Borussia Mönchengladbach Hahn: "Nach dem Schalke-Spiel hätte ich heulen können"

Mönchengladbach · André Hahn schildert, wie schwierig Verletzungen für einen ungeduldigen Menschen wie ihn sind. Er entschuldigt sich bei seiner Freundin und erzählt schließlich, was ihn 2015 sehr stolz gemacht hat.

André Hahn muss nach rüdem Foul von Johannes Geis vom Platz
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Hahn muss nach rüdem Foul vom Platz getragen werden

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Foto: dpa, fg hak

2015, ja, das war echt ein sehr schwieriges Jahr für mich. Es fing ja mit dem Achillessehnenproblemen an. Den Fuß in Gips, Teile der Vorbereitung verpasst, erstmal hinten dran. Im Sommer dann schon wieder: Muskelfaserriss in der Leiste, wieder Pause, Saisonstart ohne mich. Mitte Oktober war ich gerade wieder an der Mannschaft dran, treffe in Frankfurt zweimal, hatte die fast sichere Zusage, im Pokal auf Schalke von Anfang an spielen zu dürfen, und drei Tage vorher zu Hause gegen Schalke verletze ich mich zum dritten Mal, und diesmal bekanntermaßen schwer. Damit war mein Fußballjahr beendet.

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Foto: dpa, puc hak

In den ersten Tagen nach dem Schalke-Spiel hätte ich heulen können. Warum wieder ich? Schon wieder Krücken! Ich konnte sie einfach nicht mehr sehen. Ich habe sie verflucht, sie zu Hause in die Ecke gefeuert. Da muss ich mich eigentlich mal über die Zeitung bei meiner Freundin entschuldigen. Wenn ich verletzt bin, bin ich manchmal echt schwierig. Ich bin ein so ungeduldiger Mensch, die Leute in der Reha sind bestimmt schon genervt von mir. Sie müssen mich jeden Tag bremsen und sagen mir immer schon 20 Prozent weniger, als ich eigentlich machen darf, weil sie wissen, ich mache eh 20 Prozent mehr.

Aber gleichzeitig bin ich eben auch ein positiver Mensch. Ich weiß, dass meine Familie, meine Freunde und der ganze Verein hinter mir stehen. Ich sage mir: lieber in einem Jahr drei Verletzungen und dafür die nächsten zwei Jahre verletzungsfrei bleiben. Jeder weiß, dass eine Karriere nicht 15 Jahre lang überragend laufen kann. Ich habe ja noch zwei Jahre Vertrag, deswegen bin ich auch ganz ruhig. Wenn das mein letztes Vertragsjahr wäre, würde ich viel unruhiger sein. Ich glaube, dass diese schwierige Zeit mich am Ende menschlich und auch als Sportler sogar weiterbringt.

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Foto: dpa, sar fpt

In den Sekunden nach dem Foul von Johannes Geis habe ich mich nicht getraut, nach unten zu gucken. Ich habe erstmal gefühlt, ob ein Knochen raus guckt. Ich habe gedacht: Das wird nicht mehr so sein, wie es drei Sekunden vorher noch war. Dann die Schmerzen und die Fahrt im Krankenwagen, die gefühlt eine Stunde gedauert hat, wahrscheinlich waren es aber nur 20 Minuten. Schließlich die Diagnose: Ich hatte Glück im Unglück, die Kreuzbänder sind okay. Das war eine Erleichterung. Die Unterstützung danach, der Zuspruch von so vielen Seiten war unfassbar. Mir haben sogar Köln-Fans geschrieben: "Das geht über sportliche Rivalität hinaus. Wir wünschen Dir alles Gute! Nächstes Jahr im Derby stehst Du wieder auf dem Platz!"

Aber 2015 bestand ja nicht nur aus Verletzungen. Ich habe jetzt drei Champions-League-Spiele in meiner Vita stehen, und bei meinem Werdegang ist das nicht alltäglich. Darauf bin ich stolz, und ich denke, es werden mit Borussia noch weitere dazukommen. In der Reha bin ich sechs, sieben Stunden täglich im Borussia-Park. Das ist mein Körper, mein Kapital für den Job. Deswegen nehme ich das sehr ernst. Weihnachten war ich bei der Familie im Norden. Mama kocht, Oma wäscht - besser geht's doch nicht, oder?

Spaß beiseite. 2016 will ich vor allem gesund bleiben. Der Start wird nicht einfach: Muskelaufbau, Kondition, herankämpfen. Im Februar will ich wieder bei der Mannschaft sein. Das wird meine erste Herausforderung im neuen Jahr, und ich freue mich darauf. Denn darum geht es doch: Rückschläge in Herausforderungen umzumünzen.

(RP)
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