Borussia Mönchengladbach Drei Jubiläen und ein Neujahrs-Gruß

Mönchengladbach · 1977 gab es Borussias größtes Spiel und die letzte Meisterschaft, vor fünf Jahren die Europa-Rückkehr und am Sonntag einen Instagram-Post aus Spanien.

Timothee Kolodziejczak – Borussias einziger Wintertransfer
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Das ist Timothee Kolodziejczak

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Foto: Dirk Päffgen

Borussia ist ein Traditionsverein. Als solcher hat sie eine lange Geschichte, eine sehr imposante sogar, eine, die in den vergangenen Jahren immer wieder für Jubiläen sorgte. Denn die Zehner-Jahre des 21. Jahrhunderts sind die vierte Dekade nach den goldenen 70ern, in denen Borussias große Zeit war, in denen der Klub zu dem wurde, was er ist, in denen er neun seiner elf Titel gewann. Nur zwei der drei Pokalsiege fanden vor beziehungsweise nach den 70ern statt, 1960 und 1995.

Berti Vogts, der Ur-Borusse, der in jener Zeit alles mitgewann, warnte anlässlich seines 70. Geburtstags am 30. Dezember zwar noch einmal eindringlich davor, jene fetten Jahre zum ewigen Maßstab zu machen, weil sie einfach zu groß sind, um sie mit irgendetwas anderem zu vergleichen. Doch wer eine Geschichte hat, kommt auch nicht an ihr vorbei, wenn es die Situation gebietet. Und ein 40-jähriges, das ist schon was.

2017 gibt es gleich zwei Anlässe, genüsslich zurückzuschauen. Dass sich in beiden Fällen auch ein Hauch Melancholie dazugesellt, passt durchaus zu Borussia, die ja auch in ihrer größten Zeit immer wieder auch groß im Scheitern war. Am 25. Mai 1977 gab es Borussias bis heute größtes Spiel: das Landesmeistersfinale von Rom. Es ging 1:3 verloren gegen den FC Liverpool. Vier Tage zuvor hatten die Borussen ein 2:2 beim FC Bayern erreicht und damit den fünften Meistertitel klargemacht. Es ist der nach wie vor letzte. Und das ist das kleine Drama dieses Jubiläums. Es verdeutlicht: Alles verdammt lange her.

Doch es gibt 2017 auch ein kleineres Jubiläum zu feiern, dessen Anlass nicht ganz so weit weg ist. Denn vor fünf Jahren schaffte Borussia überraschend die Rückkehr in den Europapokal nach 16 Jahren Abwesenheit. Das Team des damaligen Trainers Lucien Favre, im Jahr zuvor in der Relegation dem Abstieg entronnen, wurde Vierter und schaffte es damit in die Qualifikation zur Champions League. Es reichte nicht für den ganz großen Wurf, aber für die Europa League, und Europa ist Europa. Und es war der Startschuss für ein Kapitel in der Klubgeschichte, das durchaus ein Gegengewicht zu den 70ern ist. Ja, Borussia lebt nicht mehr nur von der ruhmreichen Vergangenheit, sondern ist auch in der Gegenwart wieder wer. Nicht eins der Topteams des Kontinents wie damals, aber doch eines, das in Europa mithalten kann.

Indes: Sie geht als Sorgenkind ins neue Jahr, jedoch mit einem Hoffnungsträger namens Dieter Hecking, der nun Borussias Trainer ist. Er soll den Abwärtstrend stoppen, das Team stabilisieren und revitalisieren - wie 2011 Favre. Dessen Blitzheilung als Maßstab zu nehmen für Heckings Arbeit wäre jedoch kaum weniger fatal, als die Erinnerung an 1977 als Matrize zu nehmen für das, was zu passieren hat (2007 übrigens, welche Ironie des Schicksals, als es 30 Jahre 1977 zu begehen galt, stieg Borussia ab!). Denn die 16 Punkte, mit denen Borussia in den Rest der Saison geht, sind weit davon entfernt, ein üppiges Polster zu sein. Heckings Punkteschnitt liegt zwischen 1,53 (generell) und 1,75 (nur Wolfsburg), rechnet man das auf die noch ausstehenden 18 Ligaspiele hoch, kommen die Borussen theoretisch mit 44 bis 48 Punkten ein. Damit liegen sie zwischen eventuell so gerade noch einstellig bis eventuell so gerade noch Europa. Alles, was im Pokal (bei Zweitligist Fürth) und in der Europa League (gegen Florenz) dazu kommt, wird gern genommen.

Hecking lädt am Mittwoch zum ersten Training, zuvor wird er auf seiner ersten Pressekonferenz als Borussen-Trainer seinen Ansatz für den neuen Job darlegen. Ob er neben den schon zum Kader gehörenden Fußballern auch den französischen Verteidiger Timothée Kolodziejczak in seine Planungen einbeziehen darf (und eventuell weitere Neulinge, zum Beispiel für das zentrale Mittelfeld), wird sich zeigen.

Der Mann vom FC Sevilla jedenfalls wäre offenbar gut vorbereitet auf einen Job in der Bundesliga. Seinen Neujahrsgruß, den er via Instagram verschickte, gab es auch auf Deutsch zu lesen. Kommt Kolodziejczak, wäre er Gladbachs vierter Franzose - und hätte in Mamadou Doucouré einen blutjungen Landsmann als direkten Konkurrenten. Zwei Franzosen, die sich um einen Posten rangeln - das gab es in 117 Jahren Borussia-Geschichte trotz aller Tradition noch nicht.

(kk)
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