Interview Rolf Königs Und Stephan Schippers "Das Stadion war überlebenswichtig für uns"

Mönchengladbach · Borussias Präsident und der Geschäftsführer sprechen über zehn Jahre Borussia-Park. Königs kündigt an, dass er über 2015 hinaus weitermachen will.

 Der Borussia-Park (links) ist seit zehn Jahren Borussias Heimat. Zuvor schrieben die Gladbacher im Bökelbergstadion Fußballgeschichte. Das alte Stadion war aber nicht mehr zeitgemäß.

Der Borussia-Park (links) ist seit zehn Jahren Borussias Heimat. Zuvor schrieben die Gladbacher im Bökelbergstadion Fußballgeschichte. Das alte Stadion war aber nicht mehr zeitgemäß.

Foto: Ulrich Zillmann/ Detlef Ilgner

Herr Königs, vor zehn Jahren ist Borussia in den Borussia-Park umgezogen. Wo wäre der Klub heute ohne das neue Stadion?

 Rolf Königs ist seit zehn Jahren Borussias Präsident.

Rolf Königs ist seit zehn Jahren Borussias Präsident.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Königs Das Stadion war überlebenswichtig für uns. Wir wären heute ohne den Borussia-Park in einer ganz anderen Liga. Jeder kennt den Mythos, der sich um den alten Bökelberg rankte, doch das Stadion war nicht mehr zeitgemäß. Wir mussten Borussias Zukunft gestalten und schnell handeln, um die Möglichkeiten zu verbessern. Wir wussten, dass wir ein neues Stadion brauchen, wenn wir weiter in der Bundesliga mithalten wollen. Natürlich wären wir gern Spielort bei der WM 2006 gewesen. Wir sind mit unserem Modell nach Frankfurt zum DFB gefahren und haben es vorgestellt. Vielleicht konnten sie sich dort nicht vorstellen, dass wir das tatsächlich umsetzen. Sie kannten uns ja noch nicht. Aber wir haben uns nicht irritieren lassen und das Stadion gebaut.

 Stephan Schippers ist seit 15 Jahren Geschäftsführer.

Stephan Schippers ist seit 15 Jahren Geschäftsführer.

Foto: Ilgner

Herr Schippers, wie hat sich seither die wirtschaftliche Situation verändert?

Schippers Vor 15 Jahren lag der Umsatz bei rund 18 Millionen Euro, heute sind es an die 100 Millionen. Durch das Stadion haben wir natürlich ganz andere Möglichkeiten der Vermarkung. Heute ist allein der Umsatz im Sponsoring größer als damals der Gesamtumsatz..

Wenn Sie auf zehn Jahre Borussia-Park zurückschauen: Gibt es etwas, das Sie heute anders machen würden?

Königs Nein. Wir haben ein tolles Stadion in Rekordzeit für vergleichsweise wenig Geld gebaut. Wir haben 68,1 Millionen Euro investiert, und das Preis-Leistungsverhältnis ist optimal. Wir haben ein reines Fußballstadion mit Multifunktionalität — unsere Formel ist aufgegangen. SCHIPPERS Es gibt immer Kleinigkeiten nachzubessern, aber im Großen und Ganzen würden wir wieder so bauen. Ein großer Vorteil dieses Stadions sind die vergleichsweise niedrigen Betriebskosten. Die sind auf einem Niveau, um das uns andere Standorte beneiden. Für uns ist und bleibt das Stadion ein Mittel zum Zweck: Wir sind ein Fußballverein. KÖNIGS Das Stadion ist uns gut gelungen — aber wir sind ständig dabei, es weiterzuentwickeln.

Gibt es Möglichkeiten, es auszubauen für mehr Zuschauer?

Königs Ich glaube, wir haben es sehr gut geplant. Viele haben den Kopf geschüttelt, als wir den Borussia-Park für eine Kapazität von 54 000 Besuchern für ein normales Bundesligaspiel geplant haben. Jetzt sehen wir, dass es passt. Die letzten vier Heimspiele dieser Saison sind ausverkauft, wir werden für Borussia wieder einen Zuschauerrekord aufstellen in dieser Saison.

