Borussia Mönchengladbach Wie Wynhoff und van Lent den FC das Fürchten lehrten

Mönchengladbach · Peter Wynhoff und Arie van Lent waren früher Derby-Experten. Im Interview sprechen sie über ihre vielen Treffer gegen den 1. FC Köln.

Arie van Lent: Vom Kopfballungeheuer zu Borussia Mönchengladbachs U23
14 Bilder

Das ist Arie van Lent

14 Bilder
Foto: Dieter Wiechmann

Herr van Lent, erzählen Sie von Ihrem ersten Derby gegen den 1. FC Köln.

VAN LENT (lacht) Ach, bei mir hat es schon in Bremen angefangen mit dem 1. FC Köln. Und zwar mit einer komischen Geschichte. Wir haben 1997 mit 3:2 gegen den FC gewonnen, und ich habe vier Tore gemacht — erst ein Eigentor und dann drei Tore für Werder. Das ist Bundesligageschichte. Auf mein erstes Derby mit Borussia musste ich ein bisschen warten, ich kam ja in der Zweiten Liga aus Fürth nach Gladbach, da war Köln nicht dabei. Aber wir haben in meiner ersten Saison ein Testspiel gegen die Kölner gemacht, da habe ich beim 1:1 auch getroffen.

Experte für Köln waren Sie also schon in Bremen — Sie haben das Köln-Gen sozusagen mitgebracht.

VAN LENT Das kann man so sagen. Das hat sich dann fortgesetzt. Mein erstes richtiges Derby kam nach unserem Wiederaufstieg 2001. Wir haben 2:0 gegen Köln gewonnen — ich habe ein Tor gemacht und das zweite vorbereitet. Wenn ich so darüber nachdenke: Es ist schon kurios mit mir und Köln.

Im Rückspiel der Saison kam dann die seltsame Schuhgeschichte. Daraus ist sogar ein Buchtitel geworden: "Heimsieg per Post". Es ist die Geschichte von einem Dreierpack — den schafften im Derby nur fünf Spieler.

VAN LENT Stimmt. Ich hatte damals eine kleine Torflaute in der Bundesliga. Ein Fan hatte ein halbes Jahr zuvor ein Paar alte Schuhe von mir ersteigert für einen guten Zweck. Er hat mir dann die Schuhe zugeschickt, mit denen ich in zwei Zweitligajahren 37 Tore gemacht hatte, damit ich wieder treffe — und ich habe mir gleich gesagt: Was soll's, ich probiere es aus. Es hat die Blockade gelöst: Markus Münch hatte das 1:0 per Elfmeter erzielt, und ich habe dann mit einem Hattrick nach der Pause das 4:0 herausgeschossen. Skurril. Solche Sachen kann man nicht erklären.

 Peter Wynhoff gelang früher im Derby scheinbar alles.

Peter Wynhoff gelang früher im Derby scheinbar alles.

Foto: DIWI

Herr Wynhoff, Sie haben in Ihrer Karriere insgesamt sechs Tore gegen Köln erzielt. Wie war es bei Ihnen mit dem ersten Derby?

WYNHOFF Na, mit solch extremen Geschichten kann ich leider nicht dienen. Mein erstes Derby war ein 2:2 gegen Köln in der Saison 1990/91. Ich habe da kein Tor gemacht. Das kam erst später. In der Saison 1993/94 haben wir 4:0 im Müngersdorfer Stadion gewonnen und ich habe das 3:0 gemacht — mit einem Solo von der Mittellinie. Danach hat es fast immer geklappt, die Kölner hatten fast schon Angst vor mir.

Wie ist es zu erklären, dass es gegen einen Gegner so gut klappt?

WYNHOFF Es ist nicht zu erklären, es ist einfach so. Ich habe damals nicht mal viel Zeit gebraucht in den Köln-Spielen, um meine Tore zu machen, sie wurden einfach selbstverständlich. Einmal wurde ich eingewechselt und habe dann mit einem Linksschuss in den Winkel das 2:1-Siegtor erzielt. Da war ich nur ein paar Minuten auf dem Platz.

VAN LENT Es war einfach so, dass es dann immer weiter ging. Selbst, als wir bei einer Saisoneröffnung gegen Köln gespielt haben, habe ich getroffen. Wir haben 4:2 gewonnen, ich habe zwei Tore erzielt.

Herr Wynhoff, legendär sind Ihre Dribblings gegen Köln. Welches gefällt Ihnen im Rückblick am besten?

WYNHOFF Ich habe ja zweimal in Köln ein Solo von der Mittellinie hingelegt und dann getroffen. Das zweite war das schönere, finde ich. Ich habe Bodo Ilgner ausgespielt, habe mir den Ball etwas zu weit vorgelegt und ihn dann fast von der Torauslinie noch über die Linie geschoben. Der Winkel war wirklich spitz. Aber es war ja Köln, da ging irgendwann alles rein bei mir.

Herr van Lent, Sie sind Niederländer, und Sie, Herr Wynhoff, sind Berliner. Wie kommt man dann dazu, so sehr das rheinische Derby zu fühlen?

WYNHOFF Derbys sind doch immer besondere Spiele, egal wo. Man spürt, dass jeder im Team heiß ist, wenn das Derby ansteht. Da wird man einfach mitgerissen.

