Borussia Mönchengladbach Herr Favre hat gute Laune

Mönchengladbach · Zwei Wochen vor dem ersten Pflichtspiel ist Borussia Mönchengladbach voll im Plan. Die Art der Neuzugänge passt Trainer Lucien Favre perfekt in den Plan: Er kann entwickeln und demütig mahnen.

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Foto: dpa/Jürgen Kessler

Lucien Favre hat richtig gute Laune. Das merkt jeder, der Borussias Trainer in diesen Wochen der Saisonvorbereitung beobachtet. Nun ist gute Laune allein bei Favre nichts gänzlich Ungewöhnliches. Galant-höflich, dazu ein verschmitztes Lächeln beim Gruß, so gibt sich der Schweizer eh mehrheitlich. Aber der Zauderer, der übertriebene Mahner, der die zu Euphorischen teils schroff Belehrende, als den sie ihn in Gladbach auch kennen, der ist momentan nicht zu sehen. Und das sagt vieles, ja eigentlich alles darüber aus, wie zuversichtlich sich die Borussen selbst zwei Wochen vor dem Pflichtspielauftakt präsentieren.

Stimmungslage und Konstellation in Kader und Umfeld, wie sie sich aktuell darstellen, behagen Favre ungemein. Sie sind quasi auf ihn zugeschnitten. Sein Standing als der, der den oft in Nostalgie verharrenden Riesen vom Niederrhein erweckte, ist im Verein längst unumstritten. Und - das ist das Entscheidende - Favre spürt, dass er selbst vor der ersten Champions-League-Saison der Gladbacher die Erwartungshaltung im Griff hat. "Euphorie ist immer da. Man muss sie halt beherrschen. Deswegen kommunizieren wir die Realität", sagte der 57-Jährige unlängst im Interview mit unserer Zeitung.

Und die Realität sieht eben so aus, dass Sportdirektor Max Eberl ihm keine fünf Europapokal-gestählten Topstars hingestellt hat und sagt: "Jetzt erwarten wir aber auch Gehöriges, Lucien!". Vielmehr schafft der Verlust der Nationalspieler Max Kruse und Christoph Kramer gepaart mit der Art der Neuzugänge ein für Favre perfektes Arbeitsklima: Er kann junge Leute formen, was ihm den größten Spaß im Job bereitet, und er kann überbordenden Erwartungen gleichzeitig mit dem Hinweis begegnen, dass ja wohl jeder verstehen müsse, dass diese Jungen auch ihre Zeit brauchen.

Selbst bei einem Zehn-Millionen-Einkauf wie Josip Drmic kann er dieses Argument ins Feld führen, kann er argumentieren, sein Landsmann sei erst 22, in Leverkusen kein Stammspieler gewesen und habe noch viel zu lernen, ohne dass er Widerspruch auf breiter Front erntet. Warum? Weil jeder inzwischen weiß, dass Favres Art des Fußballs anspruchsvoll ist. "Für die neuen Spieler ist es wichtig, dass sie unsere Spielweise so schnell wie möglich kennenlernen und dass wir sie auch kennenlernen. Das läuft beides momentan sehr gut", sagt Granit Xhaka, der Fixpunkt in Borussias Spiel - in Favres Spiel. Intelligente Neuverpflichtungen wie Lars Stindl oder der junge Andreas Christensen begreifen das, was ihr Schweizer Trainer will, jeden Tag ein bisschen mehr und fügen sich schon jetzt spürbar ins neue Kollektiv ein.

Ein weiterer Grund für gute Laune am Borussia-Park: Auch ohne Kruse und Kramer kann Favre weiter auf ein funktionierendes Korsett in Sachen Taktik und Spielweise bauen. Das zeigte sowohl der sehr ansprechende 2:1-Testspielsieg gegen Champions-League-Dauergast FC Porto am Freitag (Tore durch Lars Stindl und Ibrahima Traoré) als auch das am Samstag etwas vom Winde verwehte 2:2 gegen den türkischen Erstligisten Bursaspor in Herne, bei dem Drmic und der junge Marlon Ritter die Gladbacher Tore erzielten. Dieses Vertrauen in Bewährtes schafft Selbstbewusstsein, oder besser gesagt: Es hält es groß. "Wir werden in zwei Wochen in Pauli bereit sein", sagt Xhaka mit Blick auf den DFB-Pokalauftakt am 10. August, und er sagt auch: "Wir müssen so weiter machen, wie wir die letzte Saison aufgehört haben."

Favre jedenfalls fühlt sich auch vor seiner fünften kompletten Saison wohl bei Borussia. Und wozu er fähig ist, wenn er so arbeiten kann, wie er will, das erleben sie in Gladbach nun schon seit Jahren.

(RP)
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