Borussia Mönchengladbach Borussias "Ja, aber"-Saison

Krefeld · Jeder ohne Tunnelblick dürfte sich schwer tun, Gladbachs Spielzeit bisher ein eindeutiges Urteil zu verleihen. Zuweilen erscheint das Glas halb voll, dann wieder halb leer. Vieles lässt sich relativieren - im Positiven, wie im Negativen.

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Foto: Dirk Päffgen

Ja, es ist eine außergewöhnliche Leistung, wenn ein Team, das nach fünf Spieltagen keinen Punkt auf dem Konto hatte, nach 27 Spielen im Rennen um die Champions-League-Plätze mitmischt. Es handelt sich immerhin um den schlechtesten Bundesligaauftakt der Vereinshistorie. Und von den sieben Klubs, die zuvor mit mindestens fünf Pleiten losgelegt hatten, befielen alle danach, weiß Gott, andere Sorgen, als sich Hoffnungen auf den Europapokal zu machen. Also ist Borussia schon jetzt eine einzigartige Reparatur dieses Saisonstarts gelungen.

Ja, es ist auch eine außergewöhnliche Leistung, sich mit begeisterndem Offensivfußball derart in der Tabelle hochgearbeitet zu haben, wenn man das Verletzungspech hinzuzieht. In Martin Stranzl, Patrick Herrmann, Tony Jantschke, Alvaro Dominguez und André Hahn fielen Leistungsträger monatelang aus, in Nico Schulz fehlt ein ambitionierte Neuzugang quasi die gesamte Saison. Mit einem so dezimierten und im Umbruch befindlichen Kader weite Teile der Saison so erfolgreich zu bestreiten und sich parallel in der Champions League zumindest beachtlich aus der Affäre zu ziehen, verlangt Respekt ab.

Ja, es ist für Borussia erneut schlichtweg eine außergewöhnliche Leistung, um die Startplätze in der Königsklasse zu kämpfen, denn allein angesichts der finanziellen Mittel der Konkurrenz aus München, Dortmund, Schalke, Wolfsburg und Leverkusen sind die Top Vier jedes Jahr vom Papier her erstmal realistisch unrealistisch für Borussia.

Doch es gibt in der bisherigen Runde eben kein "Ja" ohne "Aber", und deswegen gilt unbedingt:

Aber es lässt sich eben auch nicht wegdiskutieren, dass Borussia aktuell klar hinter ihren Möglichkeiten bleibt. Angesichts der nachgewiesenen Qualität im Kader, die sich eben vor der in Leverkusen oder Schalke, ja selbst vor der in Wolfsburg längst nicht mehr verstecken muss, ist die aktuelle Ausbeute zu gering. Langwierige Defensivschwäche, Rang 14 in der Auswärtstabelle, verlässliche Niederlagen gegen die direkten Konkurrenten um die internationalen Plätze - all das sind Patzer, die Borussia um die Königsklasse bangen lässt, statt aus einer komfortableren Situation heraus um sie kämpfen zu können.

Denn eines steht eben auch fest: Bislang hat Borussia ärgerlich wenig Kapital aus einer Saison schlagen können, in der außer den Bayern und dem BVB alle anderen finanziell Potenten gleichzeitig schwächeln. 2014/15 profitierte Gladbach von der miserablen Hinserie des BVB, aber diesmal könnte man sogar von allwöchentlich durchschnittlichen Auftritten einer Wolfsburger Elf, von blassen Schalkern und wankelmütigen Leverkusenern profitieren. Eine solch kombinierte Vorlage bietet wahrlich nicht jede Spielzeit. Hertha nutzt sie derzeit, Borussia nicht. Noch nicht? Oder letztlich gar nicht?

Wenn am Ende der Saison erneut eine Europapokalteilnahme herausspringt, wird die Spielzeit per Diktion ein Erfolg sein. Aber die Konfrontation mit gestiegenen Erwartungen wird genauso erst einmal ein treuer Begleiter der Borussen bleiben. Es dürfte also noch weitere "Ja, aber"-Jahre geben.

(RP)
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