Zweiter Teil des Eberl-Interviews "Das Thema Bayern ist nicht meins, sondern ein mediales"

Mönchengladbach · Solange die Stelle des Sportvorstandes beim FC Bayern vakant ist, wird Max Eberl darauf angesprochen werden. Im zweiten Teil unseres Interviews spricht Borussias Sportdirektor nicht nur über seine Zukunft. Was passiert mit Andreas Christensen und Mo Dahoud?

Max Eberl: Seine Karriere in Gladbach, Leipzig und München
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Das ist Max Eberl

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Foto: dpa/Uwe Anspach

Borussia ist noch im DFB-Pokal und in der Europa League vertreten. Wie groß ist die Chance, da die Saison zu retten?

Eberl In den Pokalwettbewerben zu überwintern, war unser Ziel, und das haben wir erreicht. Zunächst müssen wir den Rucksack in der Bundesliga ablegen. Aber natürlich sind die Pokalwettbewerbe eine Riesenchance. Was wir am Ende erreichen, kann ich nicht sagen, aber die Motivation muss uns pushen, dass bei allem Druck noch richtig schöne Dinge winken.

Trotzdem geht es auch schon um die Planung der neuen Saison. Was da mit reinspielt: 2018 laufen neun Verträge aus. Sie sprechen immer von "internen Transfers".

Eberl Das spielt momentan keine Rolle bei uns. Der Fokus liegt auf der Gegenwart. Es geht nicht darum, über neue Verträge zu verhandeln, sondern Punkte zu holen in der Bundesliga. Die Verträge laufen ja auch noch 18 Monate.

Andreas Christensens Vater hat sich etwas offensiver geäußert, dass sein Sohn im Sommer zu Chelsea zurückgehen werde. Wann wird da Klarheit herrschen?

Eberl Sein Vater hat gesagt, was Fakt ist: Andreas' Vertrag endet im Sommer, und er muss laut Vertrag dann zu Chelsea zurück. Es ist klar, dass wir in Gesprächen sind, aber es ist auch verständlich, dass Chelsea momentan gar nichts macht. Sie werden vielleicht Meister und werden in der Champions League wieder angreifen. Ich weiß nicht, ob sie Andreas garantieren können, dass er Stammspieler wird. Denn das ist es, was der Spieler will. Es wird sich irgendwann im April oder Mai entscheiden. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, selbst wenn die Chancen nach außen nicht groß erscheinen, aber sie sind da.

Wirft Sie die Ungewissheit in Ihrer Planung etwas zurück?

Eberl Laut Vertrag gibt es an der Sache mit Andreas nichts zu rütteln. Aber es ist doch klar, dass ich um einen Spieler dieser Qualität kämpfe. Er wäre immer integrierbar, selbst wenn es uns erst Ende August gelänge, das Leihgeschäft zu verlängern. Voraussichtlich geht es auch nicht um einen Transfer, der uns jahrelang begleiten würde, sondern er wäre eher on top.

Einer der Verträge, die 2018 auslaufen, ist der von Mo Dahoud. Fangen wir vorne an: Kann es sein, dass er im Januar noch geht?

Eberl Nein.

Und im Sommer?

Eberl Das weiß ich nicht.

Sie sind aber beim Thema Vertragsverlängerung nicht weitergekommen?

Eberl Es hat sich nichts verändert. Wir haben den großen Wunsch, den Vertrag zu verlängern. Weiterführende Gespräche gibt es momentan nicht, aber ich will sie natürlich nach dem Ende der laufenden Transferperiode wieder aufnehmen. Ich hoffe, dass wir da an einen Tisch kommen. Dann werden wir weitersehen. Klappt es nicht, hat er im Sommer noch ein Jahr Vertrag. In dem Fall muss man sich in die Augen sehen und herausfinden, was für alle Beteiligten das Beste ist.

Auf der Position vor der Abwehr sind Sie nach Tobias Strobls Ausfall nicht so üppig besetzt. Schauen Sie vielleicht doch nochmal etwas genauer hin auf dem Transfermarkt bis Ende Januar?

Eberl Wir haben nicht nur mit Christoph Kramer, Mo Dahoud und Laszlo Bénes Spieler, die da spielen können, sondern auch Andreas Christensen und Tony Jantschke. Unser Kader ist darauf ausgelegt, dass die Spieler verschiedene Positionen spielen können. Wenn ich jemanden von außen reinhole, der vielleicht erst im April angekommen ist, nützt mir das jetzt auch nichts. Wir sind von dem überzeugt, was wir haben.

Welche Rolle können die Jungen wie Laszlo Bénes und Djibril Sow spielen?

Eberl Sie haben jetzt ein halbes Jahr mehr Erfahrung im Training auf Bundesliganiveau. Im Trainingslager haben sie alle — auch ein Simakala, ein Ndenge — auf sich aufmerksam gemacht. Das zeigt, dass sie in den Überlegungen eine Rolle spielen. Vielleicht wird der eine oder andere schneller auf dem Platz stehen, als gedacht.

Erschwert es die aktuelle Situation, solche Jungs zu integrieren?

Eberl Für uns sind diese Jungs immer adäquate Kaderspieler. Der Sommer 2015 war das beste Beispiel, als wir ohne Martin Stranzl, Roel Brouwers, Álvaro Dominguez in die Saison starten mussten. Da haben Marvin Schulz und Andreas Christensen begonnen, später kam Nico Elvedi dazu. Daran sieht man die Wertigkeit dieser jungen Spieler. Wenn die arrivierten Spieler ausfallen, dann können sie nicht nur für uns da sein, sondern müssen für uns da sein.

