Borussia Mönchengladbach Ein Finale unter ganz anderen Vorzeichen als 2015

Mönchengladbach · Im Vorjahr ging es zwischen den rheinischen Rivalen um Platz drei. Diesmal ist Bayer schon durch. Aber Borussia kann Platz vier klar machen.

Borussia Mönchengladbach - Bayer Leverkusen: die besten Bilder des Spiels
41 Bilder

Gladbach - Leverkusen

41 Bilder
Foto: Dirk Päffgen

"Als Finale oder Endspiel wird bei Wettkämpfen jeder Art das Aufeinandertreffen der jeweils besten Teilnehmer aus zwei getrennten Gruppen am Ende eines Wettbewerbes, Turniers oder einer Saison bezeichnet."

Gladbach gegen Leverkusen ist kein Finale. Sowieso nicht, schon, weil es ein Bundesligaspiel ist, in dem es nicht um einen Pokal geht, sondern nur um drei Punkte. Und auch deswegen nicht, weil es nur einen Spielteilnehmer gibt, für den es noch um ganz viel geht: Borussia. Denn Bayer ist durch, ist sicher Dritter, uneinholbar für den Rest der Liga nach dem Sieg gegen Hertha BSC Berlin am vergangenen Samstag. Borussia hingegen muss noch kämpfen: darum, Platz vier zu behalten und in den Play-offs zur Champions League dabei zu sein.

Versuchen wir es so: Es ist ein halbes Finale. Eben weil es immerhin für einen der beiden Teilnehmer um ganz viel geht. Um viele Millionen Euro unter Umständen. Denn die Europa League ist wirtschaftlich eben doch nur die kleine Schwester der Meisterliga. Mit einem Sieg kann Borussia bei günstigstem Verlauf des Spieltages am Ende uneinholbar Vierter sein. Der Borussia-Park würde beben — wie fast auf den Tag genau vor einem Jahr.

Aber gehen wir erst mal zurück auf Start. Weil halbe Sachen keinen Spaß machen und ein echtes Finale viel mehr Nervenkitzel verspricht als ein halbes, klären wir erstmal, was es denn ist, diese kleine rheinische Derby. Sagen wir es so: Es ist, im Vergleich zum Vorjahr, ein Finale mit anderen Voraussetzungen.

Dass es zu einem relativ späten Zeitpunkt der Saison zwischen Borussia und Bayer um den Europapokal geht, ist ein nahezu neuzeitliches Phänomen geworden. 2012 war es so, damals in der Bay- Arena. Borussia siegte durch das Tor von Igor de Camargo 2:1, und Lucien Favre, der Trainer, legte einen bemerkenswerten Sprint über den gesamten Platz hin. Denn nach diesem Spiel war quasi klar, dass Gladbach zum ersten Mal nach 16 Jahren wieder international spielen würde.

Und dann 2015. Am 9. Mai kam Leverkusen in den Borussia-Park. Und es war alles hauteng. Gladbach hatte 60 Punkte eingesammelt, Bayer 58, die Tordifferenz war nahezu identisch. Es war der 32. Spieltag und daher klar, dass ein Heimsieg der Borussen, den es endlos lange nicht mehr gegeben hatte gegen Bayer, eine Vorentscheidung sein würde im Kampf um den dritten Platz. Augsburg, der Fünfte, war weit dahinter.

Beide hatten am Spieltag zuvor gewonnen. Borussia durch ein sehenswertes Drehschuss-Tor von Ibo Traoré, von dem gleich noch mal die Rede sein wird, 2:1 in Berlin. Noch mehr Selbstvertrauen holte sich Leverkusen: Die Werkself gewann 2:0 gegen den FC Bayern München. Jene, die eine Vorhersage wagten, tippten am ehesten auf ein Remis, das ohnehin das häufigste Resultat ist, wenn sich Borussia und Bayer in Gladbach treffen.

Doch es wurde ein Festtag für Gladbach. Max Kruse schoss das 1:0. Patrick Herrmann das 2:0. Und dann kopiert Traoré seinen Berliner Treffer frech — mit einem fast identischen Drehschuss sorgte er erneut nach seiner Einwechslung für den ästhetischen Schlusspunkt des Spiels. Zwei Spiele vor Ultimo hatte Gladbach fünf Punkte mehr als Bayer, es war die Vorentscheidung. Borussia spielte zum ersten Mal in der Champions League. Bayer zog schließlich über die Play-offs ebenfalls in die europäische Eliteliga ein.

Kurios ist, dass beide Klubs vor dem Spiel am heutigen Samstag dieselben Gegner hatten wie vor einem Jahr, nur spiegelverkehrt. Leverkusen hatte es mit Hertha BSC zu tun, indes daheim. Es gab ein 2:1, den siebten Sieg in Folge. Borussia spielte beim FC Bayern und brachte ein beachtliches 1:1 aus München mit, nebenbei spielte sie den Party-Verderber, denn der Punkt reichte dem Rekordmeister nicht, den 26. Titel fix zu machen. Man darf vermuten, dass beide mit reichlich Selbstvertrauen ausgestattet sind.

Leverkusen ist seit Samstag zwar definitiv Champions-League-Teilnehmer, doch kommt es keineswegs belanglos in den Borussia- Park. Denn der achte Sieg in Serie binnen einer Saison wäre Vereinsrekord. Bisher gab es eine solche Siegessicherheit nur saisonübergreifend.

Eben dies werden die Gladbacher aber registriert haben. Und werden sich an das Hinspiel erinnern. In das gingen die Gladbacher mit einer ganz breiten Brust. Sie waren zehn Bundesligaspiele lang unbesiegt und hatten soeben den FC Bayern mit 3:1 entzaubert. Und dann das: Bayer gewann 5:0. Rumms. Die erste Liga-Niederlage von André Schubert, es war die brutale Entzauberung seines grünen Pullovers, der Symbol geworden war für Schuberts Super-Start.

Bayer hat geschafft, das zeigt die imponierende Serie, wonach sich die Borussen sehnen: Konstanz. Der Hinspiel-Sieg war ein erster Schritt dahin. In der Rückrunde hat dann das Team von Roger Schmidt endgültig Ruhe reingebracht in eine bis dahin recht unruhige Geschichte. Und Konstanz, das wissen die Gladbacher selbst, ist am Ende das Mittel zum guten Zweck.

Gleichwohl: Trotz der Achterbahn-Saison hat Gladbach den konstanten Trend der beiden Vorjahre gehalten: Zum dritten Mal in Folge wird Borussia in der nächsten Saison international spielen. Es geht nur noch darum, den letzten Schritt zu tun, zu veredeln. Zunächst gegen Bayer. Die Gladbacher wollen den in München eroberten vierten Platz behalten vor dem letzten Spieltag. Dann hätten sie die Hand weiter dran an den fetten Fleischtöpfen der Champions League. Die Hand am Pott — da ist er dann doch, der Finalcharakter dieses Spiels.

(kk)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort