Schiedsrichter wieder im Fokus Aytekin macht bei Hamburg gegen Gladbach alles richtig

Mönchengladbach · Hinter Schiedsrichter Deniz Aytekin liegt eine anstrengende Woche. Am Mittwoch pfiff er in der Champions League das "Wunder von Barcelona", dagegen glich die Dienstreise nach Hamburg am Sonntag einer Kur – auch wenn es beim 2:1 zwischen dem HSV und Borussia Mönchengladbach intensiv zuging.

Aytekin nimmt HSV-Treffer wegen Abseits zurück
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Aytekin nimmt HSV-Treffer wegen Abseits zurück

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Foto: dpa, dan hak

Hinter Schiedsrichter Deniz Aytekin liegt eine anstrengende Woche. Am Mittwoch pfiff er in der Champions League das "Wunder von Barcelona", dagegen glich die Dienstreise nach Hamburg am Sonntag einer Kur — auch wenn es beim 2:1 zwischen dem HSV und Borussia Mönchengladbach intensiv zuging.

In den Foren ist es mittlerweile ein Running Gag. "Da war doch mal was", schreiben Fans, wenn die Schiedsrichteransetzung fürs nächste Spiel bekanntgegeben wird — weil eben irgendwann immer mal was war. Bei Deniz Aytekin und Borussia Mönchengladbach war der 15. April 2011 so ein erinnerungsbildender Tag. Gladbach taumelte dem Abstieg entgegen, und im Auswärtsspiel beim FSV Mainz 05 sah erst Mike Hanke eine umstrittene Gelb-Rote Karte, dann verweigerte Aytekin beim Stand von 0:0 Marco Reus einen glasklaren Elfmeter. Mainz gewann durch ein spätes Tor, Borussias Abstieg war scheinbar besiegelt. Mit dem Rest der Geschichte hatte Aytekin dann freilich nichts mehr zu tun.

Seitdem hat es genügend Erlebnisse gegeben, die helfen könnten, den Pawlow'schen Reflex zu unterdrücken: Aytekin pfiff, als Gladbach seinen einzigen Sieg bei Borussia Dortmund seit 1998 holte, er pfiff auch beim bis heute letzten Sieg gegen den Hamburger SV sowie beim als große Wende gefeierten 3:2-Sieg bei Bayer Leverkusen vor ein paar Wochen. Und auch bei der 1:2-Niederlage am Sonntag in Hamburg konnte sich niemand über den Referee beschweren, der unterm Strich eine tadellose Partie ablieferte.

Mittlerweile gilt Aytekin in der Szene als einer der besten deutschen Schiedsrichter, der 38-Jährige hat sich in 126 Bundesligaspielen so entwickelt wie viele Spieler, deren Fähigkeiten auch nicht gleich beim Debüt ans Tageslicht gelangen. Am vergangenen Mittwoch durfte Aytekin die gesteigerte Wertschätzung in Form einer internationalen Dienstreise spüren. Der 1,97-Meter-Mann pfiff das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League zwischen dem FC Barcelona und Paris Saint-Germain. Zeuge eines "Wunders" zu werden, dürfte selbst für Unparteiische eine besondere Sache sein, aber Aytekin erlebte im Camp Nou sicherlich seinen schwierigsten Abend als Schiedsrichter. Sein Elfmeterpfiff in der Nachspielzeit, der beim 6:1 das 5:1 ermöglichte, war derart umstritten, dass selbst die selten zimperliche spanische Presse sich noch einmal übertraf.

Tomas Roncero, ein Reporter des — gelinde gesagt — Real Madrid wohlgesinnten Sportblattes "As" setzte sogar krude Verschwörungstheorien in die Welt, die Donald Trump und sein Team neidisch machen würden. Aytekin hat türkische Vorfahren, ist aber im Frankenland geboren. Zunächst verlegte Roncero seinen Geburtsort nach Stuttgart, vermutlich ein alternativer Fakt, um dann Aytekins türkische Wurzeln mit Barcas Sponsor Turkish Airlines in Verbindung zu bringen. Gerüchte um eine mögliche Sperre des Referees wies die Uefa deutlich zurück.

Dagegen war das Spiel am Sonntag in Hamburg eine regelrechte Kur für Aytekin, auch wenn er mit seinem Team ein paar Mal im Fokus stand. In der 28. Minute hatte Hamburg den Ausgleich erzielt, die Gladbacher protestierten vehement gegen den Treffer, während die Tormusik im Volksparkstadion ihre Proteste übertönte. Albin Ekdal hatte bei Lewis Holtbys Zuspiel so deutlich im Abseits gestanden, dass eine TV-Wiederholung unnötig gewesen wäre. In Absprache mit Assistent Eduard Beitinger nahm Aytekin den Treffer zurück, zum Unmut der Heimfans. Kurz darauf bewies Beitinger dann, warum es Linienrichter gibt, als er Holtbys knappe Abseitsstellung sofort richtig anzeigte. Dass die HSV-Spieler beim völlig regelkonformen Ausgleich durch Filip Kostic wenig später erst nicht jubelten, verhöhnte ein wenig den Schiedsrichter. Nach dieser Woche dürfte es Aytekin verkraftet haben.

Er leitete die intensive Partie umsichtig und traf keine Fehlentscheidung. Gelbe Karten verteilte er zum richtigen Zeitpunkt. Und Borussia durfte sogar froh sein, dass er eine kleine Rudelbildung vor der Pause nur mit einer klaren Ansage auflöste — es wäre Christoph Kramers fünfte Gelbe gewesen. In ein paar Jahren wird sich in Hamburg und Gladbach also niemand mehr dran erinnern, dass der Schiedsrichter dieser Partie Deniz Aytekin hieß. Ein größeres Kompliment gibt es nicht.

(jaso)
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