Borussia Mönchengladbach Schubert nochmal auf dem Premierenteppich

Mönchengladbach · "Das erste Mal" hat Gladbachs neuer Cheftrainer in den vergangenen Wochen schon häufiger erlebt. Jetzt steht die Premiere gegen Bayern München an. Die Tatsache, dass sie im eigenen Stadion steigt, darf Mut machen – wie die Geschichte seiner Vorgänger zeigt.

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"Das erste Mal" hat Gladbachs neuer Cheftrainer in den vergangenen Wochen schon häufiger erlebt. Jetzt steht die Premiere gegen Bayern München an. Die Tatsache, dass sie im eigenen Stadion steigt, darf Mut machen — wie die Geschichte seiner Vorgänger zeigt.

Ja, wir haben verstanden. Langsam soll es gut sein mit dem ganzen Gerede über die vielen Premieren des André Schubert. Das erste Spiel als Gladbach-Coach überhaupt, das erste Champions-League-Spiel, das erste nicht gewonnene Meisterschaftsspiel, die erste Partie in der Bundesliga als Cheftrainer — das alles hat Schubert in den vergangenen Wochen erlebt. Und er hat immer betont, dass seine Person dabei nicht so wichtig, sondern die Leistung der Mannschaft in den Vordergrund zu stellen sei.

In Ordnung, aber: Einmal müssen wir jetzt doch noch. Es steht ja schließlich nicht irgendeine Premiere an. Zum ersten Mal trifft André Schubert als Gladbacher Trainer auf den FC Bayern München. Und es ist auch nicht irgendein Spiel, es ist das Spiel der beiden momentan besten Bundesliga-Mannschaften — auf den Zeitraum der neun Schubert-Spieltage bezogen, an denen die Münchner 25 und die Gladbacher 23 Punkte holten.

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Dass Schubert seine Premiere gegen den Rekordmeister im heimischen Borussia-Park erlebt, darf er dabei als gutes Omen werten. Denn es verwundert nicht, dass sich die allgemeine Bundesliga-Bilanz der Gladbacher gegen die Münchner auch in den Ergebnissen widerspiegelt, die Schuberts Vorgänger auf der Borussen-Bank bei ihren jeweiligen Bayern-Premieren erzielten. So stehen auswärts in der Bundesliga-Historie 34 Niederlagen, zehn Unentschieden und nur bescheidene drei Siege für die Fohlen zu Buche.

Dazu passt, dass sämtliche Trainer, die das erste Spiel gegen die Bayern in München bestreiten mussten, mit leeren Händen an den Niederrhein zurückkehrten. Einzig Jupp Heynckes erreichte 2006 ein 1:1, es war allerdings seine zweite Amtszeit als Gladbacher Trainer. Gerd vom Bruch (0:2 im Jahr 1989), Jürgen Gelsdorf (0:3, 1991), Norbert Meier (2:3, 1997), Dick Advocaat (1:2, 2005), Michael Frontzeck (1:2, 2009) und Lucien Favre (0:1, 2011) verloren dagegen ihre Premiere.

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Foto: dpa, geb hak

Ganz anders sieht es daheim aus, in Mönchengladbach. Dort, wo sich die Bayern traditionell schwertun. Nur elf Siege, dafür schon 18 Niederlagen und 76 Gegentore: Bei keinem Klub, der mehr als fünf Bundesliga-Spielzeiten vorzuweisen hat, kommt der Rekordmeister auf einen so schlechten Punkteschnitt wie bei der Gladbacher Borussia. Entsprechend sieht die Bilanz der Trainerpremieren aus. Nur zwei Trainer verloren ihr erstes Mal gegen die Bayern: Hennes Weisweiler (1:2 im allerersten Aufeinandertreffen der beiden Aufsteiger 1965) und Rainer Bonhof (0:2 in Gladbachs erster Abstiegssaison 1998/99). Bernd Krauss (2:2, 1993), Hannes Bongartz (2:2, 1997), Holger Fach (0:0, 2003) und Jos Luhukay (1:1, 2007) erreichten jeweils ein Unentschieden — zu einer Zeit, als die Bayern dem früheren Titelkonkurrenten längst enteilt waren und stets als Favorit in den Bundesliga-Evergreen gingen. Und dann sind da noch fünf Trainer, die ihr erstes Spiel gewannen und denen es Schubert sicherlich gerne nachmachen würde.

Wer an Premierensiege Gladbacher Trainer gegen den FC Bayern denkt, kommt wahrscheinlich schnell auf Horst Köppel. Und das liegt weniger an der Tatsache, dass der langjährige Borussen-Stürmer der bislang letzte Gladbach-Coach ist, dem auf Anhieb ein Sieg gegen die Münchner gelungen ist. Es ist vielmehr der Umstand, dass Köppel am 30. Oktober 2004 generell Premiere als Trainer bei Borussias Profis feierte. Der U23-Coach sollte nur die Zeit zwischen dem entlassenen Holger Fach und dem wenige Tage später verpflichteten Dick Advocaat überbrücken. Ein Zeitraum, in dem nur ein Bundesligaspiel lag, das Heimspiel gegen die Bayern.

Die Vorzeichen waren eindeutig, Gladbach ging als Drittletzter nach zehn Spieltagen und als klarer Außenseiter in die Partie gegen den Tabellendritten, bei dem Felix Magath das Regiment übernommen hatte. Doch der Interimscoach auf Gladbacher Seite behielt an jenem Tag im noch jungen Borussia-Park die Oberhand gegenüber dem Münchner Startrainer. Marcelo Pletsch in der 50. und Joker Joris van Hout in der 84. Minute sorgten mit ihren Kopfballtoren für einen 2:0-Überraschungscoup und bescherten Köppel einen sensationellen Einstand, der zugleich auch sein vorläufiges Ende war. Wenige Monate später übernahm er die Profis dann aber nicht nur übergangsweise.

29 Jahre vor Köppels Triumph war es erstmals einem Gladbacher Trainer gelungen, die Bayern gleich im ersten Aufeinandertreffen zu bezwingen. Und es war nicht irgendein Premierensieg. "Für uns war das 4:1 im September 1975 ein wichtiger Sieg auf dem Weg zur vierten Deutschen Meisterschaft, aber besonders wichtig war es für unseren Trainer Udo Lattek, der kurz zuvor Hennes Weisweiler abgelöst hatte. Wir wussten natürlich, dass Lattek zuvor bei den Bayern gewesen war und nun unbedingt gegen seinen alten Verein gewinnen wollte. Das kannten wir schon von Weisweiler, wenn wir gegen Köln gespielt hatten. Da war keine Ansprache mehr nötig", erinnerte sich später einmal Borussias Torwart Wolfgang "Otto" Kleff an jenen 4:1-Erfolg im Spitzenspiel am 20. September 1975. Uli Stielike, Allan Simonsen, Dietmar Danner und Henning Jensen machten mit ihren Toren Lattek glücklich, der im Winter zuvor bei den Bayern nach fünf überaus titelreichen Jahren entlassen worden war. Das 4:1 zementierte auch die Hackordnung in der Bundesliga, in der Borussia den großen Bayern Mitte der 70er Jahre den Rang abgelaufen hatte. Vier Jahre später sah das schon wieder anders aus.

Als sich die Bayern 1979 anschickten, wieder die Vorherrschaft in der Liga nach einigen titellosen Jahren zu übernehmen, steckte Gladbach im größten Umbruch seiner Bundesligageschichte. Jupp Heynckes war auf Udo Lattek gefolgt und übernahm den Aufbau einer neuen Generation von Fohlen. Seinen ersten Sieg als Bundesligatrainer feierte Heynckes mit seinem jungen Team am vierten Spieltag — zuhause am Bökelberg gegen die Bayern. Am 5. September 1979, einem Mittwochabend, konterten die Borussen die Gäste zweimal klassisch aus. Rudi Gores und Harald Nickel sorgten für eine 2:0-Pausenführung, nach dem Wechsel konnte Bernd Dürnberger für München nur noch verkürzen.

Diesem ersten sollten für Heynckes noch zahlreiche Bundesligasiege mit den Gladbachern folgen. Acht Jahre am Stück blieb er Chefcoach bei Borussia, ehe er 1987 dem Lockruf des FC Bayern folgte. Kaum in München angekommen, kehrte er mit den Bayern an den Niederrhein zurück — und verlor gegen seinen alten Co-Trainer.

Wolf Werner, der zuvor Heynckes‘ Assistent gewesen war, feierte mit Borussia am 2. September 1987 einen 2:0-Erfolg, mit dem Gladbach die Bayern in der Tabelle auch überholte. Wie schon acht Jahre zuvor war es ein Flutlichtspiel an einem Mittwoch, das diesmal Uwe Rahn zu seiner großen Bühne machte. Dem langen Blonden, der wenige Wochen zuvor zum Fußballer des Jahres gekürt worden war, gelang mit einem Flugkopfball und einem verwandelten Foulelfmeter der entscheidende Doppelschlag bereits kurz vor der Halbzeit.

Während somit auch Wolf Werner relativ kurz nach seinem Einstieg als Gladbach-Coach zum ersten Sieg über den Rekordmeister kam, musste Hans Meyer fast zwei Jahre auf seine Chance warten. Borussias heutiges Präsidiumsmitglied musste die Gladbacher erst einmal aus der Zweiten Liga zurück ins Oberhaus führen, ehe er seine Bundesliga-Premiere feiern durfte.

Und Meyer führte sich am 29. Juli 2001 mit einem Paukenschlag ein: Der Aufsteiger bezwang am Bökelberg den amtierenden Champions-League-Sieger aus München 1:0. Berühmt wurde indes nicht nur das Spiel, in dem Arie van Lent Torwart-Titan Oliver Kahn mit einem Linksschuss zum frühen Siegtreffer bezwang, sondern auch Meyers Satz in der anschließenden Pressekonferenz: "Ich gehe jetzt nach Hause und mache ein Fläschchen von diesem Sechs-Mark-Sekt auf."

Ob sich André Schubert auch etwas gönnen wird, sollte er tatsächlich die Überbayern schlagen? Vielleicht wird ihn im Fall der Fälle jemand danach fragen — auch wenn das mit dem Premieren-Thema jetzt bald ein Ende haben soll. Aber dieses eine Mal muss es wohl noch sein.

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