Borussia Mönchengladbach Es rumpelt auf Borussias Doppelsechs

Mönchengladbach · Christoph Kramer und Havard Nordtveit bilden derzeit die Doppelsechs der Gladbacher. Beide taten sich beim 1:1 gegen den VfB Stuttgart schwer. Eventuell ist Granit Xhaka in Freiburg mal wieder eine Startelf-Alternative.

 Unvollendet: Christoph Kramer bei einer seiner beiden Torchancen gegen den VfB Stuttgart. Der Sechser hatte, wie auch sein Kollege Havard Nordtveit, keinen guten Tag gegen die Schwaben.

Unvollendet: Christoph Kramer bei einer seiner beiden Torchancen gegen den VfB Stuttgart. Der Sechser hatte, wie auch sein Kollege Havard Nordtveit, keinen guten Tag gegen die Schwaben.

Foto: Dieter Wiechmann

Die älteren Borussia-Fans erinnern sich mit Wonne an die Tiefe des Raumes. Dort wirkte Günter Netzer und zirkelte das Spiel der Gladbacher mit weiten Pässen aus. Er schickte die wieselflinken Offensivmänner - Jupp Heynckes beispielsweise, oder Herbert Laumen und Ulrik Le Fevre - auf die Reise und schwups gab es Tore am laufenden Band.

Das jedenfalls ist vielen so in Erinnerung geblieben, natürlich ein wenig historisch verklärt. Weswegen heute der eine oder andere, der Augenzeuge der goldenen Ära Borussias war, gelangweilt ist vom Ballbesitzspiel der Jetztzeit-Borussen. Die "Tiefe" liegt längst nicht mehr im zentralen Mittelfeld, sondern vorn in der Gefahrenzone vor des Gegners Tor. Und sie wird gesucht vom Gladbacher Team. Zuletzt gegen den VfB Stuttgart taten sich die, die mit dem Angriffsspiel vor allem betraut sind, schwer sie zu finden.

Einigen im Borussia-Park gefiel der Suchansatz gegen den gut gestaffelten VfB Stuttgart nicht wirklich. Die Nordkurve sang durchweg, doch hier und da wurde gepfiffen. Das nervte Trainer Lucien Favre. Er kritisierte das Verhalten der Unzufriedenen in einem WDR-Interview, nun ja, recht offensiv. Tags darauf gab er sich moderater, aber nicht weniger bestimmt. "Es hilft der Mannschaft natürlich überhaupt nicht, wenn dann auch noch gepfiffen wird. Wir brauchen die Unterstützung unserer Fans. Die gibt dem Team dann noch mal einen Schub. Aber leider haben das einige Zuschauer nicht kapiert", sagte Favre.

Kaum gute Ideen

Er war indes selbst nicht angetan von der Darbietung seines Teams. Das 1:1 sei das Maximum gewesen an diesem Tag, befand er. Das lag auch daran, dass das Spiel der Borussen uninspiriert war gegen die Abstiegskämpfer aus Stuttgart. Vor allem dort, wo einst Netzer der Strippenzieher war: in der Tiefe des Raumes. Die heißt im modernen Fußball zentrales defensives Mittelfeld und wird in den meisten Teams, auch in Gladbach, von zwei Spielern bearbeitet: denen, die die Doppelsechs bilden. Das waren am Samstag Christoph Kramer und Havard Nordtveit. Beide sind von Haus aus eher Kämpfer- als Spielmachertypen. So fiel das Bemühen um gute Ideen dann auch arg rumplig aus.

Kramer mühte sich zwar um Offensivaktionen, zweimal schoss er auch auf das Stuttgarter Tor, doch irgendwie fand er keinen roten Faden. 10,1 Kilometer lief Kramer in 69 Minuten Spielzeit — hochgerechnet kommt er seinen Top-Werten von 13 Kilometern also ziemlich nahe. Nordtveit dagegen (9,7) blieb unter der Zehn-Kilometer-Marke. Zudem hatten beide Herren bedenkliche Zweikampfwerte: Nordtveit 48 Prozent gewann seiner Zweikämpfe, Kramer nur 38 Prozent. Die Passquoten waren okay, doch wenn es darum ging, das Spiel zu eröffnen, war es mau.

Später kam Granit Xhaka ins Spiel. Der Schweizer, schon länger zweite Wahl, gilt eigentlich als der Sechser mit der größten Spielmacherqualität. Ansatzweise zeigte er das auch gegen den VfB, und immerhin fiel während seiner Schaffenszeit das 1:1. Vielleicht ist er für die Partie in Freiburg auch mal wieder eine Startelf-Alternative. Doch Xhakas Flapsigkeiten führen zuweilen zu bitteren Ballverlusten - was Favre überhaupt nicht mag.

Borussias Trainer muss in dieser Trainingswoche seine Sechser in der gepflegten Spieleröffnung schulen. Vielleicht sollte er ihnen mal ein Best-of-Netzer-Video vorführen. Der mögliche Lehrauftrag: So finde ich aus der Tiefe des Raumes die Tiefe.

(RP)
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