Borussia Mönchengladbach Lucien Favre dementiert Rücktritts-Gerüchte

Mönchengladbach · Lucien Favre, Trainer von Borussia Mönchengladbach, spricht über das 0:1 gegen Bayer Leverkusen, die Situation seines Teams nach drei verlorenen Spielen in Folge und erklärt, was derzeit fehlt, um erfolgreich zu sein. Und er sagt, dass er keineswegs Rücktrittsgedanken habe.

 Lucien Favre denkt nicht an Rücktritt bei Borussia Mönchengladbach.

Lucien Favre denkt nicht an Rücktritt bei Borussia Mönchengladbach.

Foto: Dieter Wiechmann

Herr Favre, Sie haben mit Ihren Aussagen nach dem 0:1 gegen Bayer Leverkusen ein bisschen für Aufregung gesorgt. Sie haben gesagt, dass sie als Trainer für die Mannschaft verantwortlich sind — und Konsequenzen ziehen müssen, wenn es nicht funktioniert. Was haben Sie damit gemeint?

Favre Ich habe immer gesagt, ich plane, dass ich hier zehn Jahre bleibe, aber immer nach sechs Monaten eine Bilanz ziehe. Ich habe auch gesagt, dass ich zuversichtlich bin, dass wir es schaffen, wieder bessere Ergebnisse zu erzielen. Wenn das nicht der Fall ist, müssen wir uns hinterfragen, was wir ändern können, punkt.

Es klang ein wenig danach, dass Sie darüber nachdenken, zurückzutreten.

Favre (lacht) Nein, überhaupt nicht.

Sie denken also nur darüber nach, was Sie verbessern können?

Favre Wir waren am Freitagabend alle enttäuscht, denn in diesem Spiel hätten wir einen Punkt erreichen müssen. Ich habe mir das Spiel noch einmal angeschaut. Leverkusen war nicht besser als wir. Deshalb war es frustrierend, zu verlieren und wir waren tief enttäuscht. Mit einem Punkte wären wir zufrieden gewesen, genau wie in Hannover. Wir dürfen unsere Mannschaft nicht unterschätzen, wir haben ein gutes Team. Aber wir dürfen sie auch nicht überschätzen. Klar, wir waren nach der Hinrunde Dritter und die Erwartungen sind da. Aber wir dürfen nicht übertreiben.

Haben Sie die Frustration einen Tag nach dem Spiel überwunden?

Favre Nein, bei mir dauert es immer ein paar Tage, bis ich eine Niederlage verarbeitet habe, besonders, wenn sie so ärgerlich wie die gegen Leverkusen.

Was muss passieren, dass Borussia wieder Erfolg hat?

Favre Es sind ja Kleinigkeiten, die nicht klappen. Es gab am Freitag auf beiden Seiten keine großen Torchancen, es war sehr eng. Wir hatten am Ende und in der ersten Halbzeit ein paar Chancen, da hätten wir besser abschließen können. Vor allem bedauere ich das 0:1. Wir haben den Ball verloren, aber es war nicht nur der Spieler, der den Ball verliert. Die anderen waren nicht gut positioniert. Es war für mich fast ein Geschenk, auch wenn es Son sehr gut gemacht hat. Es war wieder ein Konter, wie in Hannover. Das müssen wir besser beherrschen. Es war für mich schwer zu akzeptieren, weil es ein sehr unnötiges Tor war.

Woran liegt es, dass sich ihre Mannschaft im Spiel nach vorn schwer tut? An der Laufbereitschaft? Am System?

Favre Wir hatten ja unsere Möglichkeiten, das dürfen wir nicht vergessen. Gegen die Bayern hatten wir zwei Pfostenschüsse, in Hannover hatten wir 65 Prozent Ballbesitz, das ist sehr gut gegen eine heimstarke Mannschaft. Jetzt haben wir gegen Leverkusen, einen Champions-League-Achtelfinalisten gespielt, also auch eine gute Mannschaft. In dem Spiel habe ich viel gesehen, das mich optimistisch stimmt. Wir müssen es in Ruhe analysieren. Aber natürlich: Wir haben aus drei Spiele null Punkte geholt. Das ist eine schwierige Situation. Aber es ist so. Unser Programm ist nicht einfach, und es wird weiter so sein. Das Problem ist, dass man durch Niederlagen Selbstvertrauen und Ruhe im Spiel verliert. Darum müssen wir weiter hart arbeiten. Wir waren nicht weit weg von einem positiven Ergebnis gestern und müssen weiter am Limit spielen — dann kommt der Erfolg zurück. Wir dürfen nicht vergessen, dass es auch in der Hinrunde trotz der 33 Punkte immer eng war in den Spielen.

Wie bereiten Sie das Team auf das nächste Spiel am Samstag in Bremen vor?

Favre Es sind Details. Manchmal ist es besser statt eines Pressings zurückzugehen und die Aktion bremsen. Es geht um Spielintelligenz, da haben wir gestern und auch in Hannover zwei große Fehler gemacht, daraus sind die Tore gefallen. Auch an der Ballannahme und am letzten Pass müssen wir arbeiten.

Geht manchmal die Geduld verloren, weil die Spieler zu viel wollen und das Erfolgserlebnis erzwingen wollen?

