Jonas Hofmann im Interview "Vor Ralf Rangnick muss man den Hut ziehen"

Mönchengladbach · Hoffenheim, Dortmund, Mainz, Gladbach – Jonas Hofmann ist für alle Arten von Vereinen ein guter Ansprechpartner. Am Sonntag spielt er mit Borussia Mönchengladbach gegen RB Leipzig und spricht im Interview über die Brisanz der Partie, neidische Blicke und Phil Taylors Dartpfeile.

Jonas Hofmann von Borussia Mönchengladbach im Porträt
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Das ist Jonas Hofmann

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Foto: dpa/Swen Pförtner

Hoffenheim, Dortmund, Mainz, Gladbach — Jonas Hofmann ist für alle Arten von Vereinen ein guter Ansprechpartner. Am Sonntag spielt er mit Borussia Mönchengladbach gegen RB Leipzig und spricht im Interview über die Brisanz der Partie, neidische Blicke und Phil Taylors Dartpfeile.

Gladbach trifft am Sonntag auf Leipzig. Sie kennen verschiedene Arten von Vereinen: In Hoffenheim ausgebildet, in Dortmund groß geworden, jetzt in Gladbach. Fangen wir mit Hoffenheim an: Wie ist es, dort zu spielen?

Jonas Hofmann Für mich war es damals Gold wert, nach Hoffenheim zu wechseln. Da waren die Trainingsbedingungen schon in der Regionalliga auf Bundesliganiveau. Für manch einen mag das positiv sein, für andere vielleicht zu viel Wohlfühlatmosphäre. Mich haben die Begebenheiten enorm weitergebracht.

Spürt man denn die fehlende Tradition innerhalb eines Vereins wie Hoffenheim?

Hofmann Als ich in der Jugend da war, wurde das noch nicht so intensiv diskutiert. Eher gab es in der Schule neidische Blicke, weil die Mitschüler Vorurteile gegenüber solchen Jugendspielern hatten. Der Unterschied zwischen Traditionsklubs und Nicht-Traditionsklubs hat mich gar nicht so beschäftigt.

Hatten Sie denn einen Lieblingsklub in Ihrer Kindheit und Jugend?

Hofmann Als kleiner Junge war ich Bayern-Fan, aber ich war da nie so tief drin, hatte auch kein richtiges Idol. Als das Angebot aus Hoffenheim kam, ging trotzdem ein Traum in Erfüllung, weil ich zu der Zeit mit dem Fußball aufhören und andere Sportarten, Handball und Golf, intensivieren wollte. Man hat damals schon gemerkt, dass sich etwas bewegt in Hoffenheim. Deshalb musste ich die Chance wahrnehmen.

Ihr Vater oder Ihr Opa hat aber nicht gesagt: "Was willst du da? Geh' doch nach Stuttgart oder Kaiserslautern."

Hofmann In Stuttgart habe ich mal ein Probetraining gemacht, aber eine Stunde Fahrtzeit war mir und meiner Familie zu viel. Hoffenheim war als Gesamtpaket sinnvoller, es war nur 20 Minuten weg von zu Hause. Dietmar Hopp hatte schon damals das Ziel, mal ein Eigengewächs aus der Region in die Bundesliga oder sogar in die Nationalmannschaft zu bringen. Da ich als einziger Junge von der D- bis zur A-Jugend im Verein war, bin ich für ihn so etwas wie ein Aushängeschild gewesen.

Können Sie die Diskussion um Traditions- und Plastikklubs im Fußball denn verstehen?

Hofmann Wenn ich mit Gladbach-Fans rede, ist das schon etwas Besonderes. Viele fahren zu jedem Auswärtsspiel, wie nächste Woche nach Florenz. Das ist schon krass. Für die Fans ist das ein Hobby wie für mich das Dartspielen. Da geben sie ihr Geld für aus. Deshalb kann ich es aus Sicht der Fans nachvollziehen, dass sie sauer sind, wenn jemand von außen kommt und viel Geld in einen Verein reinpumpt. Aber es bringt nichts, so wie in Dortmund letztens, mit Gewalt dagegen vorzugehen.

Von Hoffenheim sind sie als 19-Jähriger nach Dortmund gewechselt. Intensiver geht es in Deutschland wohl nicht. Wie haben Sie das wahrgenommen?

Hofmann Ich habe im ersten Jahr noch die Schule fertig gemacht. Selbst als Spieler aus der U23, den eigentlich keiner kennt, wurde ich ganz anders wahrgenommen. Dann fährt jedes zweite Auto mit einem BVB-Aufkleber durch die Stadt. Für mich — erste eigene Wohnung, zum ersten Mal von zu Hause weg — war das eine krasse Lebenserfahrung.

Bei Vereinen wie Hoffenheim, Leverkusen, Wolfsburg heißt es oft, der fehlende Druck der Fans, weil es einfach nicht so viele gibt, sei ein Nachteil. In Schalke oder Dortmund heißt es dann wiederum, der Druck sei zu groß. Wie nehmen Sie als Spieler diesen Effekt wahr?

Hofmann Bei uns war das in der Hinserie ein großes Thema. Als es nicht so lief, haben wir oft darüber gesprochen, dass es Wahnsinn ist, wie die Fans uns weiterhin unterstützen. In anderen Vereinen wäre riesiger Terz gewesen, aber hier bei Borussia kann man in Ruhe weiterarbeiten. Es tut gut, nach Niederlagen nicht am Zaun niedergemacht zu werden, sondern die Rückendeckung zu spüren.

Die Rückendeckung des Trainers haben Sie in den ersten beiden Spielen in Darmstadt und Leverkusen gehabt. Dann kam die Verletzung. Ist das die ärgerlichste Situation in Ihrer Karriere?

Hofmann Eine Verletzung kommt nie gelegen. Wichtig war, dass ich diese zwei Spiele hatte und mich nicht vorher verletzt habe. So konnte ich zeigen, dass es unter dem neuen Trainer vielleicht auch für mich ein Neuanfang ist. Zum Glück bin ich jetzt nur zwei Wochen ausgefallen.

Die ersten Wochen 2017 waren Ihre besten Wochen bei Borussia. Warum haben Sie ein Jahr gebraucht, um richtig anzukommen?

Hofmann Am Anfang lief es ganz gut. Im ersten Spiel kam ich von der Bank, im zweiten gegen Mainz habe ich begonnen. Es kommen immer viele Dinge zusammen. Ich habe es mir auch anders vorgestellt. Es ist immer schwer, da genaue Gründe auszumachen. Glück ist auch ein großer Faktor.

Lässt das einen Spieler hadern? Es heißt immer: 'Biete dich an, zeig', was du kannst, dann spielst du auch.‘ Liegt es am Ende doch nicht in der eigenen Hand?

Hofmann Am Ende stellt immer der Trainer auf. Ich meine mehr das Glück im Spiel. Nehmen wir meine erste Partie in Mainz: Hätten wir das Glück gehabt, dass Raffael die Riesenchance reinmacht, hätte ich das Glück gehabt, den Elfmeter zu bekommen, dann gewinnen wir vielleicht und es entsteht eine andere Dynamik.

Als Sie sich nun verletzt haben, kamen Fabian Johnson und Patrick Herrmann zurück. Ibrahima Traoré wird bald wieder da sein. Wo sehen Sie sich momentan?

Hofmann Nach der Verletzung ist es erst einmal wichtig, nichts zu überstürzen. Das habe ich mit dem Trainer auch so besprochen. In den ersten beiden Spielen habe ich ihm keinen Anlass gegeben, mich nicht wieder aufzustellen. Deshalb werde ich sicher wieder meine Spielzeiten bekommen, wenn ich fit bin. Die Konkurrenz ist groß, aber es können nicht dieselben Spieler alle Englischen Wochen durchspielen.

Dieter Hecking scheint viel mit den Spielern zu sprechen. Trifft er genau den richtigen Ton?

Hofmann Schon bei seiner ersten Ansprache haben wir gemerkt, dass der Trainer weiß, wie der Fußball läuft. Seine Erfahrung wird sehr deutlich. Er weiß auch, wann etwas Spaß dazugehört. Was er macht, hat Hand und Fuß.

