Borussia Mönchengladbach Darum kann Drmic gegen Borussia spielen

Mönchengladbach · Als Leihspieler gegen den verleihenden Klub zu spielen – in England undenkbar, in der Bundesliga Praxis. Eine Bestandsaufnahme.

Josip Drmic ist von Borussia Mönchengladbbach an den Hamburger SV ausgeliehen und darf am Sonntag gegen seinen eigentlichen Arbeitgeber antreten.

Josip Drmic ist von Borussia Mönchengladbbach an den Hamburger SV ausgeliehen und darf am Sonntag gegen seinen eigentlichen Arbeitgeber antreten.

Foto: dpa, chc lof

Als Leihspieler gegen den verleihenden Klub zu spielen — in England undenkbar, in der Bundesliga Praxis. Eine Bestandsaufnahme.

Für Verantwortliche und Fans von Borussia wäre es kein gern gesehenes Szenario für den Sonntag: Josip Drmic beendet seine Torflaute und trifft für den HSV gegen Gladbach - also für den Klub, an den er von Februar bis Ende Juni ausgeliehen ist, gegen den Verein, der bis Februar sein Arbeitgeber war und ab Juli wieder ist. Als Leihspieler gegen den verleihenden Klub zu spielen - in der Bundesliga ist das völlig normal, in England dagegen undenkbar. Doch warum wird ein und dasselbe Transfermodell in zwei europäischen Ligen so unterschiedlich gehandhabt?

In England (wie auch in Spanien) gibt es ein unangetastetes Übereinkommen der Vereine, Leihspieler nicht gegen den abgebenden Verein einzusetzen. Das Ganze hat sich über die Jahre als "gängige Praxis" etabliert, wie Raphael Honigstein, Premier-League-Korrespondent der "Süddeutschen Zeitung", sagt. Bei den aufgeblähten Kadern der englischen Klubs mit bis zu 30 Spielern ist die Ausleihe innerhalb der Premier League dann auch ein viel häufiger praktizierter Transfer als innerhalb der Bundesliga. Wie sehr die Regelung auf der Insel verinnerlicht ist, zeigte im April 2014 der öffentliche Wirbel, der um die Frage entstand, ob der vom FC Chelsea an Atletico Madrid ausgeliehene Torhüter Thibaut Courtois im Champions-League-Halbfinale gegen Chelsea spielen dürfe. Er durfte, weil die Uefa feststellte: Man habe "klare Vorschriften, die jedem Verein verbieten, Einfluss auf Spieler oder andere Vereine auszuüben".

Als Sami Hyypiä, in zehn Jahren Liverpool-sozialisiert, 2014 Trainer Trainer von Bayer Leverkusen war, sagte er zur Ausleih-Regelung in England: "Ich finde es eine gute Regel", und dass er es nicht versteht, warum es eine solche Übereinkunft in Deutschland nicht gebe. Fakt ist: Es gibt diese Praxis nicht, weil sie sich eben über die Jahre nicht etabliert hat. Das musste auch Leverkusens Manager Jonas Boldt (34) in seinen ersten Jahren lernen. "Ich habe mal die Überlegung angeführt, die Regelung aus England hier in einen Leihvertrag zu integrieren, aber es ist in Deutschland einfach nicht durchführbar", sagt Boldt. Weder Spieler noch Berater noch aufnehmende Vereine wollen in einem Leihgeschäft eine Barriere in Form eine "Sperre" für die Spiele gegen den abgebenden Verein verankert sehen. Außerdem dürfte hier auch das Selbstverständnis der Vereine eine Rolle spielen, keine Angst vor jemandem haben zu wollen/müssen, den man ja ausgeliehen hat, weil er in den eigenen Reihen nicht zum Zug kam.

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So durfte Christoph Kramer in seinen zwei Jahren als Leih-Borusse gegen seinen Stammverein Bayer 04 ran, so darf eben auch Drmic am Sonntag für den HSV gegen Gladbach spielen. "Eine entsprechende Klausel gibt es nicht - und ich halte auch nichts davon. Der HSV holt Josip, damit er helfen kann. Warum sollte er das gegen uns nicht versuchen dürfen?", sagte Sportdirektor Max Eberl in der Vorwoche.

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Dass Drmic in den kommenden 90 Minuten besonders motiviert sein könnte, sehen sie in Gladbach entspannt. So sahen sie es schon, als Borussia mit Drmic im Dezember bei Drmics Ex-Klub Leverkusen auflief. "Jede Woche trifft irgendein Spieler auf einen Ex-Verein, und dann müssten wir ständig vorher schauen, wer hat denn mal wo gespielt. So wie ich Josip kennengelernt habe, hat er immer 100 Prozent gegeben, und mehr als 100 Prozent kann man ja nicht geben", sagte André Schubert damals. Und das dürfte weiter Gültigkeit besitzen.

(klü)
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