Borussia Mönchengladbach Hahns Grand Slam und ein 16:5 gegen Schalke

Mönchengladbach · André Hahn trifft – in jedem Wettbewerb und mit Vorliebe zum 1:0. Den Rest besorgte unter anderem Raffael, der nach 800 Minuten wieder traf. Christoph Kramer dagegen zog die Aufmerksamkeit anders auf sich.

Gladbach - Schalke: Einzelkritik
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André Hahn trifft — in jedem Wettbewerb und mit Vorliebe zum 1:0. Den Rest besorgte unter anderem Raffael, der nach 800 Minuten wieder traf. Christoph Kramer dagegen zog die Aufmerksamkeit anders auf sich.

1.) Hahns Grand Slam Was im Tennissport die Turniere in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York sind, das ist im Fußball das Trio aus Liga, Pokal und Europacup. Mit Toren in allen drei Wettbewerben hat André Hahn den kleinen Grand Slam geschafft, der große erfordert wohl noch einen Treffer im Nationalmannschafts-Trikot. Vergangenen Mai durfte es der Ex-Augsburger immerhin einmal tragen. Vor zwei Jahren traf lediglich Juan Arango sowohl in der Bundesliga als auch im Pokal und der Europa League — und zusätzlich noch in den Champions-League-Play-offs. Indes hat Hahn ein noch markanteres Markenzeichen: Gegen Schalke gelang ihm bereits zum vierten Mal in dieser Saison das 1:0, immer gewann die Borussia das Spiel.

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2.) Mit Anlauf Gladbachs mit einem gar nicht mal so brasilianischen Temperament ausgestatteter Brasilianer hatte auf dem Platz zuletzt etwa melancholisch gewirkt. Aber mit seiner Einser-Vorstellung am Samstag (das "summe cum laude" ist verhandelbar) hat Raffael alles vergessen gemacht, was zu Beginn noch nicht so hinhaute. Bereits im vergangenen Jahr war ihm das gelungen, als er sogar erst am 4. Spieltag sein erstes Tor erzielte. Danach folgten 15 Tore in 25 Partien, bevor Raffael das Toreschießen Ende März einstellte. Nach exakt 800 Minuten war es gegen Schalke wieder so weit. Zuvor war er zwei, drei, vier oder gar fünf Gegnern bereits mehrmals enteilt wie ein College-Runningback, der es im NFL-Draft auf Platz eins abgesehen hat.

3.) Zu Hause tonangebend Mit 36 Punkten aus 17 Spielen war die Borussia vergangene Saison das drittbeste Heimteam der Liga. Inklusive des 7:0 gegen Sarajevo ist der VfL jetzt sieben Spiele in Folge ungeschlagen im Borussia-Park, nur gegen den VfB Stuttgart gab es in dieser Zeit zweimal ein Unentschieden. Mit hängenden Köpfen schlich das Team von Lucien Favre zuletzt am 8. März in die Kabine. Damals legte beim FC Augsburg ein gewisser André Hahn zwei Tore auf.

4.) 16:5-Format "Die hätten auch zehn Stück machen können", sagte Klaas-Jan Huntelaar nach dem Spiel eher resignierend als hoffnungsvoll, obwohl es am Ende sechs Gegentore weniger geworden waren. Der Schalker Stürmer blieb in seinem fünften Gastspiel im Borussia-Park zum fünften Mal ohne Treffer. Damit ergeht es ihm so schlecht, wie es den Königsblauen seit einigen Jahren generell ergeht am Niederrhein. 1:0, 1:0, 2:1, 3:1, 3:0, 0:1, 2:1, 4:1 — sieben der vergangenen acht Heimduelle mit Schalke hat die Borussia für sich entschieden und dabei 16:5 Tore erzielt. Schief ging es lediglich im Mai 2013, als Raffael den Schalker Siegtreffer durch Julian Draxler genial auflegte.