Sie haben vorher unter Jürgen Klopp, Thomas Tuchel, Martin Schmidt und André Schubert gearbeitet. Wie fügt sich Dieter Hecking da ein?

Hofmann Alle sind sehr unterschiedliche Typen. Klopp ist zum Beispiel noch emotionaler als unser Trainer jetzt. Über das Thema könnte man stundenlang reden.

Passen zu einer lieben Mannschaft wie Ihrer denn bestimmte Trainertypen besser als andere?

Hofmann Wir harmonieren sehr gut. Max Eberl bezeichnet uns oft als "sauber", weil wir ein extrem gutes Klima haben. Der Trainer bringt das nötige Etwas rein.

Es sind scheinbar nur Kleinigkeiten geändert worden. Plötzlich stimmt die Laufleistung, die Stabilität ist da und Borussia holt zehn Punkte aus vier Spielen. Woran liegt das?

Hofmann Es gibt keinen Fußballer, der keinen Bock hat. Alle wollen immer gewinnen. Vielleicht ist es wie beim alten Trainer in der Hinrunde auch ein wenig Schicksal. Wir werden direkt nach den Spielen immer gefragt, woran es gelegen hat. Manchmal kann man das gar nicht beantworten und ist selber ratlos.

Am Sonntag kommt Leipzig — als Aufsteiger und als Spitzenmannschaft. Hätten Sie das vor der Saison erwartet?

Hofmann Ich habe in Hoffenheim ein paar Mal unter Ralf Rangnick trainiert und muss den Hut vor ihm ziehen. Wo er ist, hat er Erfolg. Dass Leipzig so weit oben mitspielt, hätte niemand gedacht. Man muss Rangnick lassen, dass er eine gute Mannschaft zusammengestellt hat. Leipzig kommt sicher als Favorit, auch wenn sie zuletzt zweimal verloren haben. Aber wir spielen zu Hause und wollen natürlich punkten im Borussia-Park.

Das Spiel steht unter besonderer Beobachtung nach den Vorfällen in Dortmund vor zwei Wochen. Wie nehmen Sie als Profi so etwas wahr?

Hofmann Das ist eine ziemliche Katastrophe. Gewalt geht überhaupt nicht. Sie ändert nichts und bringt nur negative Schlagzeilen gegen den eigenen Verein. Jetzt ist in Dortmund die Südtribüne gesperrt. Was da passiert ist, ist einfach schwachsinnig. Die Fans sollen die eigene Mannschaft unterstützen, alles andere schadet dem Verein. Auch in Gladbach pusht uns die Nordkurve enorm. Wenn die leer wäre, wäre das ein enormer Nachteil.

Die Fans können ein Spiel von außen also beeinflussen?

Hofmann Ich finde schon. Nehmen wir mal unser Heimspiel gegen Barcelona in der Champions League. Wie die Fans da abgegangen sind, das war unglaublich.

Sie haben gesagt, dass Sie abseits des Fußballs gerne Dart spielen. Die Analogie, dass es da wie gegen Leipzig darum geht, den roten Bullen zu treffen, muss man sich aufgrund der jüngsten Ereignisse wohl sparen.

Hofmann (lacht) Da könnten Sie eine schöne Überschrift basteln, das stimmt. Aber ich ziele ja sowieso auf die dreifache 20.

Früher hatte Roel Brouwers in Gladbach immer die Nase vorn. Wie sieht es jetzt aus?

Hofmann Roel hat damals unser Turnier gewonnen. Einige von uns haben ihre eigenen Pfeile, ich habe mir jetzt auch welche gegönnt.

Welche bevorzugen Sie?

Hofmann Ich habe die von Phil Taylor. Ich brauche relativ schwere. Das macht schon Spaß. Ich gehe zu Hause gerne auch spät am Abend nochmal eine halbe Stunde an die Scheibe. Da komme ich gut runter.

Schon mal eine 180 geschafft, das Maximum mit drei Würfen?

Hofmann 120 habe ich schon ein paar Mal geworfen. Aber dann freue ich mich so und komme aus meinen Rhythmus.

Karsten Kellermann und Jannik Sorgatz führten das Gespräch.

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