Borussia Mönchengladbach Stindl ist das Gesicht der neuen Borussia

Mönchengladbach · Schon sechs Pflichtspieltore im Jahr 2017, drei Treffer beim historischen 4:2 in Florenz: Lars Stindl hat einmal mehr seine Führungsqualitäten bewiesen. Nicht zuletzt der Kapitän lässt einen Titelgewinn nicht mehr völlig absurd erscheinen.

Europa League 16/17: Lars Stindl erzielt Dreierpack gegen Florenz
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Stindl erzielt Dreierpack gegen Florenz

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Foto: dpa, mb

Es ist nicht ausgeschlossen, dass Lionel Messi einen eigenen Raum für Fußbälle hat, die er nach Dreier-, Vierer- oder gar Fünferpacks mit nach Hause nehmen durfte. Lars Stindl dagegen hat sich mit dieser Art von Souvenirs bislang nicht beschäftigen müssen in seiner Profikarriere, der Dreierpack beim 4:2 gegen den AC Florenz war sein erster. Also konnte Borussias Kapitän so kurz nach dem Spiel vorerst nur mitteilen, dass der Ball, unterschrieben von allen Mannschaftskollegen, einen "besonderen Platz" bekommen werde.

Es gab so viele Dinge, die an diesem besonderen Donnerstagabend zum ersten Mal seit 20, 30, 40 Jahren oder gar zum allerersten Mal in Borussias Vereinsgeschichte passierten. Mit seinem Dreierpack bewegte sich Stindl in Sphären, die verdeutlichen, dass dies ein Spiel fürs Museum war: Als erster Gladbacher seit Allan Simonsen 1978 in Breslau erzielte er auswärts im Europapokal drei Tore (siehe Infokasten). In jener Saison gewann Borussia zum zweiten und letzten Mal den Uefa-Cup. Typen wie Stindl lassen es nun nicht mehr völlig absurd erscheinen, einen Erfolg im Nachfolgewettbewerb Europa League für möglich zu halten.

"Lars führt sicherlich nicht als Lautsprecher", sagte Trainer Dieter Hecking, der seinen Kapitän auch stets als Ersten bei der oft gestellten Führungsspielerfrage genannt hat. "Es darf für ihn auch eine Genugtuung sein, weil man es ihm vielleicht nicht so zugetraut hat." Nach knapp zwei Monaten und acht Pflichtspielen unter Hecking darf Stindl als Gesicht der nicht völlig neuen, aber doch erneuerten Borussia bezeichnet werden. Allein seine sechs Tore im neuen Jahr sprechen dafür. Insgesamt sind es schon 26 Pflichtspieltreffer für Gladbach in 69 Spielen, so viele gelangen ihm in Hannover in 161 Spielen.

Bei Bayer Leverkusen machte der 28-Jährige das 1:2 und das 2:2, gegen Freiburg das 1:0 und in Florenz das 1:2, 2:2 und 3:2. Normal sei das nicht, bekam Stindl zu hören, und entgegnete: "Gewollt ist das natürlich auch nicht. Wir wollten eigentlich 1:0 in Führung gehen. Durch unglückliche Umstände und durch eigenes Verschulden, so selbstkritisch sind wir, müssen wir viele Rückschläge hinnehmen. Aber es zeichnet uns aus, dass wir dann nicht umfallen."

Stindl, das Stehaufmännchen

Stindl bescheinigte dem Team "Stehaufmännchen-Qualitäten", die Diskussion um die Mentalität, die es vor der Winterpause gab, habe er nicht verstehen können, "weil wir gute Typen in der Kabine und auf dem Platz haben." Doch da gab es eben noch nicht die Comeback-Borussia, sondern die Borussia, bei der ein Rückstand fast immer eine Niederlage und eine Führung nur in jedem zweiten Fall einen Sieg bedeutete.

Mit jedem Erfolg im neuen Jahr entfernt sich die Krisenzeit im Oktober, November und Dezember weiter. Der Januar und der Februar waren gut, mit dem DFB-Pokalspiel beim Hamburger SV am kommenden Mittwoch beginnt der März. Und wenn die Länderspielpause naht, dann wird es auch wieder um die Frage gehen: Was hält Joachim Löw eigentlich von Lars Stindl? "Er muss einfach weiter so auftreten, dann wird es hoffentlich irgendwann von alleine kommen", sagte Hecking. Die Wertschätzung seiner Teamkollegen hat Stindl sicher. Bei Twitter wimmelte es nur so vor Liebkosungen. "Oh captain, my captain!", schrieb Oscar Wendt samt Kuss-Smiley.

Borussia schaffte also das "Wunder von Florenz", in seiner Kindheit verfolgte Lars Stindl fasziniert das "Wunder vom Wildpark". Edgar Schmitt schoss für den Karlsruher SC beim 7:0-Sieg gegen den FC Valencia vier Tore und wurde zum "Euro-Eddy". Bis ins Halbfinale schaffte es der KSC. Gut möglich, dass Gladbach mit "Euro-League-Lars" genauso weit kommt.

(RP)
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