Borussia Mönchengladbach In den Straßen von Manchester

Manchester · Unser Reporter war vor dem Champions-League-Spiel von Borussia Mönchengladbach bei Manchester City in Manchester unterwegs. Der Stadtführer hieß Stuart Lyon. Manchester ist seine Stadt, er kommt aus ihr, er liebt sie und kennt alles von ihr. Seine Stadt ist eine Stadt voller Emotionen. Weil sie Fußball ist. Und weil sie Musik ist. Oder beides zugleich.

Stewart Lion führt RP-Reporter durch Manchester
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Stuart Lyon führt RP-Reporter durch Manchester

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Foto: Karsten Kellermann

Manchester ist Fußball ganz besonders im Old Trafford, dem Theater der Träume. Es beginnt mit George Best, dem größten Dandy des englischen Fußballs. Ein Popstar, der später auch Vinyl besang. Er liebte den Fußball. Und das Leben. Und Frauen (drei Miss World waren mit ihm zusammen). Und Champagner. Später kommen die Busby-Babes und das tragische Flugzeugunglück von München 1958, als das halbe Team der Trainer-Legende Matt Busby zu Tode kam.

Dann sieht man Ryan Giggs, David Beckham, Wayne Rooney, natürlich Sir Alex Ferguson. Dann der Blick hinein in die Kathedrale des Spiels — "Footballs coming home". Borussia wird nicht hier spielen am Dienstagabend, sondern im Etihad-Stadion von ManCity, dem anderen großen Klub der Stadt.

"City" hat einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt vor dem nationalen Fußball-Museum im Herzen Manchesters. Dass dieses Museum mittendrin ist in dieser Stadt zeigt: Fußball ist ihr Leben, das der "Mancunians", entweder in Rot (für United) oder in Blau (für City). Im Museums-Shop liegen die Trikots friedlich beisammen. "Wir akzeptieren uns", sagt Lyon, der ManUnited-Fan. Trotzdem sind die "Citizens" die Anderen. Oder: die Falschen. Lyon nennt ManUnited "die Reds, es ist einer von vielen Spitznamen", sagt er im very british Deutsch. Vor allem hasst er Liverpool. Die Stadt. Auch ihren Fußballverein. Das werden die Borussen, die sich mit dem FC Liverpool verbrüdert haben, nicht gerne hören.

Großartige Stadtführung

"Macht euch bereit für einige psychische Schäden", hat er gesagt, als die Tour begann. Seine Geschichten aus der Stadt, die an diesem Dienstag total überschwemmt ist von Gladbachern, sind nicht immer politisch korrekt. Es geht um Politiker, die sich vor Züge werfen und Wissenschaftler, die sich vergiften. Lyon kennt alle verborgenen Winkel der Biografien der Stars seiner Heimatstadt. Er erzählt sie genüsslich. Der Mann ist Brite. Die Stadtführung mit ihm ist großartig.

Borussia Mönchengladbach: Bilder vom Abschlusstraining in Manchester
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Borussias Abschlusstraining in Manchester

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Abstecher nach Salford, dem anderen Teil von Manchester. Vorbei an den Quays und der ultramodernen Media City UK, hinein in die alten Backstein-Siedlungen. "The Smiths"-Spot, auf besonderen Wunsch einiger Teilnehmer der Tour, und Lyon spricht das "s" am Ende der Smiths so langgezogen und spitz aus, wie es nur geht. Manchester ist auch Musik. Was gibt es neben Fußball Emotionaleres? Die Bands aus dieser Stadt sind legendär wie ihre Fußballer. Joy Division, New Order, Oasis, Elbow und eben "The Smithsssssss", wie Lyon sagt.

Der "Salford Lads Club", der 1904 vom Gründer der Pfadfinderbewegung, Robert Baden-Powell, eröffnet wurde und dem im Reiseführer von Manchester ein eigenes Kapitel gewidmet ist, ist für Manchester das, was die "Abbey Road" für London und der "Cavern Club" für Liverpool sind. Die Smiths posierten für das Album "The Queen is dead" 1986 vor dem roten Backsteingebäude mit der grünen Tür, seitdem ist es legendär. "Die Smiths sind ein Synonym für Manchester. Wie United, wie Fergie, wie Beckham. Sie haben in den 80ern den Wandel der Stadt aufgesogen und romantische Songs daraus gemacht", sagt Lyon.

"Die Feinde von City sind unsere Freunde"

Ortswechsel. Mitten in Manchester — und viele kleine Randgeschichten von Lyon weiter: Ganz anderes Liedgut. "Die Elf vom Niederrhein", intoniert von Gladbach-Fans auf dem Weihnachtsmarkt auf dem St. Ann's Square. Very deutsch weihnachtet es hier. Mit "Krakauer Bratwurst" für 4,50 Pfund und "Glühwein". Und mit den vielen Gladbachern in den Pubs, besonders in denen rund um den Exchange Square. Auch "Hoschi" ist da, Ingo Hoschkara. Er trägt, wie so viele hier und jetzt, schon Schwarz, Weiß und Grün. "Stadionfertig" ist er, das heißt er wird von hier aus später ohne Umweg zum Hotel zum Spiel ins Etihad-Stadion fahren. Dort geht es für Borussia um den Einzug in die Europa League. Lyon gibt es offen zu: "Ich bin für Gladbach", sagt er. Denn: "Die Feinde von City sind unsere Freunde." Einleuchtend.

Weniger einleuchtend: Warum kauft jemand auf dem Weihnachtsmarkt deutsche Bratwurst? Es gibt doch Fish and Chips! Zum Beispiel in der kleinen Bude an der Cross Street. Original, mit "Salt and Vinegar". Very british. Gut. Richtig gut. Gut soll auch der Abend für die Borussen verlaufen. Die Fans sind bester Dinge. Das Wetter an diesem Tag in Manchester ist gar nicht very britsh, es ist nicht regnerisch, sondern sonnig. Das wird als gutes Omen gewertet, nun, da es noch rund sechs Stunden bis zum Anpfiff sind.

"Halb Manchester drückt Borussia die Daumen", sagt Lyon. Alle "Mancunians", die United mögen. In Manchester ist Fußball eben United ODER City. Aber immer emotional. Und mit viel Musik darin. Das schönste Lied über Manchester? "Schau dir auf You Tube Mike Garry & Joe Duddell — St. Anthony — An Ode to Anthony H. Wilson an. Da ist alles drin, was wir sind”, sagt Lyon. Reingeschaut. Er hat Recht.

(kk)
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