Borussia Mönchengladbach Raffaels großer Tag gegen Schalke

Mönchengladbach · Es gab reichlich Auswahl für den "Spieler des Tages" bei Borussias 4:1 gegen Schalke 04. André Hahn bekam letztlich die Auszeichnung. Der Außenstürmer war einmal mehr der "Dosenöffner" mit seinem Tor zum 1:0.

Schon zum vierten Mal in dieser Saison schaffte der frühere Augsburger den ersten Gladbacher Treffer, zum vierten Mal gab es danach einen Sieg. Hahn erzielte er per Kopf auch das 2:0 in bester Mittelstürmer-Manier. Es waren die ersten beiden Bundesliga-Tore des Blondschopfs für seinen neuen Arbeitgeber.

Doch auch Raffael hätte es verdient gehabt, zum "Man of the Match" erkoren zu werden. Der Brasilianer hatte am Samstag richtig viel Spaß am Spiel — und wenn das so ist, dann hat der Gegner meist ein Problem. Die Schalker kennen das, schließlich spielte Raffael in der Saison 2012/2013 ein halbes Jahr für Königsblau, danach jedoch schnappte sich Gladbach den kleinen Fußballfeingeist. Raffael hatte sich in den ersten fünf Pflichtspielen etwas schwer getan, seine Spielkunst zu entfalten. "Da lief es nicht so gut", gestand Raffael. Sportdirektor Max Eberl wollte dies nicht so stehen lassen. "Ich fand auch, dass er in den ersten Spielen nicht schlecht war. Er hat da halt nicht so viele geniale Momente gehabt, die man von mittlerweile inflationär erwartet. Heute hat man gesehen, dass er bei jeder Aktion dabei war, dass er spielen konnte mit Max Kruse und André Hahn", sagte Eberl.

Gladbach - Schalke: Einzelkritik
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Gegen die Gelsenkirchener war es wie ein Vulkanausbruch, all das, was sich an unausgelebter Energie angestaut hatte, sprudelte aus Raffael heraus. Der 29-Jährige war nicht zu stoppen. "Wir wollten dieses Spiel unbedingt gewinnen", sagte Raffael — und er selbst wollte es auch. Zwei Unentschieden hatte es zuvor in der Bundesliga für Gladbach gegeben, und mit diesem Sieg in der Liga "sind wir auf einem guten Weg", befand Sportdirektor Max Eberl. Borussia ist nach sechs Pflichtspielen noch unbesiegt. Raffael hat geholfen, den Weg zu ebenen. Schon nach 15 Minuten setzte er einen ersten Akzent. Er eroberte den Ball, rannte los und schloss aus 18 Metern selbst ab, da noch ohne Erfolg. In dem Moment war aber klar: Raffael wollte an diesem Tag etwas bewegen. "Ich versuche immer, dem Team zu helfen. Heute hat es gut geklappt", sagte Raffael und lächelte das typische Raffael-Lächeln, das verschmitzt und verlegen zugleich ist.

Raffael ist kein Redner, er ist Fußballer, seine Sprache sind Tore und wundervolle Pässe. Wie der auf Max Kruse, seinen kongenialen Sturmpartner der Vorsaison, der bislang gefehlt hatte. Nun war Kruse zurück und voller Tatendrang. "Wir sind beide spielende Stürmer, das ist gut, denn so sind wir schwer ausrechenbar", sagte Kruse, der ein perfektes Comeback nach der Schaffenspause wegen der Harnleiter-OP feierte mit zwei Vorlagen für André Hahn und dem eigenen Treffer zum 3:1. Vor Kruses Tor hatte Raffael an der Mittellinie zwei Schalker ausgespielt und dann den Kollegen auf die Reise geschickt. Es war einer dieser Raffael-Bälle, die unwiderstehlich sind, die eine Abwehr in ihre Einzelteile zerlegen. Raffael spielt diese Pässe intuitiv, er kennt die Tiefe des offensiven Raumes. "Ich habe Max gesehen und André, aber Max war näher am Tor, darum habe ich den Pass versucht und es hat geklappt", sagte Raffael. Kruse sprintete los und schob den Ball kühl am starken Schalker Torwart Ralf Fährmann vorbei ins Netz.

Trainer Lucien Favre war schier begeistert von diesem Tor, das alles hatte, was der Schweizer mag: schnelles Umschaltspielt, Genialität, Präzision, Effektivität. Das war Offensivfußball favrescher Denkart in Vollendung. Er kennt Raffael, seit dieser 18 Jahre alt ist, er hat aus ihm einst in Zürich den Stürmer gemacht, der zugleich Initiator und Vollstrecker ist, den Favre selbst "Neuneinhalb" nennt. Raffael hätte seinen großen Tag gegen Schalke mit weiteren Toren veredeln können. Achtmal visierte er das Schalker Gehäuse an, so oft wie keiner seiner Kollegen. Jenseits seines Drangs zum Tor war Raffael vor allem wieder das geistige Zentrum des Gladbacher Spiels, so wie er meistens in der vergangenen Saison war, als er 15 Tore schoss und sieben vorbereitete. Offenbar tat ihm Kruse gut. Kruse entlastet Raffael , weil er selbst kreativ tätig ist (wie bei seinem Pass auf Hahn vor dem 1:0), und ihm damit Freiräume beschert. Die nutzte Raffael gegen Schalke ausgiebig.

Kruse krönt seine Leistung mit dem 3:1
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Kruse krönt seine Leistung mit dem 3:1

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Sein Tor zum 4:1 war dann in der 79. der Schlusspunkt eines schönen Fußballabends für die Borussen. Als Lucien Favre ihn nach 83 Minuten auswechselte, war Raffael zunächst nicht begeistert, er hätte wohl gern weitergespielt. Doch dann genoss er den Sonderapplaus der Gladbach-Fans. Er hatte ihn sich verdient. Dass ein Raffael in dieser Form auch ein Thema für die brasilianische Nationalmannschaft ist, ist durchaus denkbar. "Natürlich will jeder Brasilianer für die Selecao pielen, aber ich konzentriere mich erstmal nur auf Gladbach", sagte Raffael.

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