3:1-Sieg Überragender Grifo führt Borussia zum Sieg

Ist bei Borussia Mönchengladbach der Knoten geplatzt? Beim 3:1 gegen die TSG Hoffenheim ließ sich Dieter Heckings Mannschaft auch von einem Rückstand nicht beirren und drehte das Auswärtsspiel nach der Pause.

TSG 1899 Hoffenheim - Borussia Mönchengladbach: Einzelkritik
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Hoffenheim - Borussia: Einzelkritik

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Foto: Dirk Päffgen

Als außergewöhnlicher Rotierer ist Borussias Cheftrainer Dieter Hecking nicht bekannt geworden in seiner nicht eben kurzen Trainerlaufbahn. Von daher war das, was auf dem Aufstellungszettel zum Spiel seines Team bei der TSG 1899 Hoffenheim zu lesen war, durchaus als Überraschung einzuordnen. Drei Spieler waren im Vergleich zum erfolgreichen Pokalspiel in Düsseldorf neu im Team — Jannik Vestergaard, Jonas Hofmann und Startelf-Debütant Vince Grifo, dafür saßen Raffael, Ibo Traoré und Michael Cuisance auf der Bank. Doch auch positionell gab es Neuerungen: Matthias Ginter spielte erstmals als Gladbacher auf der Doppelsechs und Thorgan Hazard, sonst auf dem Flügel unterwegs, rückte für Raffael ins Zentrum.

Das stark umformierte Gladbacher Team siegte 3:1 in der Sinsheimer Arena. Thorgan Hazard erzielte den Ausgleich, nachdem Kerem Demirbay sein Team in Führung gebracht hatte. Matthias Ginter schaffte das 2:1 und Jannik Vestergaard erzielte das 3:1. Mann des Tages in einem sehr unterhaltsamen Bundesligaspiel war aber Grifo. Der Italiener bereitete die Treffer von Hazard und Ginter vor und war bei seinem ersten Einsatz über 90 Minuten an nahezu allen gefährlichen Aktionen beteiligt.

Für Grifo war dieser 28. Oktober ein besonderer Tag. Das erste Mal durfte er nach seinem Wechsel vom SC Freiburg nach Gladbach von Beginn an spielen. Bis Samstag hatte er erst zwei Kurzeinsätze gehabt — in Bremen und gegen Hannover 96, bei dem er indes den siegbringenden Elfmeter herausgerackert hatte. Eben diesen Einsatz und diese Grelligkeit, die Grifo durchaus ein zwei seiner herausragenden Eigenschaften definiert, wollte Hecking sehen. Der Einsatz versüßte dann auch die Rückkehr Grifos zu seinem Ex-Verein, schließlich hatte er für Hoffenheim gespielt, bevor er zu Freiburg wechselte. Neben Grifo waren auch die früheren Hoffenheimer Vestergaard und Hofmann dabei.

Alle drei Herren waren gegen den Ex auch an den ersten beiden Großchancen beteiligt. Zunächst wuchtete Vestergaard den Ball nach einer Ecke des Standard-Spezialisten Grifo mit dem Kopf am Tor vorbei (8.). Zwei Minuten eroberte Hofmann den Ball, spielte Doppelpass mit Grifo und legte quer zu Thorgan Hazard — doch der Belgier, der in Düsseldorf das Siegtor erzielt hatte, traf nicht. Erneut eine Großchance, die Hazard ungenutzt ließ. Doppeltes Pech: Hofmann blieb bei der Aktion im Rasen hängen und verletzte sich am Knie. Er musste raus, für ihn kam Patrick Herrmann.

Borussias dritte dicke Chance hatte Grifo, zuvor zweimal an der Einleitung von Tormöglichkeiten beteiligt, selbst. Sein feiner Drehschuss klatschte aber an den Pfosten. Wieder einmal waren die Gladbacher zu wenig effektiv vor dem Tor. Und wurden bestraft. Denn Demirbays Direktabnahme aus 18 Metern drehte sich am Kopf von Vestergaard vorbei ins Netz — Yann Sommer sah den Ball zu spät. 1:0 für Hoffenheim, das zuvor nach einem Flankenlauf von Nico Schulz durch Mark Uth hätte in Führung gehen können — doch Uth schoss über das Tor. Demirbay machte es dann besser.

Auf der Gegenseite verhinderte dann Oliver Baumann mit einer Großtat den Ausgleich. Es war erneut Grifo, der den Hoffenheimer Torhüter prüfte — mit seiner Spezialität, einem Schnibbel-Freistoß. Der Ball wäre auch im Torwinkel gelandet, doch Baumann glich in dieser Szene Inspector Gadget, seine Arme wurden lang und länger und so fingerte er den Ball an die Latte. Aber dieser Grifo: Der spielte sich den Frust die Warterei aus den Klamotten, der Italiener war sehr gewillt zu zeigen, dass er künftig öfter spielen sollte. Er war auch der Borusse mit den meisten Kilometern nach 45 Minuten.

