Borussia Mönchengladbach "Oh captain, my captain!"

Nach 29 Minuten schien alles vorbei zu sein: Borussia lag in Florenz 0:2 zurück, Jannik Vestergaard hatte dem Gegner mit einem Riesenfehler das Tor aufgelegt. Doch es Gladbach gelang ein sensationelles Comeback, weil Lars Stindl dreimal traf.

Europa League 16/17: Lars Stindl erzielt Dreierpack gegen Florenz
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Stindl erzielt Dreierpack gegen Florenz

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Foto: dpa, mb

Die Dankbarkeit war groß. "Oh captain my captain!", twitterte Oscar Wendt. Der "captain" hatte beim 4:2 gegen den AC Florenz drei Tore in elf Minuten erzielt, in England spricht man trotz der Halbzeitpause dazwischen von einem Hattrick, die merkwürdige deutsche Einschränkung "lupenrein" gibt es nicht, so dass Lars Stindl ein besonderes Souvenir präsentieren konnte: den Spielball, unterschrieben von allen Teamkollegen. Seit Allan Simonsen 1978 in Breslau hatte kein Borusse mehr drei Auswärtstore in einem Europapokalspiel erzielt.

Die Liebkosungen in den sozialen Netzwerken gingen weiter. "Grande capiiii", schrieb Thorgan Hazard. Dagegen musste sich Ibrahima Traoré sogar zensieren, nachdem Gladbach den 0:2-Rückstand gedreht hatte: "What the f ..." Leibhaftige Dankbarkeit bracht Jannik Vestergaard zum Ausdruck. Kurz vor Mitternacht berichtete Stindl den Journalisten von seinen Heldentaten, da ging der Däne vorbei, schüttelte seinen Kapitän kurz an den Schultern und ging weiter zum Bus. Auch das kann heißen: Danke, danke, danke!

In der 29. Minute hatte Vestergaard mit einem krassen Fehler dafür gesorgt, dass innerlich bei vielen Beobachtern bereits der Schlusspfiff ertönte: Es war eine Mischung aus Wegrutschen und Über-den-Ball-treten am eigenen Strafraum, das Borja Valero nutzte, um auf 2:0 zu erhöhen. Drei Tore in einer Stunde benötigte Borussia da, konnte ja keiner ahnen, dass es vier in 16 Minuten wurden. Zum ersten Mal seit 1996 steht Gladbach im Achtelfinale des Europapokals. Andreas Christensen, der Schütze des entscheidenden 4:2, war da noch gar nicht geboren. "Zum Glück bin ich Teil eines Teams, das enger zusammenwächst, wenn solch ein Fehler passiert", sagte Vestergaard, der zugab, dass er sich danach trotzdem zusammenreißen musste, um konzentriert zu bleiben.

Noch vor der Pause war Borussia per Elfmeter der wichtige Anschlusstreffer gelungen, da hatte sie zumindest Vestergaards Fehler gutgemacht. "Zum Glück hat der Torrichter das Foul an Patrick Herrmann gesehen", sagte Trainer Dieter Hecking, der somit etwas Frieden schloss mit den Torrichtern. Noch nach dem Hinspiel hatte er Kritik geübt, weil sie beim Stand von 0:0 ein viel klareres Foul an Herrmann nicht angezeigt hatten.

"In der Halbzeit haben wir uns gesagt: Wir haben noch ein Viertel der 180 Minuten, das müssen wir klar für uns entscheiden", erklärte Hecking. "Auch da hatten wir mit dem schnellen Tor wieder da Momentum auf unserer Seite." Schon in der 47. Minute glich Gladbach aus, in der 55. Minute verdiente sich Stindl mit dem 3:2 sein Souvenir. "Der Ball bekommt einen besonderen Platz", sagte der 28-Jährige. Bislang hat er sich mit solchen Dekorationsfragen nicht beschäftigen müssen: Es war Stindls erster Dreierpack im Profifußball. Das passte zu einem einzigartigen Europapokal-Abend, der schlecht begann und grandios endete.

Um 13 Uhr wird das Achtelfinale ausgelost. Drin sind kurze Reisen wie nach Gelsenkirchen, Genk oder Brüssel. Aber auch Lose wie Nikosia, Rostow und Istanbul sind um Topf. "Einen besonderen Wunsch habe ich nicht", sagte Hecking. "Aber ein deutsches Duell braucht keiner, gegen Schalke spielen wir schon nächste Woche in der Bundesliga." Fünf Tage später, am 9. März, geht dann die Reise weiter in Europa.

(jaso)
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