Borussia Mönchengladbach Raffael wird zur Emotionsmaschine

Stuttgart · Der Brasilianer Raffael ist auch beim 3:1-Sieg der Borussia in Stuttgart das Gesicht des Mönchengladbacher Aufschwungs.

Raffael: Rückblick auf seine Zeit bei Borussia Mönchengladbach
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Das ist Raffael

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Foto: imago sportfotodienst

Raffael Caetano de Araújo war bislang nicht gerade als Inbegriff der Extrovertiertheit in Erscheinung getreten. Kein Wappenküsser für die Kameras, kein Trikotauszieher, kein Salto-Turner - wenn Borussia Mönchengladbachs Brasilianer ein Tor erzielt, jubelt er in der Regel mit mitteleuropäischer Contenance, meist folgt sofort der Dank an den Torvorbereiter. Doch bei Gladbachs 3:1-Sieg in Stuttgart war alles anders. Als Raffael kurz vor Schluss das für die Gäste erlösende dritte Tor erzielte, schaltete der 30-Jährige in den Modus der Emotionsmaschine. Im Vollsprint ging es in die Kurve der mitgereisten Fans, über Werbebanden, in Richtung Zaun. Der sonst so schüchtern-brav daherkommende Mann ließ alle Freude, alle Erleichterung raus. Es war eine Erleichterung über einen Umschwung in Gladbach, dessen Gesicht er in den vergangenen zwei Partien geworden ist. Ein überraschendes Gesicht.

"Das Tor war ein Dankeschön an die Fans. Sie unterstützen uns unglaublich, auch in Phasen, in denen es, wie zuletzt, mal nicht so gut läuft", sagte Raffael nach dem Spiel. Da war er wieder der bekannte Raffael. Ruhig, höflich, bescheiden, einen Lolli im Mund, ein Mann im Stromspar-Modus.

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Eines von Borussias Problemen bei den sechs Niederlagen in den sieben ersten Saisonspielen war dabei genau dieser Stromspar-Modus, den Raffael in den Augen vieler eben auch auf dem Platz eingeschaltet hatte. Er als entscheidender Umschaltspieler in der Offensive schob, so schien es, ein Phlegma vor sich her, das jede Kreativität verhinderte, jede dringend benötigte zielführende Eins-gegen-Eins-Situation im Keim erstickte. Borussias Krise war Raffaels Krise, doch obwohl er seine überwiegend gute Form der beiden ersten Jahre am Niederrhein - zwölf Treffer in der vergangenen Saison, 15 in der Spielzeit 2013/14 - eingebüßt hatte, ließ Trainer Lucien Favre ihn in einer Art Nibelungen-Treue immer von Beginn an spielen.

Raffael und Favre, das ist eben eine ganz besondere Beziehung. Sie arbeiteten beim FC Zürich zusammen, bei Hertha BSC und nun eben auch bei Borussia. Der Brasilianer wurde so oft als Ziehsohn des Schweizer Trainers tituliert, dass er den Namen Ziehsohn eigentlich als Künstlernamen im Einwohnermeldeamt hätte eintragen lassen können. Und nun ging dieser Favre weg, von einem Tag auf den anderen. Und da sollte ausgerechnet Raffael zum Gesicht des so dringend benötigten Aufschwungs bei Borussia werden? Wenn man darauf hätte Geld setzen können, die Quote wäre wohl lohnenswert gewesen.

Doch genauso kam es. Beim 4:2 gegen Augsburg leitete Raffael alle Gladbacher Tore ein, und nun in Stuttgart servierte er Granit Xhaka den Ball zu dessen Kopfballtor zum 1:0 und erzielte eben zudem seinen ersten Saisontreffer. "Wir haben heute gut gespielt, und wir haben vor allem wieder gewonnen, denn diese drei Punkte sind sehr wichtig für uns", erklärte er. Raffael sagt sehr selten "Ich", er bevorzugt das "Wir". Auch in Zeiten, in denen es für ihn selbst gut läuft. Er ist eben bei aller individuellen Qualität einer fürs Kollektiv. Wenn er gut ist, profitiert das Team, weil das Offensivspiel flüssig läuft und die Nebenleute gut aussehen. Und wenn Raffael Nebenleute hat, mit denen er sich versteht, dann sieht auch er selbst besser aus.

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Nun geht es für Raffael und seine unter Interimscoach André Schubert verbesserten Kollegen am Mittwoch in der Champions League gegen die Neureichen von Manchester City. "Es kommt einer der größten Vereine in Europa, und wir sind wieder gut drauf. Wir werden Gas geben und versuchen, wieder zu punkten", sagte Raffael. Punkten wie zuletzt. Mit ihm, dem Gesicht des Gladbacher Aufschwungs.

(klü)
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