Beim Thema Zukunft kommt auch Ihre Person schnell ins Spiel. Wären Sie froh, wenn der FC Bayern den vakanten Posten des Sportvorstands bald besetzt, damit Sie Ruhe haben?

Eberl Es ist ja nicht mein Thema, sondern ein mediales. Deshalb habe ich genug dazu gesagt und Bayern hat genug dazu gesagt. Es gibt da nichts, worüber ich mir Gedanken machen muss.

Aber es ist für Sie trotzdem eine neue Situation, dass nicht nur Ihre Topspieler, sondern Sie selbst auf dem Transfermarkt gehandelt werden.

Eberl Ich habe da genauso geschmunzelt wie bei Spielern, die in der Gerüchteküche gehandelt werden.

Unterdrücken können Sie das Thema nicht.

Eberl Ich habe oft genug gesagt, dass das für mich hier nicht irgendein Job ist. Ich bin 18 Jahre bei Borussia. Für mich hat dieser Klub eine unfassbare Bedeutung. Deshalb nagt Misserfolg sehr an mir, mehr als in einem normalen Job, und deshalb kommen solche Wutreden. Ich habe den Klub in allen Facetten kennengelernt — hochverschuldet, neues Stadion, Abstieg, und jetzt reden wir über Champions League. Es geht mir nur darum, alles dafür zu tun, dass wir den größtmöglichen Erfolg haben. Ich habe einen Vertrag bis 2020, ohne Ausstiegsklausel.

Die einzige Facette, die Ihnen noch fehlt, ist ein Titel. "Etwas Blechernes" ist fast schon ein geflügeltes Wort. Was für Anreize verschafft Ihnen eine Zukunft in Gladbach sonst noch?

Eberl Ich habe große Lust, da ein paar Herausforderungen anzugehen — die neue Gemengelage durch den Fernsehvertrag in England, aber auch in Deutschland, den etwas seltsamen Markt China. Und klar mein großer Traum ist es, etwas Blechernes in der Hand zu halten, und diesen Klub stabil in den spannenden Gefilden der Tabelle zu halten. Wenn du dich permanent in der Einstelligkeit bewegst, bist du nah an den Überraschungen dran.

Und es tun sich immer neue Märkte auf. Sie haben den Schweizer Markt für sich entdeckt, im Sommer haben Sie Laszlo Bénes aus der Slowakei verpflichtet.

Eberl Wir müssen schauen, wo Nischen sind und wo der Markt bezahlbar ist für uns. Ein Beispiel: Ein 19-Jähriger in Belgien hat sich ein halbes Jahr seine Meriten verdient und wechselt für 20 Millionen Euro nach England. Da sagen alle anderen Vereine: Ganz so gut ist mein Spieler nicht, aber er kostet trotzdem zehn Millionen. Der Markt ist verrückt, weil ein Spieler eine Kettenreaktion auslösen kann. Das heißt, ich müsste diesen Spieler schon entdecken, bevor er auf sich aufmerksam gemacht hat und die englischen Klubs eingestiegen sind. Und das ist verdammt schwierig. Der slowakische Markt und Laszlo Bénes standen vielleicht nicht so im Fokus, der Schweizer Markt ist dafür schon nur noch schwer bezahlbar.

Für Nico Elvedi haben Sie vier Millionen Euro bezahlt.

Eberl Und der hatte erst ein Jahr in der ersten Mannschaft gespielt. Unser Risiko, unser Einsatz sind sehr hoch. Als wir 2009 für Marco Reus 800.000 Euro bezahlt haben, waren das für heutige Verhältnisse vier Millionen. Natürlich muss die Chance größer sein als das Risiko, nur müssen wir für diese Gewissheit heute richtig viel Geld bezahlen.

Wie tun Sie denn neue Märkte auf?

Eberl Ich glaube nicht, dass die Märkte extravaganter werden. Es gibt immer Epochen. Österreich war angesagt, das ist wieder abgeflacht. Jetzt ist gerade der Schweizer Markt explodiert. Spanien und Frankreich sind für uns interessant geworden, was jahrelang undenkbar war. Vielleicht wird der englische Markt interessanter — nicht die ersten Mannschaften, sondern die zweiten wie bei Christensen und Hazard. Viele Jungs gehen zu Klubs wie Chelsea, aber da können eben nur elf spielen. Deshalb beobachten wir das ganz eng, und ich bin der Meinung, dass Deutschland für Leihgeschäfte ein prädestinierter Markt ist. Es ist wichtig, dass wir solche Spieler kennen, wenn sie wieder auf den Markt gespült werden.

Die Scouting-Abteilung wird also noch wichtiger.

Eberl Die Arbeit eines Sportdirektors wird oft auf Transfers für die erste Mannschaft reduziert. Dabei ist zum Beispiel die strategische Entscheidung im Nachwuchsbereich so entscheidend. Im Scouting musst du jedes Jahr neu justieren anhand der Entwicklung der Märkte — personell und strukturell. Deshalb sind Roland Virkus und Steffen Korell für mich die wichtigsten Mitspieler neben dem Cheftrainer.

Lachen Sie sich manchmal ins Fäustchen, wenn Ihnen so ein Transfer wie der von Mamadou Doucouré gelingt, den Sie aus Paris geholt haben?

Eberl Erstmal hoffe ich, dass Mamadou bald endlich sein erstes Spiel machen kann — und die Leute im besten Fall das sehen, was wir in ihm gesehen haben. Aber klar, das ist ein Bereich, in dem man abseits des Alltags in der Bundesliga kontinuierlich arbeiten kann und sich auch Erfolgserlebnisse holt.

Das Interview führten Karsten Kellermann und Jannik Sorgatz.

(kk/jaso)
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