Borussia Mönchengladbach Raffaels Rekord und ein guter Kaffee

Augsburg/Mönchengladbach · Raffael hat als vierter Gladbacher ein "Double-Double" geschafft. Havard Nordtveit wandelt ein altes Sprichwort um in "Abwarten und Kaffee trinken" – und irgendwie ist die nahe Zukunft der Borussia so ungewiss wie die des Norwegers.

Borussia Mönchengladbach: Raffael hat zehn Tore und zehn Assists
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Raffael schafft das "Double-Double"

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Raffael hat als vierter Gladbacher ein "Double-Double" geschafft. Havard Nordtveit wandelt ein altes Sprichwort um in "Abwarten und Kaffee trinken" — und irgendwie ist die nahe Zukunft der Borussia so ungewiss wie die des Norwegers.

1. Doppelt zweistellig Früher war der Fußball egoistischer, Torvorlagen werden erst seit 1988 offiziell erfasst, weshalb Raffael am Sonntag nur einen Vereinsrekord unter Vorbehalt aufgestellt hat. Zehn Tore und zehn Assists stehen jetzt auf dem Konto des Brasilianers, beim Basketball würde man von einem "Double-Double" sprechen. So früh in der Saison ist das noch keinem Gladbacher gelungen. Eigentlich verblüffend, dass die DFL noch nie einen Praktikanten ins Archiv eingesperrt hat, um alle Vorlagengeber seit 1963 festzuhalten. Große Gladbacher Namen würden ihm begegnen, viele in Schwarz-Weiß. Seitdem die Bundesliga zumindest im Statistikbereich sozialer geworden ist, hat Raffael erst als vierter Borusse ein "Double-Double" geschafft. Vor ihm wurden Oliver Neuville (10/10, 2005/06), Marco Reus (18/11, 2011/12) und Max Kruse (12/12, 2013/14) doppelt zweistellig.

2. Warten auf den Durchbruch Thorgan Hazard ist weit von einer solchen Bilanz entfernt, hatte in Augsburg aber gleich drei Möglichkeiten, daran zu arbeiten — in den Abstufungen Riesenchance, Großchance und Chance. In seiner 1773 Minuten langen Bundesliga-Karriere ist dem Belgier erst ein Tor gelungen. In 1143 Europa- und DFB-Pokal-Minuten kommt er immerhin auf sechs. Seit seinem Wechsel nach Gladbach rotiert Hazard munter zwischen rechter Außerbahn, linker Außenbahn und dem Zentrum. Am torgefährlichsten ist der Belgier übrigens als Linksaußen, von rechts hat er noch nie getroffen.

3. Im Süden nichts Neues Bei 49 Gegnern ist die Borussia bislang in der Bundesliga angetreten, bei sieben davon hat sie nie gewonnen (Fun Fact: auch nicht bei Tasmania Berlin). Vergangenes Jahr klappte es im siebten Anlauf endlich gegen die TSG Hoffenheim, so dass zuletzt die SG Wattenscheid und der FC Augsburg mit je vier sieglosen Gastspielen den Negativrekord hielten (was für beide widerum sehr positiv ist). Am Sonntag kam beim FCA Nummer fünf dazu. Es könnte also am Bundesland liegen, denn beim 1. FC Nürnberg gewann Gladbach einst im neunten Anlauf zum ersten Mal, beim FC Bayern waren sogar 31 Versuche nötig.

4. Zwischen Amude und München-Giesing Zehn Ausländer standen beim VfL in der Startelf, mehr waren es noch nie in der Bundesliga: drei Schweizer, ein Norweger, ein Däne, ein Schwede, ein US-Amerikaner, ein Brasilianer, ein Guineer, ein Belgier. Einziger Deutscher war übrigens Mo Dahoud, 1996 als Baby mit seinen Eltern aus Syrien geflüchtet. Gut, dass Erika Steinbach sich nicht für Fußball interessiert, um daraus merkwürdige Schlüsse zu ziehen, möchte man da schreiben. Offenbar ist sie aber Frankfurt-Fan:

5. Reflektierter Youngster "Unsere Position ist so wichtig. Wenn wir nicht funktionieren, dann wackelt alles", sagte Dahoud vergangene Woche der "Süddeutschen Zeitung". Richtig gut haben er und Granit Xhaka in Augsburg nicht funktioniert, weshalb der 20-Jährige da etwas sehr Reflektiertes von sich gegeben hat. Nach einer Woche voller Lobeshymnen tauchte Dahoud weitgehend ab, solch eine Delle im Saisonverlauf ist weitaus natürlicher als eine reife Top-Leistung im Derby gegen Köln, mitunter wird das vergessen. Schon am Mittwoch kann es wieder anders aussehen.

