Verletztenmisere in Gladbach Nur acht Borussen waren immer spielfit

Mönchengladbach · Pro Spiel hat Borussia in dieser Saison noch mehr Verletzte zu beklagen als im harten Vorjahr. Dass sich die Situation in einigen Punkten verbessert habe, wie Max Eberl und Dieter Hecking betonten, hält einem Faktencheck nicht stand.

Matthias Ginter und Denis Zakaria freuen sich über das zwischenzeitliche 1:0 gegen Bremen. Beide haben - genau wie Lars Stindl im Hintergrund - noch kein Spiel verletzungsbedingt verpasst.

Matthias Ginter und Denis Zakaria freuen sich über das zwischenzeitliche 1:0 gegen Bremen. Beide haben - genau wie Lars Stindl im Hintergrund - noch kein Spiel verletzungsbedingt verpasst.

Foto: Jana Bauch, imago

Als Fabian Johnson zum letzten Mal auf dem Platz stand, war er noch 29 Jahre alt, wir schrieben das Jahr 2017 und Borussia war Vierter in der Bundesliga. Am Mittwoch feierte er nach drei Monaten Pause sein Trainingscomeback - als 30-Jähriger, am 7. März 2018 und beim Tabellenachten. Ganz schön lange war Johnson weg, mehr als drei Monate haben Rückenprobleme den US-Amerikaner außer Gefecht gesetzt. "Ich werde sicher noch die eine oder andere Extraschicht absolvieren müssen - und dann muss man einfach abwarten, wie schnell es geht", sagte er. Den traurigen fünften Platz in der Rangliste mit den meisten verpassten Spielen dürfte Johnson also bis zum Saisonende behalten. Am Samstag gegen Bayer Leverkusen wird er zum 14. Mal fehlen.

Neben Johnson gab es am MIttwoch im Mannschaftstraining einen Rückkehrer ganz anderer Natur. Nur einen Tag hatte Denis Zakaria krankheitsbedingt ausgesetzt, für Leverkusen gab er grünes Licht. Vor kurzem bei Hannover 96 musste er ausgewechselt werden, weil er stark blutete. Ansonsten verdient sich der Schweizer für Gladbacher Verhältnisse das Prädikat "unverwundbar". Als einer von acht Profis war er in dieser Saison immer spielbereit. Neben Zakaria sind das die Ersatztorhüter Tobias Sippel und Moritz Nicolas sowie Matthias Ginter, Jannik Vestergaard, Nico Elvedi, Thorgan Hazard und Lars Stindl.

Das Verletzungspech hat Borussia noch mehr im Griff als in den vergangenen beiden Spielzeiten. Längst wird - intern wie extern - diskutiert, wie viel Pech wirklich dabei ist und welche Blessuren möglicherweise zu verhindern gewesen wären. "Wir sind in der Analyse weit fortgeschritten", sagte Trainer Dieter Hecking am Dienstag. "Wir sind nicht so aufgestellt, wie es sein sollte. Wir werden strukturelle Dinge anpacken."

Nach 28 Pflichtspielen kommt der Kader auf insgesamt 206 Ausfälle, macht im Schnitt 7,4 pro Spiel. Vergangene Saison lag der Schnitt bei 6,1 und davor bei 4,6. Zuvor, in der Ära Lucien Favre, hatte Borussia so wenige Verletzte zu beklagen wie nur wenige Mannschaften in der Bundesliga. Der Trend ist also, mit Verlaub, erschreckend.

Rückblickend war die Lage beim Erstrunden-Pokalspiel gegen Rot-Weiss Essen im August geradezu luxuriös. Es fehlten in Reece Oxford, Mamadou Doucouré, Tobias Strobl, Josip Drmic und Tony Jantschke zwar fünf Spieler, doch weniger wurden es bis heute nie. In der Mitte der Hinrunde ging die Zahl der Verletzten hoch bis auf neun, um sich in Gladbachs bester Phase der Saison tatsächlich ein wenig zu erholen. Gegen den FC Bayern fehlten nur fünf Spieler - doch schon in der ersten Hälfte zogen sich Christoph Kramer und Tony Jantschke Kopfverletzungen zu. Dass nur sechs Ausfälle beim Rückrundenstart gegen den 1. FC Köln Besserung verhießen, hat sich als Trugschluss erwiesen. Vor knapp zwei Wochen gegen Hannover standen zehn Spieler auf der Verletztenliste - Negativrekord in dieser Saison. Bei derzeit acht dürfte es bis zur Länderspielpause bleiben.

Denen, die gehofft hatten, dass mit der Verpflichtung Andreas Schlumbergers automatisch alles besser werde, hatte Sportdirektor Max Eberl schon im September klargemacht, dass der Sportwissenschaftler kein Wunderheiler sei. Sonst "wäre er mit den 222 Millionen, die Neymar gekostet hat, nicht zu bezahlen", sagte Eberl unserer Redaktion. Dennoch drückte er zuletzt noch einmal sein großes Vertrauen in Schlumberger aus: "Ein absoluter Fachmann, ein großartiger Mensch, der nicht umsonst schon für Vereine wie Dortmund und Bayern gearbeitet hat."

Eberl und Hecking haben bei entsprechenden Nachfragen mehrmals darauf hingewiesen, dass sich einiges schon gebessert habe: Weniger Muskelverletzungen seien zu beklagen und mehr Blessuren seien "Spielschäden", wie Eberl es nannte. Je nach Zählweise sind pro Spiel tatsächlich ein paar mehr Unfälle zu beklagen. Tobias Strobl (Kreuzband- und Meniskusriss) und Laszlo Bénes (Mittelfußbruch) zogen sich jeweils in Testspielen schwere Verletzungen zu. Bei den Muskelverletzungen gilt es, zu differenzieren: Der prozentuale Anteil an allen Verletzungen ist gesunken, aber es fallen wie in der Vorsaison pro Spiel etwa drei Profis aufgrund solcher Blessuren aus. Und: Borussia hat diesmal keine Dreifachbelastung.

Borussia Mönchengladbach: Ibrahima Traoré trainiert individuell
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Traoré trainiert individuell

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Glück im Unglück hat Hecking, dass seine "Achse" bis auf Raffael (aktuell) und Kramer (in der Hinrunde) bislang verschont geblieben ist. Deshalb beklagt der Trainer auch eher die leidende Trainingsqualität als Probleme bei der Zusammenstellung seiner Startelf.

(jaso)
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