Borussia Mönchengladbach Wie konnte das passieren?

Gelsenkirchen · Nach Borussias 0:4 gegen den FC Schalke wurden viele Fragen gestellt, aber längst nicht alle beantwortet. Sportdirektor Max Eberl wollte trotz der klaren und erneuten Auswärtspleite nicht "überdramatisch" werden – und wurde am Ende philosophisch.

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Nach Borussias 0:4 gegen den FC Schalke wurden viele Fragen gestellt, aber längst nicht alle beantwortet. Sportdirektor Max Eberl wollte trotz der klaren und erneuten Auswärtspleite nicht "überdramatisch" werden — und wurde am Ende philosophisch.

Eine allumfassende, einheitliche Erklärung, wie das passieren konnte, hatten die Borussen nicht parat: 72 Prozent Ballbesitz auswärts, 0:0 zur Pause, drei Gegentore binnen sieben Minuten, 0:4 untergegangen auf Schalke beim letzten Auftritt vor der zweiwöchigen Länderspielpause. Also näherten sie sich den Antworten per Ausschlussverfahren.

Was hat André Schubert sich mit dem Wechsel in der Pause gedacht?

Wenn ein Trainer zur Pause seinen zentralen Abwehrmann rausnimmt und die Mannschaft nach der Pause defensiv in ihre Einzelteile zerfällt, ist es naheliegend, da mal nachzuhaken. Doch es passte zur Absurdität dieses Spiels, dass die Auswechslung Jannik Vestergaards beileibe nicht der Grund für die Niederlage war, sondern in den Minuten nach dem Seitenwechsel eher die Siegchancen zu befördern schien. Bis zum umstrittenen Elfmeterpfiff in der 52. Minute waren Pfiffe eher aus dem immer unruhiger werdenden Publikum gekommen. "Wir hatten kein gutes Aufbauspiel. Das lag nicht an Jannik, auch Andreas Christensen ist nicht gut reingekommen", sagte Trainer André Schubert. "Wir haben den Ball viel zu langsam bewegt. Das ist in der zweiten Halbzeit kurioserweise besser geworden."

Vestergaard hatte zwar 70 Prozent seiner Zweikämpfe gewonnen und den Ball nach einer Ecke beinahe ins Tor geköpft, aber seine Passstatistik untermauerte Schuberts Fehlerdiagnose. Bei 59 von 92 Abspielen (in 45 Minuten!) waren Nico Elvedi, Tony Jantschke oder Yann Sommer das Ziel. Mo Dahoud ließ sich irgendwann von seiner Knapp-hinter-Raffael-Position weit zurückfallen, um wenigstens ein paar Bälle zu bekommen. Christensen und Christoph Kramer dagegen fand Vestergaard nur insgesamt zehnmal, wohlgemerkt die beiden Spieler direkt vor ihm. Man konnte auch sagen, Borussias Aufbauspiel sei gar nicht existent gewesen. Zwar kamen 93 Prozent der Pässe Vestergaards an, von den acht, die er in gegnerische Hälfte spielte, aber nur jeder Zweite. Christensen nach hinten zu ziehen und mit Lars Stindl das Loch zwischen Angriff und Defensive zu füllen, war legitim.

Was hat die Auswärtsmisere mit dem 0:4 zu tun?

Der zweite Erklärungsblock ist bereits metaphysisch, also übernatürlich angehaucht: Lag es schlicht und einfach daran, dass Borussia auswärts spielte? Schließlich steht lediglich ein Sieg in 14 Auswärtsspielen nun zehn Heimsiegen in Folge gegenüber. Im eigenen Stadion holt Gladbach unter Schubert fast dreimal so viele Punkte. Für einen Champions-League-Teilnehmer ist das höchst ungewöhnlich.

"Es hört sich nach einem 0:4 immer blöd an, wenn ich sage, wir hätten es ganz vernünftig gemacht", sagte Kramer, und natürlich war es so, aber mit "ganz vernünftig" lag er eben auch nicht daneben. "Dass so etwas auswärts passiert, ist Zufall", meinte der 25-Jährige. "Hier ist es ja das gleiche Spiel, nur rufen die Zuschauer 'Schalke' statt 'Borussia'." Und zum Thema Ausschlussverfahren: Die Anreise nach Gelsenkirchen gehört zu den kürzesten im Spielplan, die Schalker Arena ähnelt dem Borussia-Park rein architektonisch und der Rasen hat — anders als in Freiburg mit dem abschüssigen und kleinen Spielfeld — Normgröße.

Zu naiv, zu unerfahren?

Noch ist das "Warum?" nicht kleiner geworden. "Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen", sagte Trainer Schubert, der die bereits erwähnten Spielstatistiken in den Vordergrund rückte. "Mehr Zweikämpfe haben wir auch gewonnen, aber Schalke eben die entscheidenden", meinte er. Wenn es um die Auswärtsmisere ging, hat Schubert schon mehrmals auf das Alter seines Teams verwiesen, und auf eine höhere Fehleranfälligkeit in jungen Jahren auf fremdem Platz. Dazu passte Tony Jantschkes Vorwurf, Borussia sei "sehr naiv" gewesen. Auch Kramer fand, die Mannschaft habe nach dem 0:1 zu schnell zu viel gewollt. Immerhin spielte mit einem Schnitt von 24,8 Jahren das jüngste Gladbacher Team in dieser Saison, drei Spieler waren erst 20.

Die Trikots? Der Monat? Der Ball?

Dann doch metaphysische Erklärungen? Wenn Gladbach die Heimtrikots mit schwarzen Auswärtshosen kombinieren muss, geht das selten gut. Schalkes Königsblau mit weißen Hosen fordert meistens diese Farben von Borussia. Dafür ist der Oktober lange der Lieblingsmonat gewesen. Seit einem 0:1 gegen Hertha im Jahr 2013 war Gladbach in 13 Oktober-Spielen ungeschlagen geblieben, hatte sogar neun davon gewonnen, zwei gegen S04.

"Das Momentum war auf Schalker Seite. Im Fußball ist nicht immer alles erklärbar", sagte Sportdirektor Max Eberl und beendete zumindest die externe Fehleranalyse bei Borussia auf banale Weise: "Wir sollten nicht überdramatisch werden und sagen, wir hätten sang- und klanglos verloren. Der Ball war heute ein Schalker Freund." Für die generelle Auswärtsschwäche kann der allerdings nicht verantwortlich sein. In der Bundesliga wird überall mit dem Modell "Torfabrik" gespielt.

(jaso)
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