6. Abwarten und Kaffee trinken Plötzlich wurde Havard Nordtveit nachdenklich. "Wir sprechen über meine Karriere, das ist nicht nur Fußball. Das muss auch mit der Familie passen und demnach ist es nicht so einfach", antwortete der Norweger auf die Wöchentlich-grüßt-das-Murmeltier-Frage, wie es mit seiner Zukunft aussieht. Ende Juni läuft sein Vertrag in Gladbach aus und Max Eberl wollte eigentlich nicht, dass der Februar ohne eine Entscheidung vorübergeht. "Immerhin dauert er diesmal 29 Tage", verwies der Sportdirektor vor dem Augsburg-Spiel auf einen kleinen Nachdenk-Bonus für Nordtveit. Der will sich jedoch immer noch nicht festlegen und war sich nur sicher, dass der Kaffee, den es bei einem Vier-Augen-Gespäch in Eberls Büro zu trinken gab, sehr gut war.

7. Auswärts zu wenig Ertrag Lange Zeit war Fabian Johnsons reine Anwesenheit ein Erfolgsgarant. Seit er zuverlässig trifft, ist das — je nach Lesart — zumindest auswärts nicht immer förderlich. Vier Tore sind dem US-Amerikaner in den vergangenen fünf Gastspielen gelungen, keines davon gewann die Borussia, aber immerhin konnte Johnson in Hoffenheim (sogar mit einem Doppelpack) und nun in Augsburg einen Punkt sichern — seit dem Erfolg in Berlin Ende Oktober das höchste der Gefühle.

8. So anders als die Anderen 45:40 — die Borussia bleibt beim Torverhältnis in 80er-Jahre-Stimmung und im Vergleich zu den direkten Konkurrenten ein Sonderling. Hertha und Schalke haben 31 Tore erzielt, Mainz und Leverkusen 32. Dafür steht die Hertha aber nur bei 24 Gegentoren, Leverkusen bei 26, Mainz und Schalke jeweils bei 29. Spiele mit Beteiligung der Borussia sind um 45 Prozent torreicher. Ob und wie das mit ihren Erfolgsaussichten korreliert, ist völlig unklar.

9. Was kommt jetzt? Überhaupt passen die Rückrunden-Ergebnisse fast alle nicht ins Bild: Die Niederlage gegen Dortmund war die erste zu Hause unter Schubert. Eine 0:1-Pleite wie gegen Mainz hatte es zuvor nur gegen Köln gegeben. Gegen Bremen gab es den höchsten Heimsieg der Saison, gegen Köln das einzige 1:0, gegen Hamburg ein fast schon normal anmutendes 2:3 und in Augsburg das erste dritte Remis, aber zum ersten Mal ein 2:2. Bei diesem Fetisch fürs Unerwartbare kommen die beiden nächsten Gegner Stuttgart (nur ein Heimsieg in 20 Jahren) und Wolfsburg (nur ein Auswärtssieg in 17 Jahren) wohl ganz gelegen.

10. Als Gladbach Hertha war Auch der 23. Spieltag hat in der Tabelle keine nachhaltigen Erkenntnisse gebracht. Hertha, Schalke, Leverkusen und Gladbach haben seit der Winterpause ähnlich gepunktet, nämlich eher dürftig. Mainz muss so langsam richtig ernst genommen werden, könnte am Mittwoch aber beim FC Bayern gebremst werden. Vor einem Jahr sah die Tabelle übrigens ähnlich aus — mit dem Unterschied, dass Hertha BSC damals Borussia Mönchengladbach hieß.

(jaso)
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