Die Logen sind ausgebucht, durch die Auslagerung des Fanshops wurde der Businessbereich noch mal erweitert um 300 Plätze. Gibt es da noch Kapazitäten?

Schippers Wir planen ja gerade gegenüber dem Stadion den Bau eines weiteren Gebäudes. Wenn beispielsweise unser Rehazentrum Medicoreha dorthin umzieht, gibt es Möglichkeiten, den Businessbereich zu erweitern. Wir haben in den vergangenen Jahren das Stadion kontinuierlich in allen Bereichen weiterentwickelt. Pro Jahr haben wir einen siebenstelligen Betrag investiert, auch in die kleinen Dinge. Unter anderem haben wir den Medienbereich immer wieder verbessert.

Am 30. Juli 2004 gab es einen Fanmarsch vom Bökelberg zum Stadion. Damals sollte der Mythos "umziehen". Hat das Relegationsspiel gegen Bochum mit dem Tor von Igor de Camargo 2011 den Mythos nicht erst richtig aufleben lassen?

Königs Wir haben uns während des Stadionbaus lange darüber unterhalten, wie wir den Mythos in den Borussia-Park transportieren. Der Umzug der Fans war phänomenal, ich bin selbst mitgelaufen. SCHIPPERS Natürlich ist das Relegationsspiel gegen Bochum ein Baustein des neuen Mythos. Jeder, der dabei war, wird dieses Spiel nie vergessen. Das gilt allerdings auch für die Choreographie beim Champions-League-Spiel gegen Kiew. Ich denke, für die Fans war es wichtig, dass wir sie von Anfang an in die Planung des Stadions einbezogen haben, indem wir damals gemeinsam mit dem Fanprojekt den Arbeitskreis Stadion gebildet haben. KÖNIGS Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Unsere Fans haben das Stadion nicht nur akzeptiert — sie haben es mitgestaltet.

Nach wie vor ist der Stadionname nicht vermarktet ...

Königs Dabei wird es auch bleiben. Wir werden den Namen nicht ändern. Es ist ein sehr sensibles Thema, dann es ist nicht einfach nur ein Stadion, es ist unsere Heimat. Auch die Nordkurve wird nicht vermarktet. Das haben wir den Fans versprochen, und wir halten unser Wort.

Welche Erweiterungen sind noch geplant?

Königs Zunächst einmal muss man sagen, dass unser Stadion den gesamten Nordpark belebt hat. Denken Sie an den Neubau der Santander-Bank. Bei uns geht es natürlich weiter. Wir haben zunächst für den Bereich Sport ausgebaut, es gibt neue Trainingsplätze und das kleine Jugendstadion. Das Jugendhaus ist im Bau. Es wird ein Multifunktionshaus gebaut. Das ist auch für unsere Fans. Das Museum wird darin sein, der große Fanshop und ein sportärztliches Zentrum.

Was ist mit dem Hotel?

Schippers Es geht immer darum, neue Einnahmemöglichkeiten zu generieren — dazu gehört das Hotel. Wir haben Mitte letzten Jahres mit der Lindner-Gruppe einen Letter of Intent für den Betrieb des Hotels unterzeichnet und sind, was den Bau angeht, inzwischen auf einem guten Weg. Mitte dieses Jahres werden wir entscheiden, ob wir bauen werden oder nicht. Entscheidend ist, dass wir das Geld, das wir generieren, in die Abteilung Sport stecken.

Am 7. April ist die Jahreshauptversammlung im Borussia-Park. Wie fällt die Bilanz für das vergangene Jahr aus?

Schippers Man darf nicht vergessen, dass es 2013 keine Sonderposten wie große Transfereinnahmen oder Europapokalspiele gab. Aber wir werden wieder schwarze Zahlen schreiben. Das ist eine gute Bilanz.

Wie viel darf Sportdirektor Max Eberl im Sommer investieren?

Schippers Wir reden nicht über Summen. Wir haben bereits zwei Spieler verpflichtet: Torwart Yann Sommer aus Basel und Fabian Johnson aus Hoffenheim. Das wird sicher noch nicht alles sein. KÖNIGS Es gibt natürlich klare Vorgaben, was zur Verfügung steht. Es gibt ein Konzept, das Max Eberl mit Trainer Lucien Favre erarbeitet hat. Das ist stimmig und wir arbeiten daran, es umzusetzen. Natürlich im Rahmen unserer Möglichkeiten. Allerdings ist schon klar, dass wir den Anteil der Nachwuchsspieler in unserem Kader vergrößern werden.

Der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte, Luuk de Jong, der für zwölf Millionen Euro kam, ist schon wieder weg. War das ein Fehleinkauf?

Schippers Sehen Sie das so? Ich schaue mir die Zahlen an. De Jong hat in der Saison, in der wir Achter geworden sind, einige Tore zu wichtigen 1:0-Siegen erzielt. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn es noch besser funktioniert hätte. Aber man muss so einen Transfer im Gesamtzusammenhang sehen — und der ist nicht so schlecht, wie er gemacht wird.

Wie wichtig wäre es, dass sich das Team für den Europapokal qualifiziert?

Königs Wir wünschen uns das alle, natürlich. Wir hatten tolle Erlebnisse in Europa, die sind unvergessen. Aber wir haben gesagt, dass wir einen einstelligen Tabellenplatz wollen. Wenn es gut läuft, kann das ein Europapokalplatz sein. Wenn wir das schaffen, nehmen wir es gerne mit. SCHIPPERS Wir sind, Stand jetzt, im dritten Jahr hintereinander einstellig. Das ist gut. Wir alle wissen, dass Fußball nicht hundertprozentig planbar ist. Aber wir machen unsere Ziele nicht abhängig von Phasen einer Saison, wie zuletzt den neun Spielen ohne Sieg. Das wäre populistisch. Wir werden unseren Kader so planen, dass wir im Europapokal mithalten können, wenn wir dabei sind — aber auch so, dass uns die Kosten nicht erdrücken, wenn wir es nicht schaffen.

Sie haben trotz der langen Sieglosigkeit den Vertrag mit Lucien Favre verlängert — um ein Zeichen zu setzen?

SCHIPPERS Wie gesagt, wir machen unsere Entscheidungen nicht von Phasen einer Saison abhängig. Lucien Favre passt zu uns, wir passen zu Lucien Favre. Er ist der richtige Trainer, um das Team zu entwickeln. Wir sind uns alle einig: Er ist der richtige Trainer für unseren Weg. KÖNIGS Es ist unsere Devise, langfristig zu planen. Dazu gehört auch der Trainer. Lucien Favre hat gemerkt, dass wir ihm vertrauen. Und wir wissen, dass er der optimale Trainer für uns ist.

Gibt es einen sportlichen Fünf-Jahres-Plan?

Schippers Es ist wichtig, dass die Entwicklung der Mannschaft weitergeht. Man darf das nicht in Tabellenplätzen bemessen, die Linie muss stimmen. Bei uns gehen das Wirtschaftliche und das Sportliche Hand in Hand.

Nicht nur was den Trainer angeht, gibt es personelle Konstanz: Sie, Herr Königs, sind seit 15 Jahren im Präsidium und seit zehn Jahren Präsident. Sie, Herr Schippers, sind seit 15 Jahren Geschäftsführer, Siegfried Söllner ist seit 15 Jahren Vizepräsident, Rainer Bonhof seit fünf Jahren. Ist auch das entscheidend?

Schippers Natürlich. Wir haben auch in der Geschäftsstelle wenig Fluktuation, von unseren Abteilungsleitern zum Beispiel sind fast alle schon seit 15 Jahren dabei. Kontinuität ist bei uns nicht nur ein Schlagwort, sondern Unternehmensphilosophie. In allen Bereichen.

Sie sind bis 2015 gewählt, Herr Königs. Stehen Sie danach weiter zur Verfügung?

Königs Ich habe mit Kontinuität kein Problem. Wir haben noch viel vor — ich möchte das mitgestalten.

INTERVIEW: RALF JÜNGERMANN, KARSTEN KELLERMANN UND ANDRÉ SCHAHIDI

(RP)
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