Borussia Mönchengladbach Patrick Herrmann in der Leidensschleife

Mönchengladbach · Das Schicksal meint es nicht gut mit dem 25-Jährigen. Er wird wohl die zweite Saison in Folge mehr oder minder verpassen.

Herrmann verletzt sich am Knöchel
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Herrmann verletzt sich am Knöchel

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Foto: dpa, rje lof

Es war im Mai 2015, als Patrick Herrmann total angesagt war. Der Borusse hatte seine bis dahin beste Saison gespielt und galt als Vorzeigefohlen: Das Eigengewächs, das eine wichtige Rolle spielte beim Gipfelsturm, der die Borussen bis auf Platz drei der Bundesliga führte. Bundestrainer Joachim Löw würdigte die Leistungsexplosion. Herrmann machte gegen die USA und in Gibraltar seine ersten Spiele für das deutsche A-Team. Experten wähnten ihn als Kandidaten für die Europameisterschaft in Frankreich.

Was seitdem passiert ist, legt die Vermutung nahe, dass das Schicksal Herrmann unbedingt beweisen wollte, dass es in der Glitzerwelt des Fußballs auch Schattenseiten gibt. Erst riss das Kreuzband, dann, als er nach monatelanger Reha endlich wieder tatendurstig war, hatte er einen Muskelfaserriss. Die vergangene Saison verpasste Herrmann fast komplett. Und natürlich die EM. Der Star des Vorjahres wurde zur Sternschnuppe.

Wenn es denn so sein sollte, dass das Schicksal Herrmann die Lektion erteilen wollte, sollte man nun meinen, dass es gereicht habe mit dieser Erfahrung. Zumal ihn vor der aktuellen Spielzeit eine hartnäckige Schambeinentzündung plagte. Er ließ sich nicht beirren von den Verletzungen, arbeitete hart in der Reha und kam zurück. Sogar sein Traum vom Pflichtspiel auf der britischen Insel wurde wahr, auch wenn es nur wenige Minuten waren, die er gegen Celtic Glasgow spielte.

Und nun Berlin. Hertha-Stürmer Vedad Ibisevic fiel auf sein Bein. Ein Unfall. Herrmanns Fuß schlug um - es ist eines dieser Bilder, die dem Betrachter die Nackenhaare hochstehen lassen. Man fühlt mit. Herrmann wand sich schmerzverzerrt am Boden. "Ich wusste sofort, dass da was kaputt ist", sagte er später. Er wurde vom Platz geführt, und selbst aus der Entfernung war aus seinem Gesicht die Verzweiflung abzulesen: Das kann nicht sein! Warum wieder ich? Es gibt einen Film, der heißt: "Das Schicksal ist ein mieser Verräter." Herrmann wird genau das jetzt fühlen.

Er durfte in Berlin mal wieder von Beginn an spielen und hatte "gute Aktionen nach vorn", wie Trainer André Schubert sagte. Es fehlte die Präzision im finalen Pass, das Problem ist indes eines, das Borussia derzeit generell hat und daher torlos ist. Doch Herrmann zeigte, dass er auf dem Weg zurück ist. Bis zu jener Szene, die alles wieder umwarf, was er sich in den vergangenen Monaten erarbeitet hatte. Die ihn auf unbestimmte Zeit wieder rausriss aus dem normalen Fußballer-Leben.

Als die Kameraden in der Pause in die Kabine kamen, lag Herrmann am Tropf. Ein trauriges Bild. Schubert war einige Zeit danach noch sichtlich betroffen. "Es ist ein schwerer Schlag für uns alle, es tut mir in der Seele weh", sagte der Trainer. Es ist nichts gebrochen im Fuß, immerhin, doch ansonsten ist einiges kaputt. "Riss der Außenbänder, des vorderen Innenbands und des Syndesmosebandes", teilte der Verein am Samstag mit. Wie lange es dauert, bis Herrmann wieder da ist? Drei Monate dürfte er mindestens fehlen. Es ist wohl die zweite Saison in Folge, die mehr oder weniger an Herrmann vorbeigeht. Es ist eine tragische Geschichte.

"Wir werden für Patrick da sein und ihm helfen", sagte Schubert. Er weiß, dass es langsam nicht nur ein körperliches Problem ist, sondern auch ein mentales. Herrmann ist ein positiver Typ, kein Grübler, doch eine solch düstere Verletzungsserie nagt unweigerlich auch an der Seele. Wieder warten, wieder kämpfen, wieder hinten anstellen. "Die Leiden des jungen Patrick Herrmann" ist nicht die Überschrift, die sich ein Fußballer mit 25 wünscht.

Mit einem allerdings kennt sich Herrmann bestens aus: Geschwindigkeit. Das ist seine große Qualität auf dem Spielfeld. Allerdings weiß er nun auch, wie rasend schnell es im Fußball von ganz oben nach ganz unten gehen kann. Und wie beschwerlich es ist, wieder hochzukommen. Vor allem, wenn man in einer Leidensschleife gefangen ist. Herrmanns Schicksal ließ auch die Niederlage in Berlin in den Hintergrund rücken. Zugleich passte es dazu. Es setzte dem Abend eine düstere Krone auf.

(kk)
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