Borussia Mönchengladbach Der 1860-1899-Faktor bei 1900 gegen 1904

Mönchengladbach · Arjen Robben hat sich entschieden. Gegen den FC Bayern und für den TSV 1860 München. Robbens Sohn Luka spielte bei den "Löwen" Fußball, und nicht bei den Bayern. Es hat Geschmäckle, wenn ein Bayern- Star seinen Spross lieber in die sportliche Obhut des städtischen Rivalen gibt. Aber Entwarnung: Es war nur ein Fußballcamp, keine dauerhafte Anmeldung. Ein paar Tage nur war Robben Junior bei den Sechzigern, unter anderem, weil er in der Gegend viele Schulkumpels hat.

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Gleichwohl: Es wäre durchaus nachvollziehbar, wenn Robben seinen Sohn bei den Löwen unterbringen würde. Denn die Nachwuchsarbeit dort ist ausgezeichnet. Und der Output kann sich sehen lassen. Viele richtig gute Kicker haben ihre Wurzeln bei 1860. Auch heute beim rheinischen Derby zwischen Leverkusen und Gladbach spielt ein ansehnlicher 1860-Faktor mit. Fünf Spieler haben eine Vergangenheit bei den "Blauen" aus München.

Bei den Gladbachern haben Fabian Johnson und Tobias Strobl ihre fußballerische Grundausbildung bei 1860 absolviert. Johnson war von 1996 bis 2006 "Jung-Löwe", 2006 wurde er dann Profi und machte 90 Spiele für den kleinen Münchener Klub. Strobl spielte von 2001 bis 2008 in der Jugend der Sechziger, 2008 wechselte er ins Regionalliga- Team des Klubs.

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Bei Bayer sind Lars Bender, Julian Baumgartlinger und Kevin Volland Exporte der "Löwen"-Schule. Bender spielte von 2002 bis 2006 im 1860-Nachwuchs, von 2006 bis 2009 machte er 58 Spiele für das Profiteam. Baumgartlinger, den Bayer nun aus Mainz geholt hat, war von 2001 bis 2006 Jung-Löwe, 2006 wechselte er ins Regionalligateam und spielte von 2007 bis 2009 13- mal für die Erste Mannschaft. Kevin Volland stürmte von 2007 bis 2011 im Jugendbereich, von 2010 bis 2012 machte er 57 Spiele in der Zweiten Liga für die Sechziger und schoss 19 Tore.

Vier der fünf aus dem "Löwen"- Nachwuchs haben zumindest reelle Chancen, heute am rheinischen Derby beteiligt zu sein, ob nun als Startelf-Teilnehmer oder als Ergänzungsspieler. Nur Lars Bender, seit der vergangenen Saison Kapitän der Leverkusener, fällt aus. Er hatte mit dem deutschen Olympia-Team in Rio eine Edelmetall-Mission zu erfüllen. Bender kam als Silbermedaillen- Gewinner, aber auch mit einer Kapselverletzung zurück.

Allein dieses Quintett (nebst dem Zwilling von Lars Bender, Sven) könnte indes auch für eine gute Zeit bei den "Löwen" stehen, die sich in dieser Saison aber anschicken, in der Zweitliga-Tabelle weiter oben dabei zu sein. Im vergangenen Jahr entging der Traditionsklub noch soeben dem Abstieg. "Die meisten guten Spieler gehen ja schon früh weg, suchen andere Herausforderungen, wollen in der Ersten Liga spielen. Es ist schade, denn 1860 ist ein super Klub", erklärte Fabian Johnson zuletzt das Dilemma der "Löwen". "Wenn es zeitlich passt, bin ich auch immer wieder mal da. Ich habe mir letzte Saison zum Beispiel das Spiel gegen Paderborn angesehen, als sich die Sechziger gerettet haben", sagt er. Ein bisschen bleibt man wohl immer ein "Löwe".

Sein Weg führte ihn von 1860 nach Wolfsburg. Dort wurde er nicht glücklich und ging zu 1899 Hoffenheim, wo er von 2011 bis 2014 spielte. Womit er im Trend liegt im heutigen Derby. Denn fünf weitere Spieler haben eine Hoffenheimer Vergangenheit: Tobias Strobl (2011 bis 2016), Jannik Vestergaard (2011 bis 2015) und Jonas Hofmann (2004 bis 2011) bei den Borussen, Volland (2012 bis 2016) und Ersatztorwart Ramazan Özcan (2008 bis 2011) bei Bayer. Johnson, Strobl und Volland sind sogar Achtzehnsechzig-Achtzehnneunundneunziger, haben also eine doppelte Parallelität in ihrer Vita vor dem Rheinland.

Es scheint also so zu sein, dass bei 1860 München ausgebildete Hoffenheimer interessant sind für Klubs wie Gladbach und Leverkusen. Tatsächlich pflegen beide Teams einen einigermaßen vergleichbaren Stil: Tororientiert und flott spielen sie, und dies mit feiner Klinge, angeleitet von früheren Paderborn-Trainern, André Schubert hier, Roger Schmidt dort. Beide kommen aus einer ähnlichen Denkschule des Fußballs. Und die wird im Grundansatz auch in Hoffenheim praktiziert, allerdings noch nicht so fortgeschritten wie am Rhein, vor allem nicht so erfolgreich. Aber die Spieler sind gut vorgebildet, taktisch und fußballerisch. Volland war auch in Gladbach im Gespräch, und einen Kerl wie ihn, robust und schnell, den kann man sich ohne weiteres auch im Schubert-System vorstellen. Hoffenheim als erster Schritt nach 1860 und Gladbach/Leverkusen als die Konsequenz daraus, das klingt nach einem durchdachten Plan.

Dass es von den Sechzigern aber auch ohne den Umweg Hoffenheim passt, zeigen Bender, der direkt zu Bayer ging, und Baumgartlinger, der über Austria Wien und Mainz nach Leverkusen kam. Am Rande: Sein Profi-Debüt für die "Löwen" gab Baumgartlinger im November 2007 gegen Borussia — in der Zweiten Liga. Es gab ein torloses Remis an jenem Tag. Das wäre für das Spitzenspiel heute ein dünnes Resultat, und nebenbei auch untypisch zwischen Gladbach und Leverkusen. Da wurde meist nicht mit Toren gegeizt.

Dass der 1860-1899-Faktor beim heutigen Treffen zwischen 1900 (Borussia) und 1904 (Bayer) entscheidend sein kann, ist mindestens vorstellbar, da es in der Summe ja acht betroffene Spieler gibt. Kevin Volland zum Beispiel hat eine starke Vorbereitung absolviert und wird gewillt sein, von Anfang an bei Bayer zu zünden. Nach seinem letzten Besuch im Borussia-Park, damals noch mit Hoffenheim und als Teamkollege von Tobias Strobl, stand er im Spielergang noch lange mit Fabian Johnson zusammen. Zur Debatte stand eine 1:3-Niederlage, bei der Volland nicht viel ausrichten konnte. Dass es heute auch so wird, daran wären gern Jannik Vestergaard und Tobias Strobl beteiligt, die nach Gladbach geholt wurden, um der Defensive Stabilität zu geben. Sie und auch Johnson kennen Volland und seine Stärken gut. Aber auch seine Schwächen. Da wollen sie ansetzen, um ihn aufzuhalten. Grundsätzlich ist zu sagen: Man weiß ja, wo man herkommt.

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