Borussia Favre: "Wir haben noch nichts erreicht"

(RP). Drei Spiele, drei Siege und der Sprung auf den Relegationsplatz. Lucien Favre hat Borussia Mönchengladbach neues Leben eingehaucht und vor allem die Abwehr stabilisiert. Der Schweizer drückt vor dem Saison-Finale in Hamburg aber auf die Euphoriebremse und weist darauf hin, dass "wir noch nichts erreicht haben." Karsten Kellermann sprach mit dem Borussen-Coach.

Lucien Favre kehrt zu OGC Nizza statt nach Gladbach zurück
24 Bilder

Das ist Lucien Favre

24 Bilder
Foto: dpa/Guido Kirchner

Haben Sie sich für das große Abstiegskampf-Finale etwas Besonderes einfallen lassen?

Favre: "Ich habe die Woche so geplant, dass wir intensiv arbeiten, um gut vorbereitet zu sein. Ich habe viele Videos vom HSV gesehen, wir wissen genau, was auf uns zukommt. Hamburg hat eine starke Mannschaft, das haben wir beim 1:1 in Leverkusen gesehen. Wir haben nichts anders gemacht als in den Wochen zuvor. Natürlich haben wir nicht vier Wochen lang immer das volle Tempo drin gehabt im Training, das kann man nicht durchhalten, wenn wir das gemacht hätten, würden wir vielleicht jetzt die Quittung bekommen. Wir wollen am Samstag wieder voll da sein."

Die Mannschaft hat nach drei Siegen in Folge den Sprung auf Platz 16 geschafft. Ist der ganz große Druck weg, da Ihr Team es jetzt selbst in der Hand hat?

Favre: "Nein, nein! Wir hatten, seit ich hier bin, in jedem Spiel den Druck, drei Punkte zu holen, und den haben wir jetzt auch. Wir müssen drei Punkte holen, um die Relegation sicher zu haben."

Also ist kein Platz für Euphorie nach drei Siegen in Serie?

Favre: "Wir haben keinen Grund euphorisch zu sein. Wir haben uns zuletzt gegen Freiburg schwer getan, haben nicht geduldig genug gespielt. Das muss in Hamburg anders sein. Wir müssen die Ruhe bewahren. Daran haben wir in dieser Woche auch gearbeitet."

Wenn Sie mal nicht Gegner analysieren, am Ihrem Team tüfteln oder auf dem Trainingsplatz stehen, sind Sie dann zwischendurch auch mal ein bisschen stolz auf das, was Sie bislang in Gladbach bewegt haben?

Favre: "Ich habe nur meinen Job gemacht, dafür bin ich geholt worden."

Was haben Sie gemacht, um dem Team, das vorher hilflos wirkte, so viel Selbstvertrauen zu geben?

Favre: "Wir haben konzentriert und mit Überzeugung gearbeitet. Wir haben immer gesagt, dass wir daran glauben, dass der Abstieg zu vermeiden ist. Das hat der Mannschaft das nötige Vertrauen gegeben. Sie ist besser, als sie in der Tabelle dasteht, das zeigt sie jetzt. Aber wir haben noch nichts erreicht. Wir sind 16. in der Tabelle, aber wir können auch absteigen. Darum müssen wir beim HSV gewinnen."

Schauen Sie während des Spiels auf die Ergebnisse der Konkurrenten?

Favre: "Ich schaue nur auf unser Spiel. Wir müssen unsere Arbeit machen und Fußball spielen — ohne dabei die Defensivarbeit zu vergessen."

Gibt es etwas, was sie in den vergangenen Monaten positiv überrascht hat?

Favre: "Wir haben kontinuierlich gut gearbeitet, alle haben immer sehr gut mitgezogen. Es gab einige Rückschläge, aber die hat die Mannschaft gut verkraftet. Aber das ist für mich keine Überraschung, es ist einfach die Wahrheit über dieses Team."

Sie haben dem erst 19-jährigen Torwart Marc-André ter Stegen das Vertrauen geschenkt. Er wirkt sehr abgeklärt.

Favre: "Marc ist sehr solide und ruhig, vor allem ist er aber gut. Darauf kommt es an."

Haben Sie den möglichen Relegations-Gegner, den VfL Bochum, schon analysiert?

Favre: "Relegation? Ich bitte Sie! Wir haben am Samstag ein Spiel beim Hamburger SV, das letzte Saisonspiel. Nur darauf konzentriere ich mich. Das genügt. Aber wir haben natürlich die nötigen Informationen, wenn wir in die Relegation gehen müssen."

Marco Reus hat Anfang April die neunte Gelbe Karte gesehen. Wenn er beim HSV die zehnte Verwarnung bekommt, wäre es im ersten Relegationsspiel nicht dabei.

Favre: "Marco weiß, dass er keine Gelbe Karte bekommen darf, das weiß er schon lange. Es wäre nicht gut, wenn er nicht dabei ist."

Wenn Sie Borussia retten, haben Sie all jene widerlegt, die sagen, Sie seien kein Feuerwehrmann.

Favre: "Ich mache nur meinen Job. Wenn ich nicht von Anfang an das Gefühl gehabt hätte, dass wir es noch schaffen können, wäre ich nicht nach Gladbach gekommen. Und als Trainer muss man sich in der Bundesliga auskennen, da weiß man, was zu tun ist. Wir haben gut und präzise trainiert, haben gut gearbeitet. Die Mannschaft hat es im Spiel gut umgesetzt. Aber bevor ich hier zum Feuerwehrmann erklärt werde, sage ich: Wir haben noch nichts erreicht, wir müssen in Hamburg gewinnen. Jeder kennt die Tabelle und weiß, dass noch alles passieren kann."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort