Borussia Mönchengladbach Netzer: "Borussia hat große Fortschritte gemacht"

Mönchengladbach · Günter Netzer (70) war der große Star der "Fohlenelf" von Borussia Mönchengladbach, die in den 60er und 70er Jahren die Bundesliga prägte. Am Montag starteten seine Nachfolger ins Training für die neue Saison, in die sie als Teilnehmer an der Champions League gehen. Netzer spricht über die Entwicklung der aktuellen Borussia.

Das ist Günter Netzer
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Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Herr Netzer, hat Sie Borussia Mönchengladbach, der Klub, bei dem Sie zum Star wurden, in der vergangenen Saison überrascht mit Platz drei und der Qualifikation für die Champions League?

Netzer Ja natürlich, es war eine sehr angenehme und positive Überraschung. Es war sehr schön zu sehen, wie die Gladbacher die Sache zum Ende durchgezogen haben und die Qualifikation für die Champions League geschafft haben. Das ist doch der große Fortschritt, den diese Mannschaft gemacht hat: Sie hat nach der starken Hinserie nicht wie in der Saison davor nachgelassen, sondern ist konstant geblieben.

Sie und auch andere Alt-Borussen wie Berti Vogts oder Jupp Heynckes haben dem Team von Lucien Favre durchaus zugetraut, sich für die internationalen Wettbewerbe zu qualifizieren.

Netzer Es gab ja auch Anlass dazu. Dass die Mannschaft Qualität hat und gut aufgebaut ist, war absehbar. Die Art und Weise, wie sie gespielt hat, die war im Vergleich zu anderen Mannschaften sehr gut. Es ist etwas herangewachsen in Mönchengladbach, und das freut mich.

Wie beurteilen Sie die Zukäufe des Klubs?

Netzer Ich denke, dass vor allem Lars Stindl von Hannover 96 eine sehr gute Verpflichtung ist. Er ist ein torgefährlicher Mittelfeldspieler, der strukturiert spielt. Auch Josip Drmic wird eine Verstärkung sein. Dass die Borussia zudem auf junge Spieler setzt, gefällt mir. Es ist richtig, dass sich Borussia gezielt verstärkt mit Spielern, die ins Konzept passen. Das entspricht Borussia, und es wäre falsch, diesen Weg zu verlassen. Der Weg nach oben geht nur behutsam, auch jetzt, da sie in der Champions League dabei ist. Es darf keine übertriebenen Kraftakte geben. Aber die Gefahr sehe ich nicht. Das Management baut den Kader weiter in Ruhe auf.

Wie wichtig ist Trainer Lucien Favre für den Erfolg?

Netzer Sehr wichtig. Er macht großartige Arbeit und baut seine Mannschaft mit Bedacht auf. Die Spieler haben Vertrauen zu ihm. Das ist eine gute Konstellation.

Es werden oft Parallelen zwischen der aktuellen Borussia und der Fohlenelf von einst aufgezeigt. Ist das statthaft?

Netzer Es gibt natürlich Parallelen. Aber Borussia hat sich heute einen Status erarbeitet, der ein Problem, das wir damals hatten, auffangen kann. Wir hatten damals immer wieder großen Substanzverlust, weil die großen Vereine die besten Spieler weggekauft haben. Das war über ein paar Jahre zu verkraften. Als ich zum Beispiel zu Real Madrid ging 1973, haben wir ganz einfach anders gespielt. Aber wenn man jedes Jahr große Substanz verliert, wird der spielerische Aderlass irgendwann zu groß. Das passiert heute auch, siehe Max Kruse. Aber Borussia ist nun in der Lage, den Substanzverlust wettzumachen, wie es scheint. Und manchmal ist es richtig, Spieler gehen zu lassen, wenn sie sich verändern wollen. Da hat Borussia richtig reagiert. Entscheidend ist, Alternativen zu finden und die eigene Linie weiter zu verfolgen.

Was trauen Sie Borussia in der neuen Saison zu - in der sie erstmals in der Champions League spielen wird?

Netzer Wie gesagt: Die Mannschaft ist sehr gut aufgebaut und hat gute Einzelspieler. Borussia kann in der Bundesliga wieder eine gute Rolle spielen. Und ich denke, dass Borussia - ein wenig Losglück vorausgesetzt - auch die erste Runde der Champions League überstehen kann. Das Potenzial dazu hat Gladbach. Aber genaue Prognosen kann man erst nach der Auslosung machen.

KARSTEN KELLERMANN FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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