Borussia Mönchengladbach Granit Xhaka ist erwachsen geworden

Mönchengladbach · Der Mittelfeldspieler aus der Schweiz eckte 2012, als er gerade aus Basel zur Borussia gekommen war, mit forschen Sprüchen an. Heute darf der 22-Jährige forsch sein - weil er seinen Worten sportliche Taten folgen lässt.

Borussia Mönchengladbach: Granit Xhaka ist erwachsen geworden
Foto: Imago

Sommer 2012. Granit Xhaka war neu. Gerade vom FC Basel gekommen, für ein horrendes Geld, neun Millionen Euro. In Basel war er ein Star. Mit 19. Und nun die Bundesliga, Borussia. Xhaka gab in der Schweiz Interviews und sagte, er sei nicht nach Gladbach gekommen, um gegen den Abstieg zu spielen. Es rumorte. Er habe eine große Klappe, hieß es. Er solle erstmal zeigen, was er kann. Das klappte nicht. Xhaka tat sich schwer, machte Fehler. Und saß plötzlich auf der Bank.

Sommer 2015. Granit Xhaka ist ein gefragter Mann in seiner Heimat, er gilt als der heimliche Boss der "Nati". Bei einer Umfrage des "Blick" votierten 70 Prozent für den Borussen und nicht für Gökhan Inler. Der ist der Kapitän der Schweiz, Xhaka - noch - der Kronprinz. "Irgendwann wird sich Vladimir Petkovic entscheiden müssen", sagt Xhaka. Ein forscher Satz. Doch es gibt keine Entrüstung mehr. Granit Xhaka ist erwachsen geworden - und so gut, dass er auch forsche Sachen sagen darf.

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2012 war Xhaka 19. Er hatte noch in seinem Kinderzimmer der elterlichen Wohnung gelebt, bevor er nach Gladbach umzog. "Ich war erstmals von zu Hause weg, von Familie und Freunden. Ich bin ein totaler Familienmensch. Dann lief es auch fußballerisch nicht nach Wunsch", sagte Xhaka nun in einem Interview mit dem "Blick". Er trägt sein Herz noch immer auf der Zunge, doch sind seine Worte geschickter gewählt.

Xhaka ist jetzt 22, er hat sich zuletzt verlobt. Er hat bei der Weltmeisterschaft in Brasilien gespielt. Und er ist in Gladbach zum Chef im Mittelfeld gereift. Er ist der Initiator, der Antreiber, der Ideengeber. Sein Spiel ist ruhiger geworden, besonnener. Wie Xhaka, auch wenn er noch immer impulsiv ist. Das ist das albanische Blut in seinen Adern. Er steht zu seinen Wurzeln. Auch emotional.

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Seine Worte von 2012 bereut er heute nicht mehr. Denn Xhaka hat gelernt, zu lernen. Vor allem aus Fehlern. "Mittlerweile bin ich sogar froh, dass ich das damals so gesagt habe. Denn erstens ist es nun eingetroffen. Und zweitens weiß ich nun, dass ich mich damals falsch ausgedrückt habe. Ich bin ein Typ, der gerne Fehler macht, aber ich bin auch ein Typ, der daraus lernt", sagte er. Sein älterer Bruder Taulant hat ihm mal die Leviten gelesen. Dann hat er angefangen, die Probleme nicht nur bei anderen zu orten, sondern sich selbst hinterfragt. Seitdem hat sich Granit Xhaka stetig gesteigert. "Zum Glück hat mir Borussia noch mal eine Chance gegeben", sagte er.

Borussias Trainer Lucien Favre, sein Landsmann, habe entscheidenden Anteil an seiner Entwicklung, sagte Xhaka. Favre kritisierte, forderte ein, es gab viele Gespräche und Sonderschichten, harte Arbeit im Detail. Es wird so bleiben. Xhaka weiß: "Gerade jetzt brauche ich ihn. Er ist ein Trainer, der die Spieler am Boden hält. Er findet immer Details, die es zu verbessern gilt. Auch wenn andere dich loben." Xhaka hat zudem gelernt, dass zu viel Lob die Sinne vernebeln kann, dass konstruktive Kritik den Kopf klar macht und die Sinne schärft. Fußball ist ein Tagesgeschäft, aus Meriten von gestern wird heute der Anspruch für die Zukunft, sie wecken Begehrlichkeiten.

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Auch bei anderen Klubs. Xhaka hat im Winter seinen Vertrag in Gladbach bis 2019 plus ein Jahr Option verlängert. Sportdirektor Max Eberl kam gerade recht damit, "heute wäre das nicht mehr möglich", weiß der Manager (gleiches gilt für Patrick Herrmann). Es wäre wohl schwierig gewesen, Xhaka zu halten. Viele Topklubs aus Europa wollten Xhaka.

"Sicher ist es mein Traum, irgendwann mal in einem Top-Top-Top-Team zu spielen. Das wissen auch die Verantwortlichen in Gladbach. Wann das sein wird, weiß ich nicht. Wie gesagt: Im Moment bin ich sehr, sehr glücklich in Gladbach", sagte Xhaka. Er könne sich eine Karriere vorstellen, wie die von Ivan Rakitic, der von Basel über die Bundesliga (Schalke) zum Champions-League-Sieg beim FC Barcelona kam. "Ich weiß, was für ein Potenzial ich habe. Wenn alles passt", sagte Xhaka.

In Gladbach passt derzeit alles. Er glaubt an Borussias Weg, darum hat er sich lange an den Verein gebunden. Xhaka ist ein wesentlicher Baustein im niederrheinischen Konstrukt. Xhaka ist als Fußballer und Mensch gewachsen, und auch Borussia ist gewachsen. Zwar sei Borussia nicht "top, top, top", wie Bayern, Barcelona oder Madrid. "Aber Gladbach ist in den letzten Jahren wieder eine super Adresse geworden", sagte Xhaka.

Er hat dazu beigetragen, er ist stolz darauf, dass es auch seine Adresse ist. Und er freut sich darauf, im Borussia-Park, die "Top-Top-Top-Klubs" in der Champions League herauszufordern. Dass es dazu forsche Worte von Xhaka geben wird, ist zu erwarten. Er weiß, dass er reif dafür ist. Und dass er den Worten Taten folgen lassen kann.

(RP)
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