Serie 25 Jahre Fanprojekt - 25 Fans Er erfand die "Elf vom Niederrhein"

Mönchengladbach · Unter der Dusche kam Rüdiger Nau der rettende Einfall. Ein Jahr lang hatte er erfolglos am Refrain des Liedes herumgebastelt, plötzlich war der Text da. Kaum jemand kennt den Autor des Borussia-Songs. Nau lebt im hessischen Frankenberg.

"Für die Borussen ist nun fast alles drin"
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Foto: RPO

"Und geht das Spiel auch mal verlor'n, dann macht uns das gar nichts aus" — diese Zeilen aus Borussias Stadionlied, der "Elf vom Niederrhein", sind inzwischen 20 Jahre alt. Etwa eine Minute vor dem Anpfiff schallen sie durch den Borussia-Park, wenn 50 000 Fans demonstrieren, was man unter Inbrunst versteht. "Das ist noch heute meine Lieblingsstelle", sagt Rüdiger Nau aus dem hessischen Frankenberg. Er muss es wissen — denn Nau hat die "Elf vom Niederrhein" geschrieben und komponiert.

Der heute 43-Jährige hatte natürlich keine Ahnung, welche Folgen es haben würde, als er einst mit Freunden nach einem Borussia-Heimspiel im VW-Bus saß. So richtig überwältigt habe ihn die Stimmung auf dem Bökelberg zu jener Zeit selten, erinnert sich Nau: "Nie konnte sich die Nordkurve einigen, wer welches Lied singt." Offizielle Vereinsmusik aus den Lautsprecherboxen war damals noch rar. Schlagerbarde Peter Orloff sang realitätsfern "Gladbach wird Meister" — selbst die Zuschauer in der ZDF-Hitparade hätten sich verschämt abgewendet.

Dann kamen Nau, seine Klampfe und seine Kumpels. Fast ein Jahr lang habe er am Refrain herumgewerkelt, nachdem die Strophen in einer halben Stunde fertig waren, erzählt der Hesse: "Ich stand unter der Dusche, und plötzlich war es da." Pitschnass eilte Nau aus dem Badezimmer, schnappte sich einen Stift und einen Zettel, dann schrieb er auf: "Ja wir schwören Stein und Bein auf die Elf vom Niederrhein, Borussia unser Dream-Team, denn du bist unser Verein!" Erst dann war Zeit zum Abtrocknen.

Bald danach spielte Nau das Lied erstmals mit seiner damaligen Band im Probenraum. "Das gefiel uns schon ganz gut, aber der letzte Schliff hat gefehlt", sagt er. "Zu der Zeit haben wir Punk gemacht, die Texte wurden mehr ins Mikrofon gerotzt als gesungen." Die Musiker, damals Anfang oder Mitte 20, stellten sich mit einer Demo-Version der "Elf vom Niederrhein" beim Gladbacher Fanprojekt vor. "Dem damaligen Vorsitzenden, Holger Spiecker, gefiel das zwar", sagt Nau, "aber nicht mein Gesang." Als die ersten 1000 Stück verkauft wurden, stand Markus Wiemeler am Mikrofon.

"Borussia Fans Marburg", kurz BFM, nannten sich Nau und seine Freunde. Bis heute hat er die "Elf vom Niederrhein" nicht einmal live vor Publikum gespielt. 1998 schnappte sich die Band B. O. die Rechte. Es entstand die Version, die heute noch im Stadion läuft und überall, wo sich Borussia-Fans treffen — sei es am Strand von Zypern oder in den Straßen von Kiew. Rüdiger Nau und seine Mitstreiter haben sich rückblickend sicherlich unter Wert verkauft. "Wir haben damals immer gescherzt: Wenn das ein Hit wird!", erinnert sich Nau. Dann wurde gelacht, sich auf die Schulter geklopft, aber niemand ahnte, welch ein Entwicklung die "Elf vom Niederrhein" nehmen würde. "Ich bin ein bescheidener Typ und bilde mir nichts darauf ein", sagt Nau, "aber geil ist es schon." Dass seine Ursprungsversion etwas aufgepeppt wurde, findet er völlig in Ordnung: "Der Sänger hat ein ordentliches Pfund, es rockt."

Während in anderen Stadien noch immer Folklore regiert oder die Fans ihre Schals zu lieblos produzierten Hymnen hochhalten, kann man die "Elf vom Niederrhein" getrost bei offenem Fenster im Auto an der Ampel laufen lassen. Nicht umsonst nennt Stadionsprecher Torsten Knippertz das Lied "unsere Nationalhymne". Zu verdanken haben es Borussias Fans einem Mann aus dem kleinen Frankenberg in Hessen.

(RP)
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