Borussia Mönchengladbach Stindl ist der Garant für große Sprünge

Leipzig · Vom Kapitän hängt es ab, inwieweit Borussia Mönchengladbach die Saisonziele erfüllen kann. Gegen RB Leipzig beschert er der Mannschaft mit seinem Tor zum 2:2 einen wichtigen Punkt beim Champions-League-Teilnehmer.

Borussia Mönchengladbach: Lars Stindls Traumtor aus 22 Metern
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Stindls Traumtor aus 22 Metern

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Foto: afp

Bei Twitter lässt sich ausufernde Begeisterung unter anderem durch die Wiederholung eines Vokals darstellen. "Capitano", schrieb der verletzte Mönchengladbacher Außenbahnspieler Ibrahima Traoré am Samstag um 19.50 Uhr. Traoré versah den "Capitano" mit einer stattlichen Anzahl des Buchstabens "o", was bedeutete, dass er sehr angetan war von dem, was Lars Stindl, der Gladbacher Kapitän, gerade auf den Rasen des Leipziger Fußballstadions gezaubert hatte: einen mit seiner Edel-Innenseite wuchtig gestreichelten 22-Meter-Schuss, der in herrlicher Flugbahn vorbei am Leipziger Torhüter Peter Gulacsi sauste und im rot-weißen Tornetz landete. 2:2, dabei blieb es.

Stindl hob nach seiner Tat regelrecht ab, nicht im unmoralischen Sinne, das ist nicht seine Art, sondern physikalisch: vom Boden. Sein Jubelsprung erinnerte an den Günter Netzers nach seinem Siegtor im Pokalfinale von 1973, wobei der "King vom Bökelberg" noch eine Drehung einbaute in seine Performance. Auch Stindls Flughöhe hätte gereicht für einen doppelten Lutz, doch er beließ es beim einfachen Lars. Sein mächtiger Satz sagte mehr als alle Sätze, die er nach dem Spiel von sich gab: Der Mann ist erleichtert, denn endlich hat er sein erstes Tor dieser Saison erzielt, im fünften Pflichtspiel, nach 421 Arbeitsminuten. Es ist sein erster Pflichtspiel-Treffer für Gladbach nach dem Siegtor im Confed-Cup-Finale für Deutschland.

Stindls Tor war Willen und Fußballkunst zugleich, so fasste es alles zusammen, was die Borussen einbrachten in Leipzig. In jener 61. Minute glich Stindl nicht nur aus, er belohnte damit sein Team für die engagierte Leistung, die Borussia zwei Rückstände aufholen ließ beim Champions-League-Teilnehmer aus Sachsen. Stindl war an fast allem beteiligt, was gefährlich war: Nach 90 Sekunden bediente er Jonas Hofmann, der aber weit über das Tor schoss, kurz vor der Pause war Gulacsi schneller als der Borusse, den Nachschuss versemmelte Raffael. Eigentlich hätte Stindl auch einen Elfmeter bekommen müssen, doch als er im Strafraum im Laufduell mit Dayot Upamecano zu Fall kam. blieb der Pfiff nach 70 Minuten und beim Stand von 2:2 aus.

Mit seinem Tor egalisierte Stindl auch den Vorteil seines Nationalmannschaftskollegen Timo Werner, der das 1:0 für RB erzielt hatte. Stindl und Werner hatten sechs der zwölf Treffer des DFB-Teams beim Confed-Cup erzielt (je drei), im Finale gegen Chile hatte Werner Stindl das Siegtor aufgelegt. Nun schossen beide für sie typische Tore: Werner lenkte Bernardos Flanke mit der Fußspitze ins Ziel - im Stil eines klassischen Mittelstürmers. Stindl, der Stürmer-Regisseur, wählte die feine Klinge und beendete damit eine bis dahin gültige Leipziger Gesetzmäßigkeit dieser Saison: Immer wenn Werner getroffen hat, siegt RB. Nun gab es nur einen Punkt.

Es war Stindls 33. Tor im 88. Einsatz für Gladbach, das ist eine starke Bilanz. Dieses Tor jedoch war eines von besonderer Bedeutung: Es war das erste Bundesligator des Nationalspielers Stindl. Damit hat er auch alle Denkansätze beiseitegeschoben, die Russland-Reise habe doch mehr an ihm gezehrt als gedacht. Bisher hatte er nur zwei Tore vorbereitet, das ist auch schon was. Doch die Ansprüche sind gestiegen, seit wegen des Confed Cups alle Welt weiß, wie eiskalt Stindl vor dem Tor sein kann.

Stindl ist als Kapitän die Leitfigur bei den Borussen, der Vorarbeiter vor dem Tor. Es wird insbesondere auch von ihm anhängen, inwieweit die Borussen ihre Saisonziele erfüllen können. Aber sie haben eben nicht nur Stindl da vor. "Lars hat sich das Tor verdient, aber letztlich ist mir egal, wer von den Jungs trifft", sagte Sportdirektor Max Eberl. Hauptsache, sie treffen.

Bis Leipzig fehlte aber in der Liga jedwedes Stürmertor, der Makel ist nun behoben. Denn vor Stindl hatte schon Thorgan Hazard getroffen, der einen Elfmeter zum 1:1 ins Netz trat, Hofmann war von Bernardo umgeschubst worden. Der daheimgebliebene Traoré war auch vom Debüt-Treffer seines bestens Kumpels begeistert: Für Hazard packte er den Buchstaben "o" ebenso oft aus wie für Stindl.

Für den echten Knalleffekt aber sorgte Stindls Tor: Es machte die Borussen zum gefühlten Sieger in Leipzig. Ob es für Stindl selbst tatsächlich der "Brustlöser" war, wird sich vielleicht schon morgen zeigen. Dann empfangen die Borussen den Aufsteiger VfB Stuttgart im Borussia-Park. Geht es nach Stindl und den anderen Borussen, wird es wieder ein Spiel mit ganz viel "o".

(kk)
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