Borussia Mönchengladbach Die große Sehnsucht nach einer magischen Nacht

Mönchengladbach · Im Borussia-Land lechzt manch einer gegen Sevilla nach einem ganz besonderen Spiel. Ein Balanceakt im Ergebnisgeschäft Europapokal.

Borussia Mönchengladbach: Christoph Kramer scheitert mit Schuss am FC Sevilla
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Kramer scheitert mit Schuss an Sevilla-Keeper

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Es gibt eine Szene in Ridley Scotts Historien-Film "Gladiator", in der hat Hollywood-Star Russell Crowe als desillusionerter Kämpfer Maximus gerade in der Arena seinem Gegenüber humorlos den Kopf vom Körper entfernt und brüskiert die ob der Kürze des Kampfes murrenden Zuschauer mit der Frage: "Unterhalte ich euch nicht?". Nun steht Crowe heute (19 Uhr/Live-Ticker) nicht in Borussias Startelf im Europa-League-Rückspiel gegen Sevilla, es geht auch nicht um Leben und Tod, aber trotzdem gibt es eine Parallele zwischen Film und Europapokal.

So wie sich die Zuschauer vom Gladiatoren-Kampf mehr als nur ein schnödes "Einer gewinnt, einer stirbt" erwarteten, so mehren sich im Borussen-Universum heuer die Stimmen, die zäher 1:0-Siege ihrer Lieblinge überdrüssig sind. Die Menschen hinter diesen Stimmen sind anspruchsvoller geworden, wollen mehr, wollen Spektakel - gerade heute. Im Europacup. Unter Flutlicht. Im ausverkauften Stadion. Das Problem: Im Ergebnisgeschäft Profifußball kann es das Aus bedeuten, wenn sich eine Mannschaft zu sehr von der Emotion leiten lässt.

Die Sehnsucht nach einem begeisternden Spiel, nach einer "magischen Nacht" (Präsident Rolf Königs im Vereinsmagazin) ist groß im Umfeld des Vereins. Wie das 4:1 gegen Schalke in der Hinrunde, wie das 0:0 gegen die Bayern. Borussia bringt das in das Dilemma, einerseits von der Begeisterungsfähigkeit seiner Anhängerschaft zu profitieren, andererseits der gestiegenen Erwartungshaltung der vergangenen Jahre nüchtern-rational entgegentreten zu wollen. "Wir müssen clever spielen und eine gute Balance finden", sagt Martin Stranzl. Damit geht er zu 100 Prozent konform mit seinem Trainer. Beide halten es mit der Einschätzung: Nichts gegen Spektakel, aber Spektakel mit Hirn und Herz, nicht nur mit Herz.

Erstmals seit 1996/97 ein Rückspiel zu Hause

Für die Borussen ist es heute eine neue Situation: Zum ersten Mal seit der ersten Uefa-Cup-Runde 1996/97 gegen den FC Arsenal steht man gegen Sevilla vor der Aufgabe und Chance, in einer internationalen K.o.-Runde im Rückspiel zu Hause das Weiterkommen angehen zu können (Sarajewo als Quali-Runde außen vor). Gegen Kiew war das Rückspiel auswärts, gegen Lazio genauso. Nun ist es ein Vorteil für Borussia.

Eine Konstellation, die Borussia nach dem 0:1 im Hinspiel im Nachteil sieht, aus der sich heraus aber eben umso eher besondere Momente schaffen können. Momente, die die Romantik des Fans bedienen können. Momente, an denen die Fans mitwirken können, weil sie ein Faktor sein können. "Die Fans und die Stimmung, die sie machen, war und ist immer sehr wichtig für uns", sagt Favre. Und Stranzl fügt hinzu: "Entscheidend ist, wie wir auf dem Platz auftreten, um die Fans eben so schnell wie möglich in unseren Rücken zu bekommen. Das pusht einen noch weiter nach vorne." Und pushen lassen will sich jeder im Borussen-Land. Gerne auch hin zu einer magischen Nacht.

(RP)
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