Borussias Vestergaard "Drei Siege wären jetzt gut"

Barcelona · Der Verteidiger Jannik Vestergaard kennt sportliche Stress-Situationen aus Hoffenheim und Bremen. Borussias Problem will er nicht damit vergleichen.

Jannik Vestergaard: Däne mit niederrheinischen Wurzeln
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Das ist Jannik Vestergaard

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Foto: Dirk Päffgen

Borussia steht an der Schwelle zum Abstiegskampf. Keine schöne Situation ist das, doch es gibt einige Spieler im Kader, die haben schon ganz andere Stress-Situationen erlebt. Den Tanz auf der Rasierklinge, Spiele am Abgrund zur Zweiten Liga. Tony Jantschke gehört zur Generation Relegation bei den Borussen, er war dabei gegen den VfL Bochum, als der zuvor schon sicher geglaubte Absteiger Gladbach noch dem Teufel von der Schippe sprang, ebenso wie Christofer Heimeroth und Patrick Herrmann. "So etwas prägt natürlich", pflegt Jantschke zu sagen. Und solche Erlebnisse entschleunigen wilde Gedankenspiele. Im Erfolg ("Wir wissen, wo wir herkommen"), aber auch, wenn es Probleme gibt wie das aktuelle.

Nicht, dass man dann Situationen unterschätzt, nein. Borussia läuft Gefahr, in einen Strudel zu geraten. Und gerade Jantschke, der das wenig erbauliche 0:4 in Barcelona als aktiver Teilnehmer miterlebte, weiß, wie schnell das gehen kann. Denn wer die Relegation spielte, der war auch in diesem Abwärtsstrudel. "Aber", sagt Jannik Vestergaard, "man sollte nicht solche Parallelen ziehen, in einer solchen Situation sind wir überhaupt nicht." Er ist auch einer aus der Generation Relegation. Allerdings bei 1899 Hoffenheim. Im Kraichgau ging man zwei Jahre nach den Borussen durch das Stahlbad - ebenfalls erfolgreich. Und was war das für eine Vorgeschichte: das 2:1 in Dortmund am letzten Spieltag durch die beiden Elfmeter von Sejad Salihovic, dann das vermeintliche Ausgleichstor des BVB, das Hoffenheims Abstieg bedeutet hätte, aber nicht zählte. Vestergaard war mittendrin. Und stemmte alles, was er hatte, gegen den Abstieg. Im zweiten Relegationsspiel beim 1. FC Kaiserslautern (Hinspiel 3:1 für 1899) sorgte er dann mit seinem Kopfballtor zum 2:1-Sieg für die endgültige Entscheidung.

Auch in Bremen hat der längste Borusse der Vereinsgeschichte ein Nervenspiel erlebt. Das 1:0 gegen Eintracht Frankfurt am letzten Spieltag der vergangenen Spielzeit bedeutete die Rettung für Werder, wieder war Vestergaard als Verteidiger dabei. Er weiß also, wie Jantschke, Heimeroth und Herrmann, wie solche Spiele gehen. Spiele, in denen Entscheidungen fallen. Mainz am Sonntag ist eine Lightversion. Doch es kann richtungsweisend sein - wenn es verlorengeht, hat Borussia endgültig die Schwelle zum Abstiegskampf überschritten. Das könnte weitreichende Konsequenzen haben.

"Solche Spiele können einen mental fordern, aber auch überfordern. Darum tut mir meine Erfahrung vielleicht ganz gut", sagt Vestergaard. Er weiß, wie Krisenmanagement geht. "Wenn jemand Ruhe und Sicherheit in dem findet, was ich mache, dann ist es gut", sagt Vestergaard. Er ist schon der imposanten Erscheinung wegen einer, der prädestiniert ist für eine Führungsrolle auf dem Rasen.

Er ist im Sommer ohnehin mit dem Ansinnen nach Gladbach gekommen, Verantwortung zu übernehmen. Und der internationalen Erlebnisse wegen. Was er nun in Barcelona erlebte, wird allerdings erst auf den zweiten, dritten oder vierten Blick einen gewissen Charme erlangen. "Irgendwann kann man sich vielleicht doch darüber freuen, hier mal gespielt zu haben. Es ist für uns alle sicher ein Kindheitstraum gewesen, hier aufzulaufen im Camp Nou beim FC Barcelona. Aber das Spiel war schon frustrierend und ärgerlich", sagte er nach dem 0:4, bei dem er einer von vier Innenverteidigern war, die Trainer André Schubert aufbot. "Wir wollten Barcelona das Leben so schwer wie möglich machen", beschrieb Vestergaard den Plan, der nicht aufging. Schwer hatte es nur Borussia, für Barca war es fast ein Spaziergang.

Dass das Heimspiel gegen Mainz ein anderes ist, liegt auf der Hand. Es sollte auch anders verlaufen, ebenso wie die Partien in Augsburg und gegen Wolfsburg. Vestergaard ist guter Dinge, dass das klappt. "Wenn wir so spielen wie gegen Köln und Hoffenheim, werden wir in neun von zehn Fällen gewinnen. Wir müssen aber an unserer Effektivität arbeiten - hinten und vorn. Dann finden wir auch wieder in die Spur", sagte der 1,99-Meter-Mann. Er ist optimistisch, spricht aber trotzdem Klartext: "Es ist ganz egal, wie viele Punkte wir in den letzten drei Spielen holen, mit der Hinrunde in der Bundesliga können wir nicht zufrieden sein. Aber es macht die Situation leichter, wenn wir so viele Punkte wie möglich holen. Gut wären drei Siege."

(kk)
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