Borussia Mönchengladbach Es müssen 100 Prozent sein

Mönchengladbach · Lässt Borussia Mönchengladbach nur ein wenig nach, fällt die Stabilität - wie in Dortmund. Der nächste Gegner Hannover 96 ist in diesem Punkt Vorbild.

Christoph Kramer läuft gegen den Borussia Dortmund mit Maske auf
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Kramer läuft gegen den BVB mit Maske auf

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Foto: afp

Stabilität ist ein großes Wort. Und ein noch größeres Vorhaben. Stabil zu sein, ist ein wichtiges Erfolgsmodul im Fußball, weswegen die Borussen vor der Saison die Stabilität als zwingende Basis für ihr Spiel ausgerufen haben. Im modernen Fußball sind für ein stabiles Gebilde alle auf dem Feld zuständig, angefangen bei den vordersten Offensivkräften.

Beim 2:2 in Leipzig waren Lars Stindl, Thorgan Hazard und Raffael fleißige Kilometersammler. Jeder der drei Offensivspieler lief mehr als elf Kilometer. Weswegen die Leipziger Geschwindigkeits-Fußballer nicht so zum Zug kamen wie gewohnt, weil ihre erste Tempowelle gleich abgebremst wurde. Auf diese Weise konnten die Borussen das Spiel nach vorn schieben, weiter weg vom eigenen Tor - und damit von der gefährlichen Tiefe, in die gegnerische Stürmer gern laufen, um Schaden anzurichten.

Was passiert, wenn den Angreifern das gelingt, war beim 1:6 in Dortmund zu besichtigen: Es kann ein Debakel geben (auch, weil der BVB seine Chancen im Gegensatz zu Gladbach kühl ausnutzte). Viel zu weit in der eigenen Hälfte warteten die Gladbacher auf den Gegner, zuweilen hatte der geneigte Beobachter das Gefühl: Wenn es möglich gewesen wäre, hätten sich die Gäste am liebsten hinter den Banden jenseits der Torlinie verschanzt.

So hatte der BVB lange Anlaufwege, um ins Tempo zu kommen und konnte dann ungehindert das mürbe Gladbacher Defensivgebilde berennen. Der Druck wuchs, und wenn das so ist, dann wächst auch die Fehlerquote: in Strafraumnähe verlorene Bälle zuhauf, zu weite Abstände zwischen den Reihen, kaum gewonnene Zweikämpfe, kaum Befreiung.

Kopf und Geist der Gladbacher waren an diesem Tag schwach, der BVB bestrafte das genüsslich. Die Innenverteidiger Matthias Ginter und Jannik Vestergaard waren nicht handlungsschnell und nur dabei statt dran, wenn es darauf ankam. Und Christoph Kramer, der mit Denis Zakaria in Leipzig noch der Ursprung der Stabilität war, war dieses Mal wie der Rest des Teams überfordert. Er bekam den roten Faden nicht zu fassen, als um ihn herum das Chaos ausbrach. Das verunsicherte auch Zakaria, der das auch mit seinem Kampfgeist nicht wettmachen konnte.

Die beiden waren jedoch in guter Gesellschaft, wie Ginter befand: "Zehn von elf Spielern haben unseren Plan nicht umgesetzt", sagte er und nahm explizit nur Torwart Tobias Sippel aus der Generalkritik heraus. Bei wie viel Prozent die Borussen in ihrem Zustand in Dortmund waren, lässt sich nicht beziffern. Jedenfalls waren sie weit von den nötigen 100 entfernt - jeder einzelne und als Kollektiv. Was das zur Folge hatte, brachte Kramer auf den Punkt: "Wir haben es ja alle auf dem Platz erlebt: Wenn wir es zusammen nicht hinbekommen, funktioniert es eben hinten und vorne nicht."

Das ist dann auch die ganz große Erkenntnis der Dienstreise ins Westfälische. Und da spielt es auch keine Rolle, ob der Gegner nun der BVB ist oder, wie am Samstag, Hannover 96. Der Aufsteiger ist bislang das Überraschungsteam der Saison. Man darf annehmen, dass es den Niedersachsen, zu denen auch der Ex-Borusse Julian Korb gehört, bislang recht stabil gelungen ist, ans Limit zu gehen und die 100 Prozent abzurufen. So kann Hannover derzeit ein bisschen als Vorbild herhalten für die wankelmütigen Gladbacher. Zumal es aktuell einen Tabellenplatz (4) innehat, der den Borussen am Ende sehr zusagen würde.

Für die Gladbacher gibt es keine Alternative zum Heimsieg. Dass das gegen Hannover kein leichtes Unterfangen wird, zeigt die Bilanz des Gegners: Es ist bisher in dieser Saison keinem Bundesligisten gelungen, Aufsteiger 96 zu schlagen (drei Siege und drei Unentschieden). Will Borussia diese Serie beenden, muss sie alles abrufen. "In dieses Spiel werden wir dann wieder mit frischem Wind gehen. So ein Nachmittag wie in Dortmund kommt nicht allzu oft vor, an dem man als Kollektiv so einen schlechten Tag erwischt", sagte Kramer. Der Beleg der These steht aus. Zumindest haben Kramer und die anderen Gladbacher in Dortmund noch einmal erfahren, was passieren kann, wenn es so kommt.

Fazit: Stabil wird Borussia nur sein, wenn jeder Einzelne 100 Prozent bringt. Das ist die Basis für den Erfolg. Jedes fehlende Prozent steigert das Risiko, in die Problemzone zu geraten.

(kk)
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