Borussia Mönchengladbach Nico Elvedi - Azubi und ernsthafte Alternative

Mönchengladbach · Der 18-jährige Schweizer unterschrieb am Mittwoch einen Vierjahresvertrag bei Borussia. Er kommt vom FC Zürich und war früher Raffael-Fan.

Nico Elvedi im Porträt: Seit 2015 bei Borussia Mönchengladbach
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Das ist Nico Elvedi

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Foto: Dirk PŠffgen/Dirk Paeffgen (dirk)

Karl Rappan hat's erfunden. Das Defensivsystem, das als "Schweizer Riegel" in die Fußballgeschichte einging. Rappan war Österreicher, aber Trainer der Schweizer Mannschaft. Mit seinem ausgeklügelten Abwehrnetzwerk führte er die "Nati" zweimal ins Viertelfinale einer WM: 1938, als sein Team Deutschland ausschaltete, und 1954. Härte, Disziplin und kompromisslose Arbeit für die Mannschaft waren die Anforderungen Rappans an die Spieler, die er in sein Konzept integrierte. "Der Plan zielt darauf ab, zum Wohle der Mannschaft das Beste aus jedem Mann herauszuholen", sagte Rappan.

Grundzüge seiner Philosophie gibt es auch im Ansatz von Borussias Trainer Lucien Favre. Dessen Idee ist zwar grundsätzlich offensiv, basiert aber auf einer intelligenten, gesamtmannschaftlichen Verteidigungsarbeit. Gladbachs Defensive war in der vergangenen Saison trotz vieler sehenswerter Angriffe das Prunkstück des Teams, Favres niederrheinischer Riegel hatte die zweitbeste Bilanz aller Bundesligateams. Künftig wird ein junger Schweizer mit daran arbeiten, dass die Borussen-Abwehr weiter gut steht: Nico Elvedi.

18 Jahre jung ist der Bursche. Und seit gestern Inhaber eines Vierjahresvertrages in Gladbach. Dem Vernehmen nach überweist Borussia rund vier Millionen Euro an den FC Zürich, der das Talent ausgebildet und in der vergangenen Saison schon im Profiteam eingesetzt hat. Borussias Fans haben ihn auch mal live erlebt. Als der FC Zürich in der Europa League im Borussia-Park 0:3 verlor, spielte Elvedi mit. "Es war ein Riesen-Erlebnis für mich, trotz des 0:3", sagte er gestern. Er will es künftig immer wieder erleben, "dann aber für Borussia auf dem Rasen stehen", sagte er.

188 Zentimeter groß ist der Neu-Borusse, das ist recht stattlich, und genau das, was die Gladbacher wollten: einen langen Lulatsch für die Lufthoheit. Vor allem aber wollte Sportdirektor Max Eberl einen Mann für die Zukunft. Einen, der bereit ist, die Lücke zu schließen, die sich auftut, wenn die Routiniers Martin Stranzl (35) und Roel Brouwers (33) aufhören. Beide haben ihre Verträge noch mal um ein Jahr verlängert und sollen Leitbilder sein für junge Männer wie Elvedi. Der ist aber nicht nur für "die Weide" da, sondern als ernsthafte Alternative. "Bei uns geht es nicht ums Alter, sondern nur um Qualität. Ob er den Sprung ins Team schafft, entscheidet also der Junge selbst. Wir trauen ihm das zu", sagte Eberl gestern. Azubi und Konkurrent für die Arrivierten, das soll Elvedi sein. Das mindert den Druck, bremst aber nicht den Ehrgeiz.

"Es ist erst mal ein großer Schritt für mich aus der Super League in der Schweiz in die Bundesliga. Das ist die erste Herausforderung, die ich Schritt für Schritt angehen werde. Aber ich habe für den FC Zürich auch schon in der Europa League gespielt, unter anderem gegen Top-Teams wie Borussia und Villarreal. Ich traue mir auch die Champions League zu", sagte Elvedi.

In der Europa League hat er nicht nur die Stimmung im Borussia-Park genossen, sondern auch den Vergleich mit dem Ex-Züricher Raffael. "Er war früher einer meiner absoluten Lieblingsspieler", sagte Elvedi zuletzt. Künftig ist der Brasilianer sein Kollege. Elvedi selbst war bis zur U18 "Sechser", dann wurde er zum Verteidiger umformatiert. "Sein Wandel vom Mittelfeld- zum Abwehrspieler hat wohl den entscheidenden Schub ausgelöst", sagte sein Vater Adrian, der in der Akademie des FC Zürich arbeitet. Als Abwehrmann ist Real Madrids Sergio Ramos Elvedis Vorbild. "Sein Spiel nach vorn gefällt mir, auch seine Aggressivität. In dieser Beziehung muss ich noch zulegen", gestand er der "Aargauer Zeitung". Was das angeht, kann er vor allem von Martin Stranzl lernen. Der ist Borussias Sachverständiger in Sachen fairer Kompromisslosigkeit.

Für den Rest ist zuvorderst sein künftiger Trainer Lucien Favre zuständig, "Ich hoffe, dass er mich weiterentwickelt", sagte Elvedi. Eine seiner schon ausgereiften Qualitäten wird Favre indes sehr zu schätzen wissen: "Nichts bringt ihn aus der Ruhe", sagte Favres Amtskollege in Zürich, Urs Meier, über das Talent, das er vergangene Saison ins Profiteam beorderte. Und: "Er bringt alles mit, was es für eine große Zukunft braucht." Diese sagt auch Max Eberl dem neuen Mann, der bei Borussia seine Wunschnummer 30 bekommt, voraus. "Wir verfolgen Nico seit zwei Jahren intensiv. Er ist ein Spieler mit großem Potenzial", sagte Eberl über den Kapitän der Schweizer U19.

Für Eberl ist Elvedi, dessen Zwillingsbruder Jan ebenfalls Profi ist, ein weiterer Beleg dafür, dass der Schweizer Fußball längst viel mehr produziert hat als den "Rappan-Riegel" von einst. "Da werden Top-Jungs ausgebildet", sagte der Manager. Vier davon - neben Elvedi sind das Yann Sommer, Granit Xhaka und Josip Drmic - gehören zum Gladbacher Aufgebot für die neue Saison. Borussia hat keinen Schweizer Riegel der rappanschen Art, aber eine Schweizer Achse. Es gibt jetzt in jedem Mannschaftsteil einen Eidgenossen.

(RP)
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