Allein: Ein Tor fehlte den Borussen, von ihm und von allen anderen. Das Ärgerliche erneut: Chancen gab es reichlich, und zwar richtig gute. Doch das Torschussproblem wird langsam zum Trauma. "Auf geht's Mönchengladbach, schieß ein Tor", forderten die mitgereisten Fans. Verdient wäre es schon zur Pause gewesen, denn die Borussen spielten beim Tabellenvierten mutig mit. Es war daher weit mehr drin als das 0:1 zur Pause. In den zweiten 45 Minuten galt es nun, zu versuchen, den Rückstand zu drehen, dies aber mit Bedacht und nicht zu viel defensiver Offenheit anzugehen. Genau dafür war Ginter ins Team gekommen — um im Zentrum die Ordnung stabil zu halten. Nur hatte Hecking sicher nicht den Plan, dies bei einem Rückstand anzuwenden. Doch wer nicht effektiv ist, darf sich über Rückstände nicht beklagen.

Das Spiel blieb nach dem Seitenwechsel offen. Borussia machte Druck, Hoffenheim hoffte auf Konter. Das Tempo wurde von beiden Seiten etwas gedrosselt, der Zug zum Tor blieb aber bei jeder Offensivaktion sowohl der blauen Hoffenheimer als auch der schwarz-weißen Borussen spürbar. Bei Borussias Angriffsbemühungen entpuppte sich Ginter, der zuletzt im Gespräch mit unserer Redaktion noch gesagt hatte, die offensive Interpretation des Sechserrolle sei sein Ding nicht, als Antreiber aus der Tiefe. Der, der an den gefährlichsten Aktionen beteiligt war, blieb aber Grifo: Seine Ecke köpfte Elvedi platziert aufs Tor, doch Oliver Baumann wehrte erneut stark an.

Und dann das: Grifo brachte den Ball erneut scharf vor das Tor, fand Hazard und dieses Mal war der Belgier eiskalt vor dem Tor: Er schoss die Kugel aus spitzem Winkel per Dropkick ins Netz zum 1:1 (61.). Diese Aktion war weit schwieriger zu verwerten als die zu Beginn des Spiels, aber das interessierte Hazard nicht weiter. Er erzielte sein zweites Tor im zweiten Spiel in Folge und sein drittes in der Bundesliga insgesamt. Wenige Minuten später schoss auch der auf rechts sehr aktive Herrmann erneut ein Tor, doch stand er zuvor abseits. Borussia war nach dem Ausgleich mental im Vorteil.

Yann Sommer parierte vor und nach dem 1:1 jeweils gegen Nadim Amiri und hielt Borussia zunächst im Spiel und dann scheinbar das Remis fest. Derweil machte Hecking mit der Rotation weiter: Fabian Johnson kam und ersetzte Tony Jantschke hinten rechts. Ein Positionswechsel für den Amerikaner, der zuletzt immer vorne links gespielt hatte. Als Rechtsverteidiger hatte er bei bei der WM 2014 im US-Team überzeugt. In der "Ex-Wertung" stand es nun 3:2 für Gladbach, denn bei Hoffenheim standen die früheren Borussen Schulz und Lukas Rupp, der ebenfalls eingewechselt worden war, auf dem Platz.

Die Schlussphase wurde dann zum Schaulaufen der Gäste: Erst ließ Grifo zwei Hoffenheimer aussteigen und schickte Ginter, der den Ball in Mittelstürmer-Manier ins Tor schob. Grinter hatte im Sommer auch mit Hoffenheim verhandelt, ging aber zu Borussia, weil er dort fix Verteidiger spielen wollte. Nun machte er als Sechser ein ganz starkes Spiel und erzielte sein zweites Tor als Gladbacher. Grifo hatte danach einen Krampf, das gesamte Team kümmerte sich um den Kameraden. Letztlich war es Jannik Veestergaard, der das 3:1 schaffte — nach einer Kopfball-Vorlage von Verteidiger-Kollege Nico Elvedi.

Dieses Mal war es Borussia, die nach der Pause aufdrehte und einen Rückstand in einen Sieg verwandelte, das Spiel war nahezu das Gegenteil des 1:5 der Vorwoche gegen Leverkusen. Borussia hat nun 17 Punkte und zieht damit an Hoffenheim vorbei. Vor allem aber war dieser Sieg, bei dem am Ende Reece Oxford sein Bundesliga-Debüt feierte, ein Statement: Borussia ist auswärts richtig stark und kann auch Topteams der Liga besiegen. Und Dieter Hecking kann Rotation. Alle seine Maßahmen saßen. Grifo war der Mann des Tages, doch es war auch der Tag des Trainers.

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