Verkorkste Saison Nur einmal kassierte Borussia so viele Klatschen

Schon andere Mannschaften haben fünf Gegentore gegen den FC Bayern kassiert, auch Borussia. Doch für die war es bereits das dritte Mal in dieser Saison. Und so kratzt Dieter Heckings Mannschaft an Negativrekorden, während der Rekordmeister Bestmarken aufstellt.

FC Bayern München - Borussia Mönchengladbach: Noten und Einzelkritik
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Bayern - Borussia: Einzelkritik

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  • 78 Minuten ohne Torschuss

Denis Zakaria schoss aus 30 Metern, Thorgan Hazards Versuch wurde an der linken Strafraumecke geblockt, Josip Drmic schlenzte den Ball mit links in die lange Ecke und die Statistiker waren so freundlich, seine Mischung aus Torabschluss und Kopfballverlängerung auch noch mitzuzählen. Das waren die vier Gladbacher Torschüsse in 90 Minuten gegen den FC Bayern — und es waren vier Torschüsse in den ersten zwölf Minuten. Danach gab es nicht einmal mehr irgendeinen verzweifelten Versuch des eingewechselten Vincenzo Grifo oder Michael Cuisance, keinen Abschluss nach einer Ecke (Borussia hatte gar keine), gar nichts. Schauen sich die Borussen nur die ersten zwölf Minuten noch einmal an, werden sie neben den vier Torschüssen eine Ballbesitzquote von 63 Prozent und eine Passgenauigkeit von 90 Prozent sehen. Die 78 Minuten danach zeigen dann 20 Torschüsse der Bayern, 75 Prozent Ballbesitz und eine Passgenauigkeit von 95 Prozent. Die Präzision seiner Zuspiele brachte dem Meister sogar noch einen Bundesligarekord — und dem Gegner ein Armutszeugnis.

  1. Verlieren geht auch würdevoller

So wenige Torschüsse abgegeben hatte Borussia zuletzt unter André Schubert am 22. Oktober 2016, ebenfalls in München. Damals waren es insgesamt nur drei, aber immerhin traf André Hahn den Pfosten und hätte so in der 70. Minute beinahe für den Anschlusstreffer gesorgt. 0:2 verlor Borussia und zeigte nach einer deutlich schwächeren Halbzeit als am Samstag, wie man sich gegen die Bayern trotzdem noch würdevoll aus der Affäre zieht. Nun setzte es ein 1:5 und damit die höchste Niederlage gegen den Rekordmeister seit fast genau 32 Jahren. Das ist so lange her, dass die Bayern durch jenes 6:0 am 34. Spieltag der Saison 1985/86 überhaupt erste ihre neunte Meisterschaft feierten und nach Titeln zum 1. FC Nürnberg aufschlossen.

  1. 16 von 48 Gegentoren in drei Spielen

Apropos lange her, der nächste Punkt lässt sich mit einer Quizfrage verbinden: Hat Borussia in einer Saison jemals zuvor in drei Spielen mindestens fünf Tore kassiert? Und wenn ja, wann? Ein Zeitzeuge war am Samstag sogar anwesend. Vielleicht hätte sich Jupp Heynckes sogar an einzelne Klatschen in der ersten Gladbacher Bundesligasaison erinnert — bei allen fünf stand er 90 Minuten auf dem Rasen. 52 Jahre und mehr sind also vergangen, seit Gladbach 4:5 gegen Dortmund, 0:5 gegen Hamburg, 2:5 gegen Bayern, 0:5 gegen Stuttgart und 0:7 gegen Bremen verlor. Danach gab es in einer Saison höchstens zwei Spiele mit fünf Gegentoren, am häufigsten aber gar keins. Unter Dieter Hecking fiel das 3:5 gegen Hoffenheim vor genau einem Jahr noch in die Kategorie "Hätte auch andersherum ausgehen können". Diese Saison folgten das 1:6 gegen Dortmund, das 1:5 gegen Leverkusen und nun noch einmal ein 1:5 gegen München. In nur drei Spielen hat Borussia ein Drittel ihrer 48 Gegentore kassiert.

  1. Schweizer Rekord

Bis Samstag ging die Gleichung auf: Immer wenn Josip Drmic für Borussia in der Bundesliga trifft, geht es 3:3 gegen Hoffenheim aus. Das mit der Ergebnis-Konstanz hat sich sowieso erledigt, beim Gegner war zumindest ganz viel ehemaliges Hoffenheim dabei. Sandro Wagner stürmte, Sebastian Rudy zog die Fäden vor der Abwehr, Niklas Süle verteidigte — einmal allerdings ganz schwach, als er sich von Drmic düpieren ließ. Einen Bundesligarekord, wenn auch einen völlig wertlosen, sicherte sich Borussia im Spiel gegen Bayern aber auch: Erstmals standen bei einer Mannschaft vier Schweizer in der Startelf. Als Drmic im Dezember in Freiburg begann, war Nico Elvedi gesperrt.

  1. Saisonende am 30. Spieltag?

"Ich möchte vier Spiele gewinnen", sagte Christoph Kramer auf die Frage, worum es in den verbleibenden Spiele nun noch geht für Borussia. Als konkrete Ansage wollte er das sicher nicht verstanden wissen. Vor dem Bayern-Spiel hätte er sicher gesagt: "Ich möchte fünf Spiele gewinnen." Und vor dem Saisonstart: "Ich möchte 34 Spiele gewinnen." Denn an der Bereitschaft, ein Spiel gewinnen zu wollen, scheitert es wohl nie. Die Bundesliga ist nun eine Drei-Klassen-Gesellschaft: Vorne die ersten sieben Mannschaften mit Europachancen, dann sechs im Mittelmaß mit Borussia an der Spitze, dann die letzten fünf im Abstiegskampf. In ihrem Pulk hat Borussia die meisten Tore geschossen, aber auch die meisten kassiert. Sie hat gemeinsam mit Stuttgart die meisten Siege, aber nur Stuttgart hat mehr Niederlagen. Alles in allem heißt das: Nirgendwo anders als im Mittelfeld der Tabelle ist Borussia besser aufgehoben.

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