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5.) Verwirrung stiften Die neue Breite im Gladbacher Kader erlaubt keine unaufmerksame Sekunde. Gegen Ende der ersten Halbzeit liefen sich plötzlich Patrick Herrmann und Ibrahima Traoré warm. Eine ungewöhnliche Handlung von Lucien Favre, was war so falsch gewesen an Fabian Johnsons Auftritt im Mittelfeld? Gar nichts. Kurz zuvor hatte sich Tony Jantschke behandeln lassen, der schließlich auch in der Kabine blieb (Bänder- und Kapseldehnung im Sprunggelenk, vorerst Trainingspause). So geht das neuerdings: Ein zum Innenverteidiger umgeschulter Rechtsverteidiger, der ausnahmsweise rechts aushilft, verletzt sich, und zwei Flügelspieler laufen sich warm, weil der rechte Mittelfeldspieler, der es links genauso kann, in der zweiten Hälfte einfach nach hinten rückt. Auch die Schalker schienen dem nicht ganz folgen zu können.

6.) Für die Mannschaftskasse Fast schon beruhigend, dass Christoph Kramer, pardon, Weltmeister Christoph Kramer in diesen Tagen auch mal etwas misslingt. Es war nur ein verlorener Schuh in der ersten Halbzeit. Aber wer sich auf dem Ascheplatz vor höchstens 50 bohrenden Blicken schon einmal die Schuhe binden musste, kann sich ausmalen, wie schwer so ein Knoten vor den Augen von 54.000 Zuschauern aufgeht. Stadionsprecher Torsten Knippertz mahnte über die Stadionlautsprecher sogleich eine Zahlung in die Mannschaftskasse an. Denn vor dem Kassenwart sind alle gleich.

7.) Schweizer hält Torwart Yann Sommer und sein Schalker Gegenüber Ralf Fährmann wehrten jeweils fünf Schüsse ab, teilweise so sehenswert, dass ein 6:3 kein völlig abwegiges Resultat gewesen wäre. Während Fährmann seine Visitenkarte im Borussia-Park bereits vergangenes Jahr abgegeben hat, ist Sommer noch im Begriff, sich etwas aufzubauen. Das gelingt ihm von Spiel zu Spiel besser, oder vielmehr: Gegen Schalke hätte es kaum besser sein können. Auch dank Sommers Paraden in der Schlussphase ist die Borussia vor dem Derby am kommenden Sonntag wieder am 1. FC Köln vorbeigezogen. Die Gesänge der Nordkurve lassen vermuten, dass das keine Marginalie ist.

8.) Freistöße fehlen So gut die Neuen sich auch einfügen, das Unterbewusstsein des regelmäßigen Borussia-Beobachters ist immer noch auf Juan Arango gepolt. Wenn irgendwo zwischen Strafraum und 35-Meter-Grenze ein Freistoß gepfiffen wird, läuft im Kopf der entsprechende Spielfilm seiner zehn Treffer an, die er auf diese Weise erzielte. Bislang wird Arangos Nachfolge etwas gewaltsamer geregelt. Je nachdem, wer spielt, dürfen es meist Granit Xhaka oder Havard Nordtveit mit Wucht versuchen.

9.) Abgänge im Check Apropos Arango: Dessen Distanzknaller für Tijuana machte vor gut zwei Wochen die Runde, aber wie ergeht es den anderen Ex-Borussen bei ihren neuen Vereinen?

10.) Erste Runde… Die Europa-League-Trophäe ist auf Tour im Borussia-Park, das Original. Dabei ist es für den VfL doch kein so schwacher Trost, eine Kopie des Uefa-Cups im Foyer der Geschäftsstelle stehen zu haben. Die Europapokal-Euphorie steigert sich mit Blick auf das Spiel am Donnerstag gegen den FC Villarreal langsam, aber sicher. Am Dienstag wird ein neues Trikot offiziell vorgestellt, das Montagmittag in der App Snapchat zum ersten Mal in einem Auszug gezeigt wurde. Am Morgen waren alle 5190 Tickets für das Auswärtsspiel am 2. Oktober beim FC Zürich so schnell weggegangen, dass eine genauere Angabe als "binnen Minuten" schlichtweg unmöglich ist.

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