Favre Das ist richtig. Es ist wichtig, geduldig zu sein. Ein Tor kann man immer machen. Aber man darf dem Gegner nicht viele Möglichkeiten geben. Das hat gegen Leverkusen gut funktioniert, Bayer hatte nicht viele Chancen. Aber es gab die eine — und das war ein Tor. Das ist so im Fußball. Wir haben das Spiel zusammen analysiert und haben einige positive Sache gesehen.

Können Sie diese positiven Sachen benennen?

Favre Wir haben gegen eine gute Mannschaft gespielt und haben unser Spiel ohne Angst gemacht. Aber letztlich zählt natürlich das Ergebnis.

Fehlt ein Erfolgserlebnis, um solche Spiele wieder zu gewinnen, wie es in der Hinrunde war?

Favre Ja, natürlich. Man braucht ein Erfolgserlebnis. Auch ein 0:0 fühlt sich besser an als eine Niederlage. Niederlagen sind immer schwer zu verdauen, vor allem, wenn man dreimal in Folge verliert. Aber ich erinnere daran, dass es auch in der Hinrunde anfangs nicht leicht für uns war. Wir müssen weiter arbeiten, dann wird es wieder kommen. Wir sind positiv.

Womit erklären Sie sich, dass das Spiel nach vorn in der Hinrunde sehr effektiv war und diese Effektivität jetzt fehlt?

Favre Wir müssen ganz sicher am Abschluss arbeiten, an der Präzision der Schüsse aufs Tor, am letzten Pass. Es sind wie gesagt Details. Das ist aber menschlich.

Denken Sie darüber nach, personell etwas zu verändern?

Favre Noch einmal: Es waren nur drei Spiele und wir haben nicht schlecht gespielt. Natürlich haben einige junge Leute hintendran, die nach vorn drängen. Aber zum Beispiel hat ein Julian Korb zwei Jahre gewartet, bis er seine Chance bekam. Man muss den richtigen Zeitpunkt finden, um die jungen Spieler zu bringen. Wir haben Alternativen, aber man muss es intelligent machen. Die Mannschaft, die gespielt hat, hat 33 Punkte in der Hinrunde geholt. Und es ist sehr gut für uns gelaufen, es sind Kleinigkeiten, die entscheiden, ob man 33 oder 20 Punkte hat. Man muss einer Mannschaft vertrauen. Ein paar Spieler kommen langsam — wir werden sehen.

Sie gelten als ein Trainer, der immer Lösungen gefunden hat. Jetzt haben Sie zum ersten Mal als Borussen-Trainer drei Spiele in Folge verloren. Ärgert es Sie, dass Sie noch nicht die richtige Lösung gefunden haben?

Favre Wir wussten, dass es schwierig wird mit unserem Programm. Die Bayern, in Hannover, dann Leverkusen, das kann sehr gefährlich sein. Aber wir müssen, ich sage es noch einmal, positiv denken. Gegen Leverkusen war es keine Topleistung, aber eine gute Leistung. Natürlich dürfen wir das auch nicht überbewerten. Wenn nicht alle Spieler alles geben, wird es schwer, das sage ich immer.

Kann man das an einem Spieler wie Havard Nordtveit festmachen. Er hat als Rechtsverteidiger gut gespielt, aber dann im entscheidenden Moment zu passiv ist. Gilt das für das gesamte Team: Im Großen und Ganzen ist es okay, aber dann gibt es entscheidende Fehler?

Favre Natürlich hätten wir die Situation vor dem Tor besser lösen können. Es gab da mehrere Fehler. Wir waren mit drei gegen eins in Überzahl, aber schon vorher gab es zwei Fehler. Den Ballverlust und ein Spieler war falsch positioniert. Das wissen wir.

Ärgert es Sie, wenn Sie jetzt lesen, dass Gladbach in der Krise ist?

Favre Das gehört dazu. Ich finde aber, es wird in Deutschland ein wenig übertrieben. Es ist immer schwierig, wenn man dreimal in Folge verliert. Aber noch einmal: Wir können nicht plötzlich fordern, dass wir oben spielen müssen. Wenn wir große finanzielle Möglichkeiten hätten, könnte ich das verstehen. Aber Gladbach war vor drei Jahren am Boden, dann haben eine Supersaison gemacht, haben dann wichtige Spieler verloren und einen Neuaufbau gemacht. Gladbach ist nicht mehr das Gladbach der 70er Jahre. Logisch, dass noch alle davon träumen. Aber es braucht viel Zeit, etwas aufzubauen. Natürlich spricht man lieber über Europa League oder Champions League als über Abstiegskampf. Es ist ja auch nicht lange her, dass hier darüber gesprochen werden musste, das war 2009 und 2011 so. Wir müssen natürlich etwas fordern, aber es muss eine vernünftige Balance geben bei den Ansprüchen. Ich verstehe ja, dass man die Dinge ein wenig sensationeller aufbereiten muss. Aber man muss auch aufpassen, wie es ankommt. Manchmal ist es einfach nicht gesund.

Die Fans diskutieren darüber, dass Borussia zu ausrechenbar sei mit Ihrem Kurzpassspiel. Muss etwas verändert werden?

Favre Wir haben viele verschiedene Sachen trainiert: Spielaufbau über den Torhüter, Konter, Ballbesitz, Powerplaysituationen. Wir spielen manchmal lang, manchmal kurz. Wir müssen uns kontinuierlich entwickeln, das ist natürlich so. Daran arbeiten wir.

(spol)
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