Borussia Mönchengladbach Enttäuscht, durchnässt und angeschlagen

Borussias Chancen auf die Europa League sind nach dem 1:1 in Wolfsburg überschaubar. Dieter Heckings Mannschaft fehlte von allem etwas: Kraft, Glück und die letzte Entschlossenheit vor dem Tor.

Spielunterbrechung bei VfL Wolfsburg gegen Borussia M'gladbach
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Spielunterbrechung - starkes Unwetter in Wolfsburg

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Foto: dpa, pst nic

So ist Europa noch möglich

Am Freitag hatten wir alle Szenarien aufgelistet, die Borussia noch mindestens auf den siebten Platz führen. In der ausgedruckten Version können die allermeisten davon nun durchgestrichen werden: Der fünfte und sechste Platz sind weg, und die Option auf den siebten besteht nur noch mit einem Sieg gegen den SV Darmstadt am letzten Spieltag, wenn ...

... Werder Bremen bei Borussia Dortmund nicht gewinnt und...
... der 1. FC Köln zu Hause gegen den FSV Mainz verliert ...
... oder Unentschieden spielt bei einem Gladbach Sieg gegen Darmstadt mit mindestens elf Toren Vorsprung.

Nach wie vor müsste Dortmund in diesem Fall das DFB-Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt am 27. Mai gewinnen, so dass Gladbach am 27. Juli in die dritte Qualifikationsrunde einsteigen darf. Die Wahrscheinlichkeit, dass all das auf einmal eintritt, darf getrost im niedrigen einstelligen Prozentbereich angesiedelt werden.

52 Minuten sehr gut, 26 schlecht, 12 gut

Drei Phasen hatte die Partie in Wolfsburg, die am Ende das Ergebnis ganz gut begründen, gleichzeitig aber genügend Argumente liefern, warum Borussia unter diesen Umständen niemals nicht gewinnen darf. So sieht das allzu oft aus in den vergangenen zwei Monaten, in denen nur eines von 13 Gladbacher Pflichtspielen mit zwei Toren Unterschied endete, und beim 3:5 in Hoffenheim fiel das letzte Tor ganz zum Schluss. Am Samstag hatte Dieter Heckings Mannschaft nach 52 Minuten 12:5 Torschüsse auf dem Konto. "Wenn es 3:0 steht, kann sich keiner beschweren", sagte Christoph Kramer. Dann lud Borussia den Gegner ein, Wolfsburg holte bis zur Regenunterbrechung nach 78 Minuten mächtig auf: 5:0 Torschüsse, vier davon aufs Tor, darunter Mario Gomez' Ausgleich. Erst nach dem großen Gewitter fand Borussia wieder ins Spiel, hatte noch zwei Chancen und passte sich den Ball in der niedersächsischen Sumpflandschaft präziser zu als in der Schwächephase vorher. Es fehlte der letzte Punch, um noch für ein Happy End zu sorgen.

Nur ein Innenverteidiger trifft öfter

Jannik Vestergaard war mit zweierlei Vorschusslorbeeren aus Bremen gekommen: Zum einen wurde sein Aufbauspiel gelobt, zum anderen seine Torgefahr bei Standards. Letztere schien lange Zeit allerdings nur mit seiner Körpergröße von 1,99 Metern begründet. Sieben Tore in 119 Bundesligaspielen waren auch nicht unbedingt eine Ansage. Nach 139 Spielen hatte der Däne immer noch sieben Tore — doch dann kam Co-Trainer Dirk Bremser als anerkannter Standardexperte und plötzlich ist Borussia nach Ecken und Freistößen eines der gefährlichsten Teams der Liga. Vier Treffer sind Vestergaard in den vergangenen 13 Spielen gelungen, von allen Innenverteidigern hat nur der Mainzer Stefan Bell (fünf Tore) häufiger getroffen. Allerdings hat Gladbach von den vier Spielen mit Vestergaard-Treffern nur eines gewonnen, das Derby in Köln.

Weine nicht, wenn der Regen fällt...

Am 10. August ging im italienischen Ascona die Welt unter, am 13. September im englischen Manchester und am 13. Mai im niedersächsischen Wolfsburg. Regengüsse epischen Ausmaßes und heftige Gewitter kommen schon mal vor, nur dürfte in drei verschiedenen Monaten und drei verschiedenen Ländern selten derselbe Fußballverein drinstecken. Am Samstag kam Gladbach das Unwetter ziemlich gelegen. Fast eine halbe Stunde lang konnte sich das Team ordnen, sich die Resultate auf den anderen Plätze anschauen, während der Himmel vor allem die Wolfsburger Hälfte unter Wasser setzte. "Wir haben in der Kabine gesagt, dass wir noch etwas riskieren und auf das Tor gehen wollen", sagte Yann Sommer. Das Bemühen war Borussia in der Schlussphase nicht abzusprechen. Allein: Es reichte nicht mehr.

Verletzungspech raubt die Substanz

Insgesamt 144 Tage hatten Raffael, Fabian Johnson und Christoph Kramer zuletzt pausieren müssen. Beim Schlusspfiff in Wolfsburg standen sie gemeinsam auf dem Rasen. Ibrahima Traoré, zwischenzeitlich vier Monate außer Gefecht gesetzt, war da schon ausgewechselt. Kurz darauf traf es Nico Elvedi, womit Hecking seine letzte Option — beispielsweise Laszlo Bénes — nicht frei wählen konnte. Ob Andreas Christensen würden spielen können, stand erst kurz vor dem Anpfiff fest, den Dänen plagten weiterhin Rückenprobleme. Was wäre drin gewesen für Gladbach mit so wenigen Verletzungen wie vor zwei Jahren? Es ist die eine Frage, die sich niemals beantworten lässt.

(jaso)
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