2:1 nach dürftiger Leistung Hazard dreht Spiel für Borussia gegen Berlin

Mönchengladbach · 75 Minuten lang brachte Borussia im Heimspiel gegen Hertha BSC wenig zustande. Doch die Gäste vergaben reihenweise Chancen, so dass zwei Tore von Thorgan Hazard binnen fünf Minuten aus einem 0:1 ein 2:1 für Borussia machten.

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Dieter Hecking hatte eine neue Aufstellungsvariante ersonnen. Denis Zakaria, der seinen Muskelfaserriss auskuriert hat, gehörte sofort zur Startelf. Zusammen mit Christoph Kramer gehörte der Schweizer zu einem Dreierblock im Zentrum, der für Ordnung und kreative Momente sorgen sollte. Davor gab Lars Stindl einen Zehner hinter dem einzigen Stürmer Raffael. Somit war es eine Art Mittelfeldraute, die Hecking da installierte, indes agierte diese sehr variabel. Oscar Wendt und Patrick Herrmann besetzten in diesem 3-1-4-1-1-System die Flügel — und Thorgan Hazard saß zum ersten Mal in dieser Saison auf der Bank.

Der Belgier hatte zuletzt wenig inspiriert gewirkt und viele gute Chancen ungenutzt gelassen, auch seine Qualitäten bei Standards kamen nicht mehr zum Tragen. So war es für Hazard, der im Hinspiel in Berlin noch per Elfmeter getroffen hatte, durchaus eine Art Denkpause. Doch auch die neue Variante, in der Kramer und Zakaria zunächst die offensiven Rauten-Elemente waren, war wenig produktiv. Außer einem Schuss von Raffael, der kein Problem für Hertha-Torwart Rune Jarstein darstellte, gab es nichts Erwähnenswertes in Richtung Hertha-Tor. Nach etwas mehr als 20 Minuten rückte Kramer vor die Abwehr und Cuisance auf die rechte Seite.

In der 30. Minute gab es den zweiten Torschuss der Borussen, dieses Mal zielte Lars Stindl am langen Pfosten vorbei, eben dies hatte auf der anderen Seite zwischenzeitlich auch Davie Selke getan, als er recht frei zum Schuss kam. Es war ein Spiel, das sich dem Tabellenbild und den vorsommerlichen Temperaturen anpasste. Dabei hatten beide Team vorab angekündigt, sich nochmal darum zu bemühen, den Verdacht, die Saison sei gelaufen, zu entkräften. Das, was auf dem Platz rüberkam, war dazu aber nicht angetan.

Borussias Fans waren sich nicht sicher, wie sie mit der Situation umgehen sollten. Die einen feuerten unentwegt an, andere indes rügten das wenig erbauliche Geschehen früh mit Pfiffen. Als dann Salomon Kalou den Ball, den Borussias Verteidiger Jannik Vestergaard beim Rettungsversuch gegen Selke in seinen Laufweg befördert hatte, recht unbedrängt ins Tor stupsen durfte zum 0:1, war die Stimmung erst recht dahin. "Wir woll‘n euch kämpfen seh'n"!", hallte es von der Tribüne. "Spielen" wäre passender gewesen, denn genau das kriegten die Gladbacher nicht hin gegen die defensiv gut formierten Herthaner. Ein Hoffnungsschimmer war der Fernschuss von Cuisance nach 44 Minuten, der mit viel Wucht geschossen das Ziel jedoch verfehlte.

2008 hatte es zuletzt eine Heimniederlage gegen die Berliner gegeben. Nun brauchte es nicht viel Phantasie nach 45 Minuten, um sich vorzustellen, dass die Serie enden könnte. Nahezu nichts passierte nach vorn und hinten gab es das Chaos beim Gegentor, der einem ebenfalls mauen Gegner die Führung erlaubte.

Hecking reagierte und brachte Hazard. Kurz vor dem Anpfiff der zweiten Halbzeit gab er dem Belgier noch letzte Anweisungen. Hazard kam für Zakaria, der seinen Ehrgeiz nicht in Energie verwandeln konnte, und von nun an spielten die Borussen im 4-4-2-System mit Hazard und Herrmann auf der Außenbahn und Wendt und Elvedi dahinter. Kramer und Cuisance bildeten die Doppelsechs. Was es aber vor allem brauchte, um so etwas wie Aufbruchsstimmung zu erzeugen: mehr Elan.

Es wurde ein Kampf nicht nur gegen die Hertha, sondern auch gegen die Situation. Geduld war gefragt, doch eben diese hatten die Fans nach der schwachen Darbietung nicht mehr. Doch die Borussen fanden acht Minuten nach der Pause die einzige richtige Antwort auf die Frage nach dem Willen zum Erfolg: Hazard rannte auf rechts durch, legte den Ball zurück und Patrick Herrmanns Schuss landete, abgefälscht von einem Herthaner, im Tor. Doch Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus bekam einen Hinweis vom Videoassistenten und erkannte das Tor, das auf der Videowand schon angezeigt wurde, wieder ab, es blieb beim 0:1. Der Fohlenfutter-Tweet "#Borussia und der #VAR bleiben keine Freunde" fand ein berechtigtes Echo im Netz.

Borussia war engagierter und zielstrebiger nach dem Seitenwechsel, doch der letzte Pfiff fehlte weiterhin. Dass Hertha extrem gut gestaffelt war, kam hinzu. Und eine größer werdende Unruhe auf dem Rasen und auf den Rängen. Die Unzufriedenheit all überall war greifbar. Hertha versuchte, das für sich zu nutzen. Als Selke bei einem langen Ball vor Sommer an den Ball kam, hatten die Gladbacher ebenso Glück wie später, als Kalou freistehend zum Abschluss kam, in beiden Fällen verfehlten die Berliner das Tor.

Der Nachmittag drohte den letzten Kredit dieser Mannschaft bei den Fans zu pulverisieren. Doch dann war es ausgerechnet Hazard, der nochmal für Stimmung sorgte, als er nach Herrmanns Flanke und der nur halb gewollten Kopfballverlängerung des eingewechselten Josip Drmic das 1:1 schaffte. In Mainz hatte Hazard vor dem Tor noch zu zögerlich agiert, nun traf er durch die Beine von Jarstein. Borussia bestrafte Herthas Chancen-Aderlass.

Und dann gab es wieder Jubel. Nico Elvedi war auf rechts auf und davon gelaufen, dann wurde er im Berliner Strafraum gefoult — kein Pfiff. Doch die Borussen protestierten, Steinhaus fragte beim VAR nach und zeigte dann auf den Punkt. Hazard machte sich auf den Weg, lief kurz an und schob den Ball zum 2:1 ins Tor. Und plötzlich war auch das Gesamtgefühl ein anderes.

Borussia kämpfte sich zurück ins Spiel und vielleicht auch in die Saison. Jedenfalls gab es den ersten Sieg seit dem 1:0 in Hannover am 24. Februar. Und der Mann, der zu Beginn des Spiels noch der Verlierer des Tages zu sein schien, war nun der gefeierte Held.

(kk)
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