Borussia Mönchengladbach "Einfach eine Nummer größer als in Lautern"

Mönchengladbach · Borussias neuer Torwart Tobias Sippel (27) spricht über seine Vorfreude auf Gladbach, seine Hochzeit, traditionelle Werte, seine Entscheidung für Gladbach und seine Ziele.

Borussia Mönchengladbach: Das ist Tobias Sippel
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Das ist Tobias Sippel

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Foto: Dirk Paeffgen/Dirk Paeffgen (dirk)

Herr Sippel, sind Sie schon gut angekommen in Mönchengladbach?

Tobias Sippel Ja, das kann man sagen. Wir haben schon vor unserer Hochzeit alles geregelt mit dem Umzug, es fehlt nur noch die Küche, dann sind wir durch. Wir haben ein schönes Haus in Gladbach gefunden, das auch nicht weit weg ist vom Stadion. Wir haben uns schon lange auf den Wechsel gefreut. Meine Frau studiert zwar noch Maschinenbau in Kaiserslautern, sie wird ihr Studium aber nun von hier aus machen. Ich bin gut befreundet mit dem Torwart des VfL Bochum, Manuel Riemann, der auch mit seiner Freundin in Gladbach wohnt, mit den beiden haben wir uns schon öfter getroffen. Und wir finden sicher auch schnell in der Mannschaft Anschluss. Zumal uns Uwe Kamps, als wir uns vor zwei Monaten mal getroffen haben, schon die Stadt und alles Wichtige gezeigt hat.

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Sie haben erst vor wenigen Wochen geheiratet. Wie fühlt sich das an?

Sippel Wir haben schon vor einem Jahr standesamtlich geheiratet. Aber es war schon etwas Besonderes, jetzt auch kirchlich zu heiraten. Es war alles recht traditionell und hat sehr viel Spaß gemacht.

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Sind Ihnen traditionelle Werte wichtig?

Sippel Ich habe das von zu Hause aus mitgegeben bekommen. Wir haben daheim in Bad Dürkheim eine große Bäckerei und ich habe auch das Bäckerhandwerk gelernt. Meine Eltern haben damals gesagt, bevor ich meine Profilaufbahn starte, soll ich eine Ausbildung machen. Man weiß ja nie, wie es sich im Fußball entwickelt. Ich habe die Ausbildung durchgezogen, auch wenn es in den letzten zwei Jahre etwas anstrengend war: Morgens um zwei bin ich mit dem Roller losgefahren, habe um drei Uhr angefangen bis neun oder zehn Uhr, danach war Training. Da war ich schon manchmal am Limit. Ich habe dann einen Profivertrag unterschrieben - aber die Ausbildung noch zu Ende gemacht.

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Foto: dpa/Uwe Anspach

Sie könnten Brot backen?

Sippel Ich bräuchte vielleicht ein paar Tage, um wieder reinzukommen, aber es würde mir nicht schwerfallen, wieder in die Bäckerei zu gehen, wenn es mit dem Fußball mal nichts mehr wäre. Zuhause bei uns backt aber meine Frau.

Sie sind ein treuer Typ. Sie haben für den 1. FC Kaiserslautern gespielt, seit Sie zehn Jahre alt sind.

Sippel Ich konnte mir eigentlich nie etwas anderes vorstellen, als dort zu spielen. Dass es dann jetzt im Sommer etwas unglücklich auseinandergegangen ist, okay. Aber ich bin mega froh, jetzt hier zu sein. Als ich angefangen habe, war Borussia in der Zweiten Liga, und wenn man jetzt sieht, was hier entstanden ist, ist das wie eine neue Welt. Und es ist einfach eine Nummer größer als in Kaiserslautern.

Sie haben mit Lautern schon das eine oder andere Mal im Borussia-Park gespielt. Sie waren auch bei dem Spiel dabei, als sich Logan Bailly den Ball selbst ins Tor geboxt hat und Borussia, gefühlt, die entscheidende Niederlage im Abstiegskampf eingesteckt hat. Fühlt man in so einer Situation mit dem Torwart-Kollegen mit?

Sippel Ich fand, dass Logan Bailly ein super Torwart war. Dass er in seiner Leistung abgefallen ist, hatte ja verschiedene Gründe, die ich nicht kenne. Aber man leidet natürlich mit dem Kollegen. Als Torhüter hat man eine spezielle Beziehung zu dem Torwart auf der anderen Seite. Beim Einlaufen begrüßt man sich und wünscht sich viel Glück. Als Torwart ist man ein Einzelkämpfer, das hat uns Gerry Ehrmann auch immer gesagt: Im Spiel bist du auf dich allein gestellt, dir kann keiner mehr helfen. Darum ist man als Torwart vielleicht ein bisschen klarer im Kopf. Es ist ein spezieller Job.

Darum sind Torhüter speziell, sagt man. Wie sieht es mit Ihren Schrullen aus?

Sippel (überlegt) Man muss eben mit dem Job umgehen können - und sich vielleicht ein bisschen mehr quälen können und darf keine Angst davor haben, auch mal einen Ball ins Gesicht zu bekommen. Dass ich sonderliche Schrullen habe, würde ich nicht sagen. Aber auf dem Platz bin ich total fokussiert und zu Hause total entspannt. Darüber regt sich meine Frau manchmal auf, gerade zuletzt, als es um die Planung der Hochzeit ging. Sie war mega im Stress, ich war zu entspannt (grinst). Ansonsten spiele ich Golf, wie meine Frau auch, zusammen macht das viel Spaß.

Welche Beziehung haben Sie zu Ihren Torwart-Handschuhen?

Sippel Die sind ja unser wichtigstes Werkzeug. Darum muss man sie gut pflegen. Und ich mag es nicht, wenn andere sie anziehen. Ich habe dann das Gefühl, sie passen mir nicht mehr. Darum ziehe ich auch bei jedem Spiel neue an.

Duschen Sie mit Ihren Handschuhen wie Yann Sommer?

Sippel Nein. Aber ich habe von vielen Kollegen gehört, dass sie die Handschuhe mit unter die Dusche nehmen. In den neuen Handschuhen ist eine Lauge drin, die die Innenflächen glatt macht. Sie wird dann rausgewaschen. Ich reibe die neuen Handschuhe immer ein bisschen über den Rasen, dann nutzt sich die erste Schicht ein wenig ab. Und es gibt ja noch das gute alte Kaugummi, um die Handschuhe griffsicherer zu machen.

Die Torwartschule von Ehrmann ist legendär. Jetzt ist Uwe Kamps Ihr Lehrmeister. Gibt es Unterschiede?

Sippel Ja, das kann man schon erkennen. Gerry hat sein Prinzip gehabt und es immer durchgezogen - bis zum Maximum. Jetzt ist etwas komplett Neues, daran muss ich mich gewöhnen. In Gladbach legen wir viel mehr Wert auf das neuere Torwartspiel. Vom Torwart wird ja nicht mehr nur verlangt, auf der Linie zu stehen und Bälle zu halten. Klar, das musst du können. Aber heute zählt auch, dass du der elfte Feldspieler bist, dass du die Spieleröffnung mitmachst, dass du immer eine Anspielstation bist. Ich habe in den ersten Tagen schon gemerkt, dass in Gladbach in den ersten 20 Minuten des Trainings viel mit den Füßen gemacht wird. Aber Uwe legt auch viel Wert auf Kraft und Stabilisierung. Kraft brauchen Yann Sommer und ich ja (grinst). Wir sind ja nicht die Längsten, dementsprechend müssen wir uns ein bisschen mehr wehren können.

Müssen Sie Ihre Füße verbessern? In Kaiserslautern war das weniger gefagt.

Sippel Ich will mich entwickeln. Wie sehr man aber als Torwart mitspielen muss, liegt ja weniger am Torwarttrainer, sondern vielmehr an der Spielweise des Cheftrainers. In Kaiserslautern gab es unter Milan Sasic nur das Prinzip lang nach vorne, weil wir anders gar nicht nach vorne gekommen sind. Unter Kosta Runjaic war das anders. Er wollte von hinten raus spielen. So ist es ja auch bei Lucien Favre.

Ist der neue Weg spannend für Sie?

Sippel Ich war jetzt immer auf einem hohen Level, aber jetzt bin ich an einem noch höheren Level angekommen, wenn ich sehe, wie schnell hier gespielt wird. Und es fehlen ja noch die Nationalspieler. Es macht Riesenspaß.

Sie haben eben schon über die Beziehung der Torhüter untereinander gesprochen. Sven Ulreich hat sich entschieden, statt Nummer eins in Stuttgart zweiter Mann hinter Manuel Neuer beim FC Bayern zu sein - mit wenig Aussicht auf viele Spiele. Können Sie das nachvollziehen?

Sippel Ich bin sozusagen mit Sven groß geworden, wir haben schon oft gegeneinander gespielt, schon in der Jugend. Für mich ist die neue Situation ja auch nicht viel anders als für ihn. Wir haben beide an die 250 Spiele gemacht, aber wir sind beide an den Punkt gekommen, wo man einfach mal was Neues machen musste. Es ist für mich wie für Sven erst mal die Gelegenheit, dass wir uns auf hohem Niveau weiterentwickeln können.

Haben sie schon mal mit Lucien Favre über Ihre Situation gesprochen?

Sippel Das hat sich noch nicht ergeben. Ich muss ja erst einmal richtig ankommen. Er wird sich dann im Training ein Bild von mir machen und dann werden wir sicher auch sprechen. Yann hat ja ein unglaubliches Pensum in Gladbach, dazu mit seinem Nationalteam, eventuell ergibt sich da mal was, vielleicht im Pokal. Wichtig ist, dass ich da bin, wenn ich gebraucht werde.

Müssen Sie lernen, zweiter Torwart zu sein?

Sippel Es ist eine neue Situation für mich. Ich habe ja die meiste Zeit in Lautern durchgespielt. Wenn ich aber auf der Bank saß, habe ich natürlich meine Klappe gehalten. Ich sehe es so: Im Fußball geht es nach Leistung, und an Yanns Leistung gibt es nichts zu deuteln. Er hat eine unglaublich gute Saison gespielt. Darum muss ich mich hinten an stellen und im Training Gas geben und abwarten, bis man die Chance kommt. Die Torwartposition ist eben nur einmal zu vergeben. Damit muss man klar kommen. Ich freue mich jedenfalls auf die Zusammenarbeit. Das ganze Umfeld in Gladbach hat mich total überzeugt, darum habe ich mich für diesen Weg entschieden. Und ich möchte so lange wie möglich hierbleiben.

(RP)
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