Drei Siege in 16 Spielen Wann begann Borussias Absturz?

Mönchengladbach · "Where Did It All Go Wrong?", fragt die britische Rockband Oasis in einem ihrer Songs, und das ist genau die Frage, die sich beim Blick auf Borussia Mönchengladbachs Situation stellt: Was ist alles schiefgelaufen und an welchem Punkt begann der Schlamassel?

Borussias Trainer André Schubert.

Borussias Trainer André Schubert.

Foto: dpa, fg nic

War es kurz nach der Halbzeitpause gegen den FC Barcelona, als es für Raffael nicht weiterging, Borussia führte und anschließend noch verlor? War es vier Tage später beim FC Schalke, als André Schubert beim Stand von 0:0 Jannik Vestergaard auswechselte, Lars Stindl brachte, das Spiel sich zugunsten Borussias zu orientieren schien und Schalke zehn Minuten später aus dem Nichts 3:0 führte? Ging es alles erst nach der Länderspielpause Mitte Oktober los, als Gladbach ein absurdes Spiel gegen den Hamburger SV trotz zweier Elfmeter, eines Pfostenschusses, einer Großchance Nico Elvedis und langer Überzahl nicht gewann? Oder war sogar der Sieg bei Celtic Glasgow der endgültige Beginn der Misere, der letzten Endes ein Pflichterfolg war und viele Kräfte kostete?

Zu dieser Phase schwankte Borussia schon, aber es gab Lichtblicke. Gerade in der zweiten Oktoberhälfte fielen die zahlreichen Verletzungen ins Gewicht: Raffael, Thorgan Hazard, Andreas Christensen, Ibrahima Traoré verpassten jeweils mindestens fünf Spiele - die beiden Top-Torjäger der ersten Saisonphase, der Shootingstar der Vorsaison, der zweitbeste Chancen-Kreierer der Liga. Das konnte gegen Glasgow kompensiert werden in der Champions League, im DFB-Pokal gegen den VfB Stuttgart mit dem nüchternen Weiterkommen, so dass es trotz der Ergebniskrise in der Bundesliga vorzeigbare und alles andere als irrelevante Erfolge gab.

Anfang November ging es mit langen Gesichtern in die nächste Länderspielpause. Das 1:1 im Rückspiel gegen Celtic passte aufgrund der leichtfertig vergebenen Führung eher in ein späteres Schema. Drei Tage später folgte bei Hertha BSC einer der dunkelsten Abende der Hinrunde. Patrick Herrmann verletzte sich schwer, Christoph Kramer flog vom Platz, Berlin ging aufgrund haarsträubender Fehler in Führung. "Ein Königreich für Grautöne" hatten diese Zeitung nach der Niederlage auf Schalke noch getitelt, weil Borussia scheinbar nur extreme Höhen und Tiefen kannte. Das 0:3 gegen Hertha war indes tiefschwarz.

In der Länderspielpause sammelte sich Borussia ein wenig. Die Verletzten waren teils vorher schon zurückgekehrt, im Derby gegen den 1. FC Köln standen Raffael, Hazard, Christensen und Traoré wieder in der Startelf. Es wurde ein Spiel, das Gladbach 2:0, 3:0, aber zumindest 2:1 hätte gewinnen müssen. Doch es gab diese Niederlage durch Marcel Risses spätes Freistoßtor, womit die Frage beantwortet war, ob das Derby zu diesem Zeitpunkt eine Chance oder eine Gefahr gewesen sei.

Die Vorfälle drei Tage später gegen Manchester City, als Borussia mit dem 1:1 das Überwintern im Europapokal sicherte, waren schon alarmierend. Aber die Leistungen stimmten nach wie vor. Da das Publikum pfiff, als Schubert in Unterzahl Mo Dahoud auswechselte, setzte Max Eberl zu einer im ruhigen Ton vorgetragenen Wutrede an. Gladbach stellte sich noch vor vier Wochen demonstrativ vor seinen Trainer, und selbst nach dem 1:1 gegen 1899 Hoffenheim hatte Schubert noch so viele Argumente auf seiner Seite, dass eine Wende zum Guten möglich schien. Die ausgewachsene Krise glich in dieser Phase einem Problem mit der "Torschusspanik".

Der Wind drehte sich erst in zwei Partien, von denen vorher behauptet werden durfte, dass Borussia selbst bei Niederlagen kaum verlieren kann. Nach dem 1:4 gegen Borussia Dortmund und dem 0:4 beim FC Barcelona erklang ein "So nicht!" nicht mehr nur aus Fankreisen, auch aus dem Verein waren unzufriedene Stimmen zu vernehmen, die es so vorher nicht gegeben hatte.

Der erste Sieg nach acht Spielen ohne gegen den FSV Mainz sorgte für ein bisschen Ruhe, obwohl die Anti-Spielweise nur mit einer Sondergenehmigung haltbar war. Bis zur Winterpause ließ die sich erteilen - solange die Ergebnisse stimmen. Doch damit war es schon beim FC Augsburg vorbei. Das gleiche Spiel wie gegen Mainz verlor Gladbach diesmal 0:1. Jetzt ist der achte Platz punktemäßig genauso weit entfernt wie der Relegationsplatz - und doch wirkt der Abstiegskampf näher.

(RP)
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