VAN LENT Man weiß mit der Zeit, wenn man in einem Klub ist, was in solchen Spielen kommt. Ich kannte das ja aus Bremen durch die Spiele gegen den Hamburger SV. Das durfte ich nur einmal erleben, aber man merkt sofort, dass es etwas Besonderes ist. Im Stadion ist alles irgendwie lauter bei einem Derby. Und man spürt in der Woche vor dem Spiel auch im Training: Es ist etwas anders. Alle sind ein bisschen aggressiver. Es ist ja nicht so, dass man Hass gegen den Gegner hat, im Gegenteil. Aber man weiß, dass es für die Fans, für die Region wichtig ist, und das motiviert uns Spieler. Natürlich pushen die Medien so eine Partie auch. Man weiß einfach, dass es ein heißes Spiel wird.

Ist entsprechend das Verhältnis zu Kölner Spielern angespannt?

VAN LENT Nein, im Gegenteil. Mit Dirk Lottner habe ich den Fußball-Lehrerschein gemacht, auch mit anderen Kölner Spielern habe ich Kontakt. Man spricht natürlich immer noch über die Spiele von damals und schmunzelt darüber. Es gibt ja immer viel zu erzählen.

Haben Sie lieber in Gladbach oder in Köln die Derbys gespielt?

WYNHOFF Auf dem Bökelberg war es viel schöner, weil es so eng war. In Köln gab es ja die Laufbahn um den Platz. Allerdings war die Stimmung auch da immer klasse: Unter den 50.000 im Stadion waren meistens 25.000 oder 30.000 Gladbacher. Es waren fast Heimspiele. Wir haben ja sogar echte Heimspiele dort gehabt — im Europapokal. Wir haben zum Beispiel 3:2 gegen den FC Arsenal gewonnen. Gladbacher Heimspiele in Köln, das war schon lustig.

VAN LENT Heimspiele auf dem Bökelberg waren immer toll, egal wer der Gegner war. Bei den Spielen gegen Köln hätte man sicher noch ein Stockwerk draufsetzen können, und es wäre trotzdem ausverkauft gewesen. Wenn man aus dem Tunnel kam und links und rechts die Wände der Zuschauer sah, dann kam das Adrenalin — und die Gegner waren eingeschüchtert.

Besteht die Gefahr, dass man als Spieler im Derby übermotiviert ist?

VAN LENT Man ist schon anders, versucht sich noch mehr zu konzentrieren, eben weil man weiß, dass die Derbys besonders wichtig sind. Man hat das Gefühl, man muss es gewinnen. Wie es dann auf dem Platz ist, kommt auf den Typen an. Der eine wird ganz cool, der andere etwas aggressiver. Rückblickend muss ich für mich sagen: Ich hatte vor den Spielen gegen Köln nie Angst, zumal ich ja immer getroffen habe. Ich wusste einfach: Es wird schon, irgendwie donnerst du heute wieder einen rein.

Liegt das auch an der Statistik? Gladbach hat gegen kein Team so oft gewonnen wie gegen den FC.

VAN LENT Wir haben damals alles vorbereitet, würde ich sagen. Oder, Peter? (lacht)

WYNHOFF Wir wussten eigentlich vorher schon, dass wir gegen Köln auf jeden Fall drei Punkte holen. Darum sind wir in jedes Spiel mit einem gesunden Selbstvertrauen gegangen. Und meistens hat es ja auch geklappt. Einmal hat uns aber Toni Polster abgeschossen. Später hat er dann bei uns gespielt. Da war Köln aber Zweitligist.

Herr van Lent, Sie waren Borussias U19-Trainer, nun betreuen Sie die U23. Wie ist es da mit den Derbys?

VAN LENT Da ist die Atmosphäre ganz normal, es ist ein freundschaftliches und kollegiales Verhältnis. Das ist anders als in der Bundesliga. Trotzdem: Für die Jungs sind die Spiele auch etwas Besonderes.

Herr Wynhoff, das gilt wohl auch für die Traditionsteams beider Klubs. Zuletzt beim Hallenturnier in Krefeld gab es im Derby Handgreiflichkeiten, als die Weisweiler Elf, deren Geschäftsführer Sie sind, und die Kölner zweimal aufeinandertrafen.

WYNHOFF Stimmt. Die Rivalität setzt sich fort, es ist wie früher. Wir haben in diesem Jahr ein Spiel zusammen, ich bin mal gespannt, wie es da wird. Klar ist, dass man dieses Spiel gewinnen will. Ein Derby bleibt ein Derby.

Wer ist im Derby am Samstag Favorit?

VAN LENT Eindeutig Borussia. Aber es wird ein interessantes Spiel, weil die Kölner sehr auswärtsstark sind. Trotzdem denke ich, es gibt den nächsten Derby-Sieg für Borussia.

WYNHOFF Gladbach ist Favorit. Borussia spielt zu Hause. Aber ich muss sagen, dass es die Kölner richtig gut machen. Jörg Schmadtke, der früher ja Torwart bei Borussia war und später Co-Trainer, hat mit Peter Stöger Ruhe reingebracht — das ist mal was Neues beim FC. Köln ist auf dem richtigen Weg. Aber das Derby gewinnt Borussia.

Karsten Kellermann führte das Gespräch

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort