Borussia Mönchengladbach Wie viel FC Bayern steckt in Borussias Spiel?

Mönchengladbach · Wenn Borussia auf die Bayern trifft, ist das nicht zuletzt ein Duell der Taktik-Gurus Lucien Favre und Pep Guardiola. Was also hat das Spitzenspiel in taktischer Hinsicht zu bieten? Tobias Escher, Mitbegründer des Taktik-Portals spielverlagerung.de, verrät, wie beide Teams vorgehen.

 Gladbachs Trainer Lucien Favre ist überzeugt von seinem 4-4-2-System.

Gladbachs Trainer Lucien Favre ist überzeugt von seinem 4-4-2-System.

Foto: dpa, rwe hak

Ist Gladbach — Bayern für Taktikfreunde ein Spitzenspiel?

Tobias Escher: Auf jeden Fall! Bislang hat sich in dieser Saison noch kein Verein als Bayern-Bezwinger aufgedrängt. Viele Teams stellen sich weit hinten rein, ohne dabei kompakt und abgeklärt genug zu agieren. Gladbach könnte ein Härtetest für die Bayern werden.

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Was hat sich im Spiel der Bayern verändert, seit Alonso statt Kroos auf dem Platz steht und Lewandowski Mandzukic abgelöst hat?

Escher: Xabi Alonso spielt tiefer als Kroos, der eher eine Art Verbindungsspieler war. Alonso ist fast schon eine Art Quarterback — er fällt permanent in die Abwehr zurück und macht von ganz hinten das Spiel. Das wiederum befreit die Außen- und auch die Innenverteidiger stärker, sie können häufiger aufrücken. Viele Elemente des Bayern- Spiels sind flexibler geworden, auch wenn eine gewisse Abhängigkeit von Alonso zu erkennen ist. Mit Lewandowski wiederum versucht das Team, stärker durch das Zentrum zu gelangen und weniger auf Flanken zu setzen.

Wie ist der bayerischen Ballbesitz- Maschine als Gegner am besten beizukommen - mit Pressing oder dem Eng-Machen von Räumen in der eigenen Hälfte?

Die besten Bilder von Gladbach gegen Bayern
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Escher: Real Madrid hat in der vergangenen Saison vorgemacht, dass eine Mischung aus beiden Elementen nötig ist, um die Bayern zu bezwingen. Sie haben früh gestört, sind dann aber auch schnell wieder in eine kompakte Ordnung am eigenen Sechzehner zurückgekehrt. Diese Saison prüfte noch kein Gegner den Münchener Spielaufbau mit einem hohen Pressing. Ich bin sehr gespannt, wie Xabi Alonso damit klarkäme — in der Vergangenheit hatte er so seine Probleme, wenn er weit in der eigenen Hälfte unter Druck gesetzt wird. Das weiß übrigens auch Guardiola, der als Barca- Trainer bei den Clasicos gegen Real einen Pressing-Fokus auf Alonso legte.

Borussia ist in dieser Saison noch stabiler geworden, wenn es darum geht, sich spielerisch aus Pressing-Situationen des Gegners zu befreien...

Escher: Und das wird gegen die Bayern besonders wichtig. Sie haben noch einmal einen großen Schritt im Gegenpressing gemacht. Götze und Lewandowski weichen ständig auf die Flügel aus und unterstützen das Gegenpressing. Nach Ballgewinnen sieht sich das gegnerische Team oft einer Münchener Überzahl in Ballnähe gegenüber — wohl dem, der sich flach daraus befreien kann. Die Borussia hat in diesem Punkt klare Fortschritte gemacht.

Wo würden Sie Borussia von der taktischen Reife und Flexibilität her in der Liga einordnen?

Escher: Gladbach ist im eigenen 4-4-2-System eingespielter als fast alle Konkurrenten. Kruse und Raffael harmonieren mittlerweile perfekt, das Timing der Außenstürmer bei Sprints in die Tiefe wird immer besser. Defensiv verteidigt die Borussia im Raum kompakt wie eh und je. Innerhalb dieses Systems hat Favre zudem viele Möglichkeiten zu wechseln, gerade auf den Außenstürmer- Positionen. Wenn es einen leisen Kritikpunkt gibt, dann vielleicht die Flexibilität. Favre ist sehr überzeugt von seinem 4-4-2-System, nur ab und an wechselt er auf ein 4-1-4-1. Mit einer Dreierkette experimentiert er nicht, auch wenn viele Bundesliga-Teams wie Mainz oder auch die Bayern sie derzeit erfolgreich als Ausweichsystem nutzen.

Wie viel FC Bayern steckt in Borussias Spiel?

Escher: Marti Perenau hat in seinem Buch über Guardiolas erstes Jahr bei den Bayern geschrieben, Guardiolas Idealbild vom Fußball sei, den Ball ruhig in der eigenen Hälfte zirkulieren lassen und in der gegnerischen Hälfte mit Tempowechseln vor das Tor zu gelangen. Man könnte sich eine ähnliche Aussage auch von Lucien Favre vorstellen. Gladbach hat in den vergangenen zwei Jahren das Ballbesitzspiel weiterentwickelt. Das flache, ruhige Spiel in der eigenen Hälfte ist bei Gladbach klar zu erkennen. In der gegnerischen Hälfte ist Gladbach aber vertikaler, riskanter angelegt.

Ihr Tipp: Wo landet Mönchengladbach am Ende der Saison?

Escher: Das Team ist eingespielt, dazu ist man in der Breite wesentlich besser aufgestellt. Europa-League sollte auf jeden Fall machbar sein. So sehr wie Schalke und der BVB gerade schwächeln, könnte sogar die Champions League machbar sein.

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