hatte. Dann kam ein Fernstudium im Urlaub in Norwegen, nun ist er seit einer Woche mittendrin. In Marbella absolvierte Borussia acht Trainingseinheiten unter besten Bedingungen. "Wenn man hört, dass in Deutschland wieder Schnee und Eis kommen, würde man sicher gerne noch bleiben", sagte Hecking. Aber er ist pragmatisch genug, um das Trainingslager als intensiven Anfang seiner Arbeit mit einem gewissen Wohlfühlcharakter zu betrachten.

Während sich seine beiden Vorgänger bei Borussia gleich in den Wettkampfmodus um Punkte begeben mussten, startete Hecking mit einem Doppel-Test. Nachdem "Team Marbella 1b" gegen Würzburg gewonnen hatte, traf "Team Marbella 1a" auf den SV Zulte Waregem aus Belgien. Als Gladbach einen Rückstand durch ein Kopfballtor von Jannik Vestergaard in der Nachspielzeit drehte, war das ein Fünfer im Lotto - bringt nicht den großen Gewinn, fühlt sich aber richtig gut an. "Das sind so kleine Dinge, die man in der Vorbereitung gerne mitnimmt", sagte Hecking. Aus vielen kleinen Dingen soll wieder etwas Großes werden, eine Revolution hat der 52-Jährige überhaupt nicht im Sinn. Taktisch dürfte er sich in der Mitte zwischen Schubert und Favre positionieren. Vom 3-4-1-2-System des einen stellte er gegen Zulte Waregem auf das 4-4-2-System des anderen um, als Borussia Probleme hatte. "Das Wichtigste ist, dass die Mannschaft spürt, sie kann im Spiel etwas verändern, und es wird dadurch besser", sagte Hecking. Seine Spieler winden sich etwas, wenn die Probleme unter Vorgänger Schubert zur Sprache kommen. "Ich finde es gut, wenn man in der Lage ist zu wechseln. Vielleicht haben wir das irgendwann übertrieben", erklärte Christoph Kramer.

Wie groß die Qualität im Kader ist, ließ sich an den beiden Aufstellungen in den Testspielen ablesen. Gegen Zulte Waregem spielte die prominentere Elf mit Raffael, Mo Dahoud, Lars Stindl, Tony Jantschke und Zugang Timothée Kolodziejczak, dem noch etwas die Abstimmung fehlt. Trotzdem standen in der Würzburg-Elf neben Kramer Andreas Christensen, Oscar Wendt und Thorgan Hazard. "Natürlich wird es Enttäuschungen geben, aber die muss man dem gemeinsamen Erfolg unterordnen", sagte Hecking. Dazu scheint die Mannschaft bereit. Schon in den Krisenmonaten Oktober, November und Dezember war die Stimmung das geringste Problem. "Keiner wird hängengelassen", versicherte Vestergaard glaubwürdig. Mit seinem späten Tor sorgte er dafür, dass Hecking sich gleich über zwei Siege freuen durfte. Das war, gemessen an den Umständen, zumindest ein bisschen zauberhaft.

(RP)
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