Borussia Mönchengladbach "Ich bin immer noch derselbe Kramer"

Mönchengladbach · Nach dem WM-Titel mit Deutschland beginnt für den Mönchengladbacher Christoph Kramer wieder der Alltag im Verein. Im Interview spricht der 23-Jährige über die Erinnerungslücke im Finale in Rio und wie sich das Leben als Weltmeister verändert.

Kramer steigt wieder ins Training ein
50 Bilder

Kramer steigt wieder ins Training ein

50 Bilder

Herr Kramer, jetzt sind Sie als Weltmeister nach Mönchengladbach zurückgekehrt. Welche Änderungen bringt der neue Status mit sich?

Favre bastelt im Training an seiner Mannschaft
71 Bilder

Favre bastelt im Training an seiner Mannschaft

71 Bilder

Christoph Kramer (lacht) Zunächst einmal warten hier 25 Journalisten auf mich und nicht nur zwei. Nein, Spaß beiseite, es hat sich natürlich enorm viel verändert — vor allem von der ganzen Wahrnehmung meiner Person her. So richtig realisiert habe ich das alles zwar immer noch nicht, aber ich hoffe, dass es bald mal passiert.

Sie haben gesagt, Sie konnten sich wegen der Kopfverletzung aus dem WM-Finale an Teile der Partie gar nicht erinnern. Haben Sie die Erinnerungen mittlerweile auffrischen können?

Kramer trägt sich ins Goldene Buch der Stadt ein
6 Bilder

Kramer trägt sich ins Goldene Buch der Stadt ein

6 Bilder

Kramer Ich habe natürlich an die WM als Ganzes unheimlich viele Erinnerungen, aber die 15, 20 Minuten im Finale nach dem Zusammenprall und bis zu dem Moment, in dem ich in der Kabine wieder zu mir gekommen bin, die fehlen mir tatsächlich. Das ist aber halb so wild.

Was bleibt bei Ihnen als schönstes Erlebnis aus den Wochen in Brasilien hängen?

Kramer Als wir vor dem Finale ins Stadion eingelaufen sind, am WM-Pokal vorbei, und als danach die Hymne gespielt wurde, das würde ich im Nachhinein als schönsten Moment bezeichnen. Natürlich war es auch nicht schlecht, hinterher den Pokal in Händen halten zu dürfen.

Sie führen ein kleines Buch, in dem Sie zu jedem Spiel etwas hereinschreiben. Steht dort die WM schon drin?

Kramer Nein, ich habe im Urlaub nichts geschrieben. Ich muss aus der Bundesliga noch Spiele nachtragen, ich muss mein erstes Länderspiel nachtragen und auch die komplette Weltmeisterschaft.

Welche sportlichen Ziele steckt man sich, wenn man Weltmeister geworden ist?

Kramer Also, ich kann ja nun nicht ernsthaft davon sprechen, dass es ursprünglich mal mein Ziel war, Weltmeister zu werden. Jetzt bin ich es geworden, und natürlich ist es schwer, jetzt schon von den nächsten Zielen zu sprechen. Ich freue mich einfach auf die Saison. Ich habe noch nie auf Vereinsebene international gespielt. Das wird eine neue Erfahrung.

Weltmeister bleibt man sein Leben lang. Glauben Sie, dass nach dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Mönchengladbach am Dienstag das Thema nun auch mal wieder ein bisschen abflacht?

Kramer Ich weiß nicht, ob dann damit Schluss ist, weil man ja doch immer wieder mit der Geschichte konfrontiert wird, aber zumindest der offizielle Nachgang dürfte dann beendet sein.

Sie wollten bis zum 5. August durchfeiern. Haben Sie das durchgehalten?

Kramer Ja, das habe ich mehr oder weniger auch gemacht. Ich war mit meiner Freundin auf einem Schiff vor Mallorca. Da haben wir es uns gutgehen lassen und auch die ein oder andere Party mitgenommen. Aber jetzt hat mich der Bundesligaalltag wieder, und darauf freue mich auch.

Was erwarten Sie persönlich für eine Saison?

Kramer Naja, ich bin immer noch derselbe Mensch, derselbe Fußballer, ich spiele immer noch in derselben Mannschaft. Ich freue mich riesig auf die Saison mit den Jungs, ich bin total happy, dass wir in der Europa League spielen und hoffe, dass wir so erfolgreich wie möglich starten.

In den vergangenen Wochen wurde viel über Sie geschrieben. Wie haben Sie dieses internationale Interesse an Ihrer Person wahrgenommen?

Kramer So etwas ehrt einen natürlich. Ich lese mir solche Berichte über Angebote auch immer gerne durch, aber ich spiele bei Borussia, ich bin ausgeliehen von Leverkusen, an der Situation hat sich also nichts geändert.

Vor Ihrer ersten Saison in Gladbach hatten Sie sich einen Stammplatz erarbeiten können, weil Teamkollege Havard Nordtveit erst später in die Vorbereitung einstieg. Nun sind Sie derjenige, der später einsteigt. Droht Ihnen folglich nun zunächst die Bank?

kramer Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Im Endeffekt entscheidet eh der Trainer, wer spielt. Ich werde jetzt erst bestimmt einmal eine Woche brauchen, um wieder richtig reinzukommen und da ganz bestimmt keinen falschen Ehrgeiz zeigen und Verletzungen riskieren. Diese eine Woche gebe ich mir auch, ich habe ja in der kurzen Pause auch nicht viel Substanz verloren.

Zu Beginn der vergangenen Saison hat niemand etwas von Ihnen erwartet, nun wird umso mehr von Ihnen erwartet.

Kramer So ist das halt. Da kann ich mich ja nicht gegen wehren. Dann probiere ich eben, diese Erwartungen zu erfüllen.

Werden die Gegenspieler Ihnen nun anders begegnen?

Kramer Nein, das ist doch Quatsch. Niemand wird mich jetzt in Manndeckung nehmen. Ich bin doch kein Ribéry und kein Neymar, die über individuelle Klasse kommen und auf die man ganz besonders aufpassen muss.

STEFAN KLÜTTERMANN FASSTE DAS GESPRÄCH ZUSAMMEN.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort