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Fälle in Mönchengladbach und Duisburg Gewalt in Fußballstadien eskaliert

Mönchengladbach/ Duisburg · Ein "Einpeitscher" von Borussia Mönchengladbach hat einen 36-Jährigen im Stadion lebensgefährlich verletzt. In Duisburg gab es eine Massenschlägerei im Fanblock. Das Bundeskriminalamt zählt 4720 Fußball-Gewalttäter aus NRW.

 Das Fahnenmeer in der Nordkurve des Borussia Parks beim DFB-Pokal Achtelfinal-Spiel zwischen Borussia Mönchengladbach und dem SV Werder Bremen am 15. Dezember.

Das Fahnenmeer in der Nordkurve des Borussia Parks beim DFB-Pokal Achtelfinal-Spiel zwischen Borussia Mönchengladbach und dem SV Werder Bremen am 15. Dezember.

Foto: imago

Ausgerechnet ein führender Vertreter der Mönchengladbacher Fanszene soll am Sonntag im Borussia-Stadion vor Anpfiff der Bundesliga-Begegnung Mönchengladbach gegen Darmstadt 98 einen anderen Anhänger des Klubs niedergeschlagen und dabei lebensgefährlich verletzt haben.

Der 29 Jahre alte mutmaßliche Täter ist ein so genannter Einpeitscher, Vorsänger oder Capo. Er steht in der Nordkurve und stimmt die Fangesänge an. Er gilt als einer der Anführer der Ultras und ist damit ein Ansprechpartner für den Verein bei Fragen zum Verhalten der Fans.

Das Opfer, ein 36-Jähriger, der nach der Attacke in der Nordkurve mit einem Rettungshubschrauber in die Uni-Klinik nach Düsseldorf gebracht wurde, schwebte auch Montagnachmittag noch in Lebensgefahr. Nach bisherigen Erkenntnissen waren die beiden Männer aus einem eher nichtigen Grund in einen derart ausufernden Streit geraten: Der 36-Jährige soll den Jüngeren am Zaun in der Nordkurve mit Bier bespritzt haben.

Ob dies absichtlich oder aus Versehen geschah, ist noch nicht klar. Nach Angaben der Polizei schlug der 29-Jährige nicht nur zu. Er soll auch mehrfach auf den Kopf des Kontrahenten eingetreten haben, als der bereits am Boden lag. Unter den Fans gibt es dagegen unterschiedliche Versionen des Tathergangs. Einige berichten, der 36-Jährige habe den Jüngeren zuerst attackiert. Dabei sei er gestürzt und auf den Kopf gefallen.

Auch in Duisburg eskalierte am Wochenende im Stadion die Gewalt. Innerhalb des Fanblocks des MSV lieferten sich "Zebra"-Anhänger untereinander eine Massenschlägerei. Aus Sicherheitsgründen mussten viele Zuschauer die Arena durch Nebenausgänge verlassen. Die Polizei nahm anschließend die Personalien von 83 Personen auf, stellte bislang mindestens eine Strafanzeige.

Nach Angaben der Polizei handelt es sich bei den Schlägern um Mitglieder der "Kohorte", einer linksgerichteten Ultra-Gruppierung. Weitere Strafanzeigen könnten aber noch folgen - vermutlich wegen Landfriedensbruchs, Körperverletzung und Sachbeschädigung. Die Ermittler sind noch damit beschäftigt, die Videos auszuwerten, die die Einsatzbereitschaft der Polizei von der Massenschlägerei gemacht hat.

Von einer neuen Dimension der Gewalt will man bei der Duisburger Polizei noch nicht sprechen. Ein Sprecher räumte aber ein, dass es das erste Mal gewesen sei, dass sich so viele Fans innerhalb des eigenen Fanblocks eine Schlägerei lieferten. "So etwas regeln die sonst außerhalb des Stadions", sagte der Polizeisprecher. Der Grund für die Auseinandersetzung im Fanblock ist offiziell noch nicht bekannt. Szenekundige Polizisten vermuten aber, dass die linke "Kohorte" mit den eher rechtsorientierten Hooligans aneinandergeraten sein muss. Zwischen beiden Lagern gibt es seit Jahren eine Fehde mit bereits zahlreichen gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Innenminister Ralf Jäger (SPD) erklärte erst vor dem vergangenen Spieltag auf Anfrage der Piraten-Fraktion, dass derzeit 4720 gewalttätige Fußball-Anhänger aus NRW in der Datei "Gewalttäter Sport" beim Bundeskriminalamt (BKA) eingetragen sind.*

Besonders im Fokus der Ermittler stehen rund 150 Intensivtäter, die als "höchst gefährlich" eingestuft werden. Die nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden bündeln ihre Ermittlungen in der Hooligan- und Ultraszene in 16 Schwerpunktbehörden. Das Landesamt für Zentrale polizeiliche Dienste in Duisburg, kurz ZIS genannt, koordiniert die Einsätze.

Das Gladbacher Fanprojekt äußerte sich zu dem Vorfall in einer Stellungnahme. Darin heißt es unter anderem: "Das macht uns sehr betroffen, insbesondere, da der Tatverdächtige ein gewähltes Mitglied unseres Vorstandes ist."

*Anmerkung der Redaktion: In der ursprünglichen Version des Artikels war auf Grundlage der Anfrage im Landtag die Rede davon, dass es von 2014 bis Mitte November 2015 insgesamt 4720 neue Eintragungen aus NRW in die Datei "Gewalttäter Sport" gegeben habe. Dabei handelt es sich um einen Irrtum, weshalb von einer "dicker werdenden Gewaltakte" in diesem Fall nicht die Rede sein kann. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

(RP)
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