Borussia Mönchengladbach Der erste Israeli der Bundesliga

Borussia Mönchengladbach · 1972 bestritt Shmuel Rosenthal 13 Spiele für Borussia. Dank guter Beziehungen der Gladbacher zu Israel wechselte der Defensivmann trotz eines Auslands-Verbots nach Deutschland.

Er durfte auch gegen die Bayern und Nationalspieler Uli Hoeneß (l.) ran. Doch in München verlor Shmuel Rosenthal (r.) mit Borussia 0:3.

Er durfte auch gegen die Bayern und Nationalspieler Uli Hoeneß (l.) ran. Doch in München verlor Shmuel Rosenthal (r.) mit Borussia 0:3.

Foto: Imago

Shmuel Rosenthal ist gut informiert. "Ich habe Borussias 3:0 gegen Köln in Ausschnitten gesehen. Klasse! Ich freue mich, dass Gladbach eine so tolle Saison spielt", berichtet er via Telefon aus Tel Aviv. Er selbst war früher ein Teil der Fohlen-Elf, indes nur für eine Saison. 1972 kam er nach Gladbach. 13 Bundesligaspiele (ein Tor) und vier Einsätze im Uefa-Cup später ging er 1973 wieder. Doch hat Rosenthal, der morgen 65 Jahre alt wird, Fußball-Geschichte geschrieben. Er war der erste Profi aus Israel, der in Europa spielte.

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"Ich habe die Türen für alle israelischen Fußballer geöffnet. Damals erlaubte es der israelische Verband nicht, ins Ausland zu wechseln. Man galt als Verräter und wurde ein Jahr gesperrt", sagt Rosenthal. 1968 spielte er mit Israel bei den Olympischen Spielen und 1970 bei der Weltmeisterschaft in Mexiko. "Wir haben 0:0 gegen Italien gespielt, alle Großen waren dabei: Rivera, Mazzola, Riva", erzählt Rosenthal. Israel schied aus, doch der Mann mit dem Seehund-Schnauzer sagte sich: "Ich kann da mithalten. Ich werde Profi."

"Schwerste Zeit meines Lebens"

Er wurde ausgelacht, doch er wollte es allen zeigen. "Es war die schwerste Zeit meines Lebens", sagte er, als er im Juli 1972 ankam in Gladbach. Rosenthals Wechsel war auch ein Produkt der guten Beziehungen der Borussen nach Israel, deren Ursprung Hennes Weisweilers Freundschaft zum israelischen Nationalcoach Edi Schaffer war: Es gab Trainingslager, Testspiele, Vergleiche mit dem Nationalteam. Mehr als 15-mal war Borussia in Israel, erstmals 1970, zuletzt 2008.

In den ersten Trainingstagen des Jahres 1972 verlor Rosenthal vier Kilogramm, lernte fleißig Deutsch und war bereit, Borussia als Libero oder im defensiven Mittelfeld zu helfen. Rosenthal glaubte an seine Chance. Fast wäre mit Mordechai Spiegler ein zweiter Israeli gekommen, weil aber schon zwei Ausländer im Kader waren, wurde daraus nichts. Als die Saison begann, war Rosenthal tatsächlich im Team, sein Debüt feierte er am 16. September 1972 beim 4:3 gegen Duisburg. In seinem dritten Spiel schaffte er beim 3:1 gegen Hannover ein Tor. Neun Spiele am Stück machte der technisch versierte Israeli mit.

"Dann wurde das Wetter schlechter und ich bekam Probleme", gesteht Rosenthal. Nur vier weitere Liga-Einsätze folgten. Trainer Hennes Weisweiler war seine Spielweise zu sorglos. Er wurde zur Randfigur. Am 25. November 1972 wurde er beim 0:3 in Frankfurt zum letzten Mal eingewechselt. Als er nach Israel zurückgekehrt war, erzählte er, einige Teamkollegen hätten nach dem Attentat bei den Olympischen Spielen in München aus Angst vor Terrorakten nicht mehr mit ihm reisen wollen. "Das war nie ein Thema", versicherte aber Manager Helmut Grashoff.

Rosenthal spielte später noch in den USA, 1997 wurde er wegen Kokainschmuggels zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt. 40 Jahre ist sein Borussen-Dasein her, doch Rosenthal, der heute bei der nationalen Elektrik-Firma in Tel Aviv arbeitet, hat nichts vergessen. "Das war besser als Olympia und die WM. Netzer, Jensen, Bonhof, Simonsen waren unglaubliche Spieler", sagt Rosenthal. Er weiß, dass sich seine Landsleute Roberto Colautti und Gal Alberman ebenfalls erfolglos bei Borussia versuchten. "Auf lange Sicht haben die israelischen Spieler nicht den Charakter, den deutsche oder Skandinavier haben", sagt der Pionier. Erst zwölf Jahre nach ihm kam der zweite Israeli: David Pizanti, der in Köln spielte.

Shmuel Rosenthal war seit seinem Abgang aus Gladbach nicht mehr auf dem Bökelberg und schon gar nicht im Borussia-Park. "Aber ich weiß, was passiert bei Borussia", versichert Rosenthal. Zu seinem 65. hat er sich und seiner Frau eine Reise nach China geschenkt. Das ist nur ein kleines Abenteuer im Vergleich zu seiner Zeit als Borusse.

(RP